Sportart verliert ihre Füße? Oder ein Rad ab?
Die leichtathletik.de-Redaktion erreichte in dieser Woche ein Leserbrief von Christian Kohls aus Krefeld, der sich unter dem Motto „Sportart verliert ihre Füße? Oder ein Rad ab?“ auf einen in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erschienen Artikel von Sylvia Schenk bezieht. Wir wollen Ihnen diese Meinung nicht vorenthalten...
Eine Sportart verliert ihre Füße? (Foto: Chai)
Sylvia Schenk streut Salz in die Wunden des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) und wirft ihm öffentlich vor, die Oberhoheit nicht nur über die Begriffe, sondern auch über die zentralen Inhalte, nämlich die Laufveranstaltungen und die Millionen Läufer und Läuferinnen, verloren zu haben: „Eine Sportart verliert ihre Füße“. Ohne Zweifel: Das ist was dran. Der DLV tut gut daran, sich in dieser Richtung Gedanken zu machen und Konsequenzen zu ziehen.Es verwundert allerdings, dass es gerade die Präsidentin des Bundes Deutscher Radfahrer ist, die die Leichtathletik zum Gegenstand ihrer öffentlichen Sorge macht. Bei aller gebotenen Dankbarkeit der organisierten Leichtathletik für Kritik und Ratschläge: Läge es nicht näher, dass sie bei ihrem eigenen Verband ansetzt, der durchaus vergleichbare Probleme hat? Das würde die Authentizität und Glaubwürdigkeit ihres Anliegens erheblich erhöhen.
Im Ernst: Sollte es Frau Schenk entgangen sein, dass kein Mensch die Millionen Radfahrer auf den Landstraßen Deutschlands mit dem Bund Deutscher Radfahrer in Verbindung bringt?
Sollte es ihr nicht zu denken geben, bevor sie sich zum öffentlichen Sachwalter anderer Verbände macht, ...
... dass es flächendeckende Radwandertage gibt, die nichts mit ihrem Verband zu tun haben;
... dass es gar neben dem Bund Deutscher Radfahrer einen eigenen „Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club“ (ADFC e.V.) gibt, der mit Hilfe von Touristik- und Marketing-Gesellschaften dem Bund Deutscher Radfahrer sämtliche Mühen um ganze Heerscharen radfahrender Menschen abnimmt;
... das Hunderte von Tennisclubs und Fußballabteilungen, von Seniorentreffs und Kirchenchören, von Heimatvereinen und örtlichen Möbelgeschäften, Tausende von Radfahrern auf die Straße bringen, ohne dass der zuständige Fachverband auch nur das Geringste damit zu tun hat?
Was den über die Medien wahrgenommenen Spitzensport angeht:
Rennen wie der Klassiker „Rund um den Henniger Turm“ werden nicht mehr und nicht weniger mit dem Radsportverband identifiziert als der Frankfurt- oder Berlin-Marathon mit dem Leichtathletik-Verband. Und Frau Schenk wird doch nicht im Ernst annehmen, dass die deutschen Akteure bei der Tour de France und dem Giro d’Italia mit ihrem Verband in Verbindung gebracht werden. Sie fahren für Team Telekom oder Gerolsteiner, nicht für den Bund Deutscher Radfahrer, und werden rundum von deren Ärzten, Masseuren, Mechanikern, Managern, Pressesprechern – und was es sonst noch alles gibt – betreut.
Die Probleme und Defizite, die Frau Schenk dem DLV mit seiner kaum zu bändigen Vielfalt an Disziplinen anlastet, treffen genauso auf den Bund Deutscher Radfahrer zu, obwohl dieser wesentlich einfacher strukturiert ist. Wenn man aber dessen Präsidentin ein öffentliches Bedürfnis zubilligt und sie in ihrer – offensichtlich sportpolitisch bedingten – Inkontinenz ihr leichtathletisches Wasser nicht halten kann, indem sie dem DLV vorhält, die Sportart „verliere ihre Füße“, dann müsste sie allerdings auch zustimmen, wenn beispielsweise der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes der Sportart Radfahren öffentlich attestieren würde, dass bei ihr zumindest das ein oder andere Rad ab ist.
Christian Kohls
47807 Krefeld
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