Sorina Nwachukwu - Interkulturelle Kompetenz
Wenn andere Athleten von einer gemischten Trainingsgruppe sprechen, dann kann die Leverkusener Langsprinterin Sorina Nwachukwu nur schmunzeln. Denn die 21-Jährige trainiert zwar auch mit Männern und Frauen gemischt, aber das in den Niederlanden, in einer deutsch-holländischen Gruppe bei ihrem deutschen Trainer Joachim Schulz. Die Mischung macht's - denn auch das Trainingsklima muss stimmen, um ein so großes Ereignis, wie die Olympischen Spiele zu erreichen.
Die Business-Studentin hat es dieses Jahr mit der 4x400 Meter-Staffel geschafft. Das internationale Training im Nachbarland hat Früchte getragen.Die Nähe ihres Heimatortes Eschweiler zur holländischen Grenze spielt dabei eine maßgebende Rolle.Ihr Heimtrainer Joachim Schulz betreut dort den Zehnkampf-Kader der Niederlande und so folgte Sorina Nwachukwu ihrem Trainer zumindest zum Training ins Ausland. „Wir sind eine sehr harmonische Gruppe und haben viel Spaß zusammen. Bisschen was ist typisch Holländisch und anderes typisch Deutsch, das macht die ganze Sache so locker“, spricht die Tochter einer Deutschen und eines Nigerianers über den interkulturellen Aspekt beim Training.
Leben in Eschweiler, Studieren in Köln, Trainieren in Holland und in Leverkusen. Das hört sich nach einer Menge Fahrerei an. Doch schaut man sich die drei Städte auf der Karte an, so sieht man, dass Sorina Nwachukwu höchstens 45 Minuten braucht, um von einem Ort zum nächsten zu gelangen. Eine optimale Lebenssituation für die Business-Studentin.
Vom Schwimmen zur Leichtathletik
Bei der LSG Eschweiler war es auch, wo alles begann. Doch bevor es mit zwölf Jahren zur Leichtathletik ging, versuchte Sorina Nwachukwu acht Jahre lang im Schwimmverein ihr Glück. „Irgendwann habe ich den Spaß am Schwimmen verloren und ich entdeckte das Laufen für mich. Gerade bei den Bundensjugendspielen fing das an“, erinnert sich die Leverkusenerin. Auch Papa Godson Nwachukwu, selbst als Jugendlicher erfolgreicher Sprinter gewesen, genoss die gemeinsamen Waldläufe mit der talentierten Tochter sehr.
„Mit zwölf Jahren habe ich natürlich nicht darüber nachgedacht, in die Fußstapfen meines Vaters zu treten. Ich fand es schön, mit ihm zusammen zu laufen. Ich denke aber schon, dass ich die Freude am Laufen von ihm geerbt habe“, beschreibt Sorina Nwachukwu ihre Lauf-Ambitionen. „Es ist einfach ein tolles Gefühl, Sport an der frischen Luft zu machen und dann auch noch die Vielseitigkeit der Leichtathletik kennenzulernen. Am Anfang hab ich Weitsprung, Hürdensprint und 800 Meter gemacht.“
Über die 800 Meter zu den 200 Metern, zu den 400 Metern
Da ihr Heimatverein LSG Eschweiler seinen Hauptfokus auf den Laufdisziplinen hat, fing auch Sorina Nwachukwus Erfolgsrezept bei den 800 Metern an. Mit 14 Jahren ging es dann weiter mit der Leidenschaft für das Sprinten und somit wechselte die Jugendliche 2002 in die Leichtathletik-Hochburg und Nachbarstadt Leverkusen. Dort ging es dann erstmal stetig bergauf und 2003 durfte sich die Nachwuchssprinterin Deutsche Jugendmeisterin über die 200 Meter nennen. An dieser Stelle dachte Sorina Nwachukwu, sie sei angekommen und habe in den 200 Metern ihre Disziplin gefunden.
