Sonja Mosler - Pendeln für den Traumjob
Bei der U20-WM lief Sonja Mosler (TV Herkenrath) über 800 Meter auf Platz fünf. Trotzdem wurde sie nicht ins „Top Team NRW“ berufen - weil sie ein Studium weit weg von daheim aufgenommen hat.
Elegant, kampfstark, nimmermüde - Sonja Mosler kann beißen und weiß sich durchzusetzen. 53,24 Sekunden über 400 Meter und noch hochkarätigere 2:02,82 Minuten über die doppelte Distanz - Hausrekorde, die Respekt einflößen. Am Samstag (26. Januar) gibt die 19-Jährige beim Hallen-Länderkampf in Glasgow (Großbritannien) ihr Debüt in der A-Nationalmannschaft. Das Ticket hat die 800-Meter-Läuferin quasi schon im Sommer gelöst - durch ihren viel beachteten fünften Platz bei der U20-WM in Barcelona.Beim Saisonauftakt am vergangenen Samstag in Leverkusen agierte die Herkenratherin über 400 Meter notgedrungen mit angezogener Handbremse. Rang drei in 55,95 Sekunden - auf dem Schlussdrittel wollten die Beine nicht mehr.
„Die Spritzigkeit fehlt noch“, erklärte Guido Schmitt, der seit sieben Jahren der Heimtrainer der jungen Läuferin ist. Im kürzlich zu Ende gegangenen DLV-Trainingslager im portugiesischen Monte Gordo sei primär an der Ausdauer gefeilt worden, ergänzt die Athletin selbst, die froh ist, die ausgangs der Sommersaison spürbaren Fersenprobleme überwunden zu haben.
Angehende Tierärztin
Und dass der Übergang von der Schule zum Studium glatt verlaufen ist. Das Abitur (Leistungskurse Sport und Biologie) mit einem Notenschnitt von 1,4 ist längst Geschichte, die erste Hürde zum Traumberuf Tierärztin damit problemlos genommen. Schwieriger gestaltete sich indes die Suche nach einem geeigneten Studienplatz. Denn bundesweit wird der Studiengang Tiermedizin nur in fünf Städten angeboten: Berlin, Gießen, Hannover, Leipzig und München.
Die Wahl fiel auf die bayerische Metropole. „Weil sich dort für mich persönlich Sport und Studium am besten vereinbaren lassen“, erklärt Sonja Mosler. Mit ausschlaggebend: Die Trainingsstätte im Olympiapark ist nur einen Steinwurf von ihrer Studentenbude entfernt. Dort befindet sich die Mittelstrecklerin in der Obhut von Bayerns Leitendem Landestrainer Andreas Knauer, der sie auch lange als Bundestrainer betreut hat.
Pendeln im ICE
Maßgeblich beeinflusst hat die Entscheidung für München auch, dass die Ludwig-Maximilians-Universität den sportlichen Ambitionen der Rheinländerin aufgeschlossen begegnet und sich überaus kooperativ zeigt. So sind Freistellungen für Trainingslager und Wettkampfreisen kein Problem.
Zudem fährt Sonja Mosler jeden zweiten Donnerstag nach Hause - und legt dabei eine knapp 600 Kilometer weite Strecke zurück. Nach viereinhalb Stunden im ICE steht sie dann pünktlich um 18 Uhr in der Belkaw-Arena in Bergisch Gladbach, um in gewohnter Weise mit ihren „alten Kumpels“, wie Coach Guido Schmitt sagt, zu trainieren.
Rückschlag durch Nicht-Nominierung
Reisestress, der ganz schön ins Geld geht. Die Hoffnung, ins Top Team NRW berufen zu werden und so Zuschüsse zu bekommen, erfüllte sich indes nicht. „Wir sprechen Sonja Mosler nicht ihre internationalen Perspektiven ab, sind aber der Meinung, dass sie durch die Pendelei ihre Potenziale nicht optimal ausreizt und die Regeneration gefährdet“, begründet NRW-Spitzensportmanager Dieter Voigt die Nicht-Nominierung. „Besser wäre, entweder in Nordrhein-Westfalen zu bleiben und einen anderen Studiengang zu wählen oder den Lebensmittelpunkt komplett nach Bayern zu verlagern.“
Ein Rückschlag, durch den Sonja Mosler sich nicht aus der Bahn werfen lässt. Eine Medaille bei der U23-EM in Tampere (Finnland) - ihr Nahziel. Langfristig wird auf die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro (Brasilien) hingearbeitet.
„Ich trainiere jetzt sechsmal pro Woche, einmal mehr als im vergangenen Jahr. Der Fokus wird jetzt etwas mehr auf die Ausdauer gelegt, aber ich versuche auch, die Schnelligkeit aufrechtzuerhalten und daran zu arbeiten. Denn ich möchte auch über 400 Meter konkurrenzfähig bleiben“, beschreibt die Athletin ihre Devise. Nur an einer Front kämpfen - für Sonja Mosler undenkbar.
Quelle: leichtathletik - Ihre Fachzeitschrift