| Porträt

Sorina Nwachukwu will mit Feintuning nach Zürich

2009 lief Sorina Nwachukwu über 400 Meter 51,53 Sekunden – seitdem war keine Deutsche schneller. Auch die Leverkusenerin selbst nicht, eine hartnäckige Achillessehnenreizung setzte die 26-Jährige bis 2012 außer Gefecht. Nach ersten Rennen im letzten Jahr will sie jetzt auch wieder international durchstarten: Bei der DM in Ulm soll es mit dem Ticket für die EM-Staffel klappen. Noch fehlt im Rennen aber die Feinabstimmung.
Peter Middel

Drei Jahre können eine kleine Ewigkeit sein. So lange befand sich Sorina Nwachukwu, abgesehen von kleinen Unterbrechungen, im Krankenstand. Erst im letzten Jahr meldete sie sich mit ersten Rennen über 400 Meter und einer Saisonbestzeit von 53,74 Sekunden zurück.

Jetzt hat sich die angehende Juristin wieder höhere Ziele gesetzt: Bei den Deutschen Meisterschaften in zwei Wochen in Ulm möchte die Leverkusenerin über 400 Meter einen der vorderen Plätze belegen, um sich damit für die deutsche 4x400-Meter-Staffel bei den Europameisterschaften in Zürich (12. bis 17. August) zu empfehlen.

Mit ihrer Standortbestimmung bei den Westdeutschen Meisterschaften in Hamm/Sieg am letzten Wochenende zeigte sich die 26-Jährige, die bei den Weltmeisterschaften 2009 in Berlin in das 400-Meter-Halbfinale vordrang, jedoch nicht zufrieden. In Ulm muss sie ihre Siegerzeit von 54,22 Sekunden noch erheblich steigern, wenn sie noch ein EM-Ticket ergattern möchte. „Gut waren bei mir nur die letzten 150 Meter, auf denen ich richtig schnell war. Der Beginn war dagegen ein Bummelrennen. Wenn ich meine Leistung mit einer Zensur benoten müsste, würde ich mir höchstens ein Ausreichend geben“, meinte sie nach dem Rennen.

Richtige Renntaktik fehlt noch

Die Athletin von Tobias Kofferschläger, die eine persönliche Jahresbestzeit von 53,57 Sekunden hat und damit Neunte der aktuellen deutschen Bestenliste ist, lieferte für ihre Selbstbeurteilung sofort eine Begründung hinterher: „Ich habe bei meinen letzten 400-Meter-Rennen einiges ausprobiert. Mal bin ich zu schnell angegangen und dann hinten eingebrochen. Mal war es genau umgekehrt. Ich befinde mich zurzeit noch in der Experimentierphase. Ich werde nun die zwei Wochen bis zu den Titelkämpfen in Ulm intensiv nutzen, um mein Problem in den Griff zu bekommen“, kündigte die Staffel-Olympia-Achte von 2008 an.

Auch mental sieht Sorina Nwachukwu noch Verbesserungspotenzial: „Ich muss wieder zu meiner früheren Lockerheit zurückkehren. Das würde mir vieles erleichtern, denn der 400-Meter-Lauf ist auch Kopfsache.“ Körperlich ist die 1,75 Meter große Viertelmeilerin mit einer persönlichen Bestzeit von 51,53 Sekunden aus dem Jahr 2009 nach ihrer langen Pechsträhne hingegen wieder hundertprozentig fit.

Die Zubringerleistungen für eine flotte Stadionrunde stimmen. Über 100 Meter sprintete sie in diesem Jahr schon ansprechende 11,70 Sekunden, über 200 Meter verfehlte sie mit 23,73 Sekunden ihre persönliche Bestzeit nur um vier Hundertstelsekunden. Und über 300 Meter stellte sie bei Gegenwind mit 37,34 Sekunden sogar ihren „Hausrekord“ ein.

Dass Sorina Nwachukwu nach ihren drei Seuchenjahren wieder so weit gekommen ist, hat sie vor allem ihrer Familie, ihrem Trainer und ihren Freunden zu verdanken, die sie immer wieder aufgemuntert haben. Ohne diese mentale Unterstützung hätte die WM-Halbfinalistin von Berlin ihre Spikes während dieser schwierigen Phase wahrscheinlich in die Ecke geworfen. „Da ich ein selbstkritischer Mensch bin, versuche ich immer zu hinterfragen, was ich mache. Da sind bei mir in den drei Jahren natürlich auch einige Selbstzweifel aufgekommen.“

Wichtige Erfahrungen gesammelt

Besonders schwierig wurde es für die gebürtige Wittenerin immer, wenn sie unmittelbar nach einen vielversprechenden Neuanfang wieder einen Rückschlag erlitt. „Ich habe während dieser Zeit sehr viel gelernt und auch wichtige Selbsterfahrungen gemacht, die mich persönlich weitergebracht haben. Nun weiß ich wieder richtig zu schätzen, was es heißt, beschwerdefrei zu laufen“, betont die Leverkusenerin, die beim Schwimmen ihre ersten sportlichen Erfahrungen sammelte.

Und zurück ins Wasser trieb es sie auch in den letzten Jahren. Mit Schwimmen, Aquajogging und Radfahren hat sie sich während ihrer dreijährigen Zwangspause fit gehalten, denn eine hartnäckige Entzündung am Achillessehnenansatz ließ kein normales Sprint- und Lauftraining zu. Zweimal musste ihr Fuß sogar eingegipst werden. Zu allem Überfluss musste sich die Leverkusenerin auch noch eine Warze, die drei Zentimeter in den Fuß gewachsen war, entfernen lassen.

Zwischenzeitlich versuchte sich die Viertelmeilerin auf Mauritius auch im Kitesurfen. Beim Gleiten über das Wasser und beim Spiel mit dem Wind konnte die Pechmarie für kurze Zeit ihre Sorgen vergessen. Die sind jetzt ohnehin wie weggeweht. Trotzdem weiß Sorina Nwachukwu ihre derzeitigen Leistungen einzuschätzen. In der augenblicklichen Phase verbietet sich für Sorina Nwachukwu jeder Anflug von Selbstüberschätzung. Erst nach den Titelkämpfen in Ulm wird sie weitere Pläne schmieden. Um sich einen Platz in der deutschen 4x400-Meter-Staffel zu sichern, muss sie mindestens eine 52iger-Zeit laufen. Diese Aufgabe ist nach drei Jahren schwierig genug.

<link>Quelle: Leichtathletik - Ihre Fachzeitschrift

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