„Ich mochte einfach das Kurze, Schnelle. Die 100 Meter waren mir schon fast zu kurz, aber die 200 Meter waren genau mein Ding. Das hat mir richtig Spaß gemacht. Und das ist auch das Wichtigste, denn wenn dir einer sagt, die 200 Meter sind genau dein Ding, dir aber der Spaß an der Sache fehlt, dann kann es keinen Erfolg geben.“
Experiment 400 Meter war erfolgreich
Angekommen war Sorina Nwachukwu bei den 200 Metern dann doch noch nicht, denn im Frühjahr 2004 hatte die Sprinterin Probleme, das nötige Tempo aufzunehmen. Großes Ziel der Saison war jedoch eine Teilnahme bei der U20-WM im italienischen Grosseto. Die Chancen, dieses Ziel durch einen Platz in der 4x100 Meter-Staffel zu erreichen, wurden immer geringer und so wagten Sorina Nwachukwu und ihr damaliger Trainer Manfred Fink ein Experiment: die 400 Meter.
Ein Versuch der Früchte trug, denn Sprintausdauer besaß die Sprinterin von den 200 Metern, den nötigen Biss von den 800 Metern. Der Stein ihrer 400-Meter-Karriere wurde durch diese Entscheidung ins Rollen gebracht. „Am Anfang wollte ich die 400 Meter gar nicht laufen. Die Strecke kam für mich einfach gar nicht in Frage, da hab ich gar nicht drüber nachgedacht“, erinnert sich Sorina Nwachukwu an ihre Anfänge, „es hatte schon immer irgendwer gesagt, dass ich auf kurz oder lang 400-Meter-Läuferin werde. Ich hab da immer nur gedacht ´ja ja, lass die mal erzählen´!“
Über Grosseto nach Peking
Im Jahr 2004 gelang der 4x400-Meter-Nachwuchsstaffel mit Sorina Nwachukwu als Startläuferin bei der U20-WM in Grosseto dann der große Coup. Zwar lief die deutsche Staffel mit 3:33,51 Minuten knapp an einer Medaille vorbei, jedoch war dies die schnellste Zeit einer deutschen Nachwuchsstaffel seit 1996.
„Irgendwann nach einigen Rennen habe ich richtig Gefallen an den 400 Metern gefunden, es ist mir dann in Fleisch und Blut übergegangen und zu meiner Disziplin geworden“, beschreibt die Studentin.
Dass Sorina Nwachukwu zumindest schon mal in der deutschen Spitzengruppe angelangt ist, zeigt neben ihrem Staffeleinsatz bei den Olympischen Spielen in Peking auch der dritte Platz bei den Deutschen Meisterschaften in Nürnberg in diesem Jahr. Mit ihrer neuen Bestzeit von 52,64 Sekunden reiht sie sich in Deutschland hinter der Hürdenläuferin Jonna Tilgner (Bremer LT) und den Langsprinterinnen Claudia Hoffmann (SC Potsdam) und Florence Ekpo-Umoh (Erfurter LAC) als Viertschnellste ein. In dieser Besetzung sicherte sich die 4x400-Meter-Staffel in Peking die Finalteilnahme und den achten Platz.
Junge Staffel = viele Perspektiven?
Dabei sei gerade die Harmonie unter den Läuferinnen von großer Bedeutung gewesen: „Wir sind eine sehr harmonische Gruppe und haben in den Trainingslagern auch in unserer Freizeit sehr viel Spaß miteinander gehabt. Das ging dann von Spiele-Abenden bis hin zu gemeinsamen Ausflügen.“ Zukunfsweisend ist dabei gerade das junge Potenzial der 400-Meter-Läuferinnen. Jonna Tilgner, Janin Lindenberg (LG Nike Berlin) und Sorina Nwachukwu sind mit 24 bis 21 Jahren noch durchaus entwicklungsfähig und auch von unten kommt immer guter Nachwuchs nach. „Ich denke, da wird bei uns noch einiges kommen. Gerade für die Heim-WM in Berlin ist die Motivation unter uns Mädels riesig.“
Das wird auch das Hauptziel der 21-Jährigen sein, auch wenn sie die U23-EM in Kaunas (Litauen) durchaus bestreiten will. „Ich möchte mich auf jeden Fall für Kaunas qualifizieren. Das wäre eine gute Vorbereitung im Hinblick auf Berlin. Außerdem wäre das mein letzter internationaler Wettkampf im Juniorenbereich.“
Die interkulturelle Kompetenz für solch große internationale Meisterschaften hat Sorina Nwachukwu auf jeden Fall vielen Konkurrenten voraus.