| BMI und DOSB

Spitzensport-Reform soll Abwärtstrend im deutschen Sport stoppen

Die Medaillenausbeute deutscher Sportler bei Olympischen Spielen hat sich seit 1992 fast halbiert. Mit einer Spitzensport-Reform soll der Abwärtstrend nun gestoppt werden. Disziplinen mit hohen Medaillenchancen werden zukünftig verstärkt gefördert.
dpa/pr

Das Gießkannen-Prinzip hat ausgedient, zukünftig soll ein stark erfolgsorientiertes Fördersystem den deutschen Sport wieder näher an die Weltspitze bringen. Nicht mehr die Ergebnisse der Vergangenheit, sondern das Erfolgspotenzial für die Zukunft steht bei der zukünftigen Sportförderung im Mittelpunkt. Dazu sollen die Zentralisierung forciert und die Stützpunkte reduziert werden. Auch mehr Geld wird vom Bundesinnenministerium (BMI) in Aussicht gestellt. Dies sieht der mit Spannung erwartete Entwurf zur Reform der Leistungssportförderung vor, der am Mittwoch in Berlin dem Sportausschuss des Deutschen Bundestages vorgestellt wurde.

Mit dem neuen Konzept hoffen der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) und das BMI, den Abwärtstrend bei den Olympischen Spielen stoppen zu können. So sollen Sportler und Disziplinen mit hohen Medaillenchancen deutlich stärker unterstützt werden. "Deutschland soll erfolgreich sein, aber fair und sauber", betonte der für den Sport zuständige Innenminister Thomas de Maizière. Dafür solle die Förderung den Athleten stärker in den Mittelpunkt rücken und die Rolle der Trainer aufgewertet werden. "Wir wollen nicht wie bisher Erfolge und Misserfolge nachfinanzieren, sondern das Potenzial und die Perspektiven für die Zukunft fördern", betonte de Maizière.

Fehlt dagegen eine Perspektive, so können ganze Disziplinen durch das Raster fallen. Dafür wird auch die Struktur der Stützpunkte verändert. Die Olympia-Stützpunkte sollen zukünftig von 19 auf 13 reduziert werden, bei den Bundesstützpunkten sollen rund 20 Prozent wegfallen.

Perspektivisches Berechnungsmodell

DOSB-Chef Alfons Hörmann wies auf die Notwendigkeit der Reform hin. "Das Ergebnis von Rio mit 17-mal Gold hat uns nicht ermutigt, die Dinge so laufen zu lassen, sondern die Erfolge für das kommende Jahrzehnt vorzubereiten", sagte Hörmann. Das sei mit Blick auf die anstehenden Diskussionen kein einfacher Weg. Kritik gab es bereits von der Opposition, die sich übergangen fühlt.

So soll es ein "perspektivisches Berechnungsmodell" geben, das eine Bewertungskommission aus Mitgliedern des DOSB, dem Bundesinstitut für Sportwissenschaft und externen Experten ausarbeiten soll. Dabei werden die 130 Disziplingruppen aus Sommer- und Wintersport auf Medaillentauglichkeit durchleuchtet. In der Vergangenheit hatten die Verbände noch eine Summe X erhalten und das Geld dann verteilt.

Damit ist jetzt Schluss. Einzelne Disziplinen werden nun in drei Gruppen unterteilt: Die höchste Förderung gibt es im Exzellenzcluster, die zweite Gruppe bildet das Potenzialcluster und muss Abstriche bei der Förderung hinnehmen. In der dritten Gruppe sind Disziplinen ohne Erfolgspotenzial vertreten, sie müssen deutliche finanzielle Einbußen hinnehmen, sogar ein kompletter Förderungsstopp ist möglich.

DOSB trägt neue Förderkriterien mit

De Maizière hatte bereits zu Jahresbeginn die Strukturen im deutschen Sport kritisiert und 30 Prozent mehr Medaillen gefordert. So wird sich das BMI zukünftig nicht mehr damit begnügen, die Verteilung der Gelder dem DOSB und den Verbänden zu überlassen. Durch die genauen Förderkriterien gibt es nun einen strikten Rahmen. Ein Modell, das der DOSB mitträgt. "Ich erhoffe mir von der Reform, dass die Gelder zielgerichtet, sportfachlich begründet und effizient eingesetzt werden", erklärte der DOSB-Vorstandsvorsitzende Michael Vesper.

Spannend ist noch die Frage nach der Höhe der Finanzierung. Bislang hat das BMI jährlich rund 160 Millionen Euro beigesteuert. Der Innenminister stellte aber mehr Geld in Aussicht. Erst solle Einigkeit über das Konzept erzielt, dann über die finanziellen Mittel gesprochen werden. "Es spricht aber einiges dafür, dass wir mehr Geld brauchen werden", ergänzte de Maizière.

Diskussion der Sportverbände am 18. Oktober in Frankfurt

Dass sich etwas ändern muss, war allen Beteiligten klar. Seit den Sommerspielen 1992 hat sich die Medaillenausbeute fast halbiert: In Barcelona holten die deutsche Athleten noch 82 Medaillen, in Atlanta 1996 waren es nur noch 65, zuletzt in Rio sprangen nur noch 42 Medaillen heraus. Einige Sportarten wie Schwimmen oder Fechten waren ein Totalausfall. Lediglich die gute Gold-Ausbeute und der Erfolg der Mannschaftssportarten hübschte die Bilanz ein wenig auf.

Mit dem Entwurf wurden nun die Rahmenbedingungen festgelegt. Am 18. Oktober diskutieren die Sportverbände auf einer Sitzung in Frankfurt über das Papier, einen Tag später kommt es zur öffentlichen Anhörung des Sportausschusses im Bundestag. Für die Olympischen Winterspiele 2018 greift dieses Modell aber noch nicht.

Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa)

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