Sportmedizinische Empfehlungen für den Berlin-Marathon
Am kommenden Sonntag sind es noch drei Monate bis zum 29. September. An diesem Tag findet der Berlin-Marathon, in dessen Rahmen auch die nationalen Titelkämpfe ausgetragen werden, statt. Das Medical Team des Berlin-Marathon stellt Ihnen einen Ausschnitt der wichtigsten Vorbereitungsschritte auf den Lauf Ende September vor.
Ein Marathon will gut vorbereitet sein (Foto. Chai)
Gesundheit1. Anfänger sollten sich vor Aufnahme des Marathon-Trainings von einem sportmedizinisch kompetenten Arzt untersuchen lassen. Hierbei sollten neben der ärztlichen Untersuchung auch ein Laborbefund, ein Ruhe- und Belastungs-EKG sowie die Messung des Ruhe- und Belastungsblutdrucks durchgeführt werden. Des weiteren ist auch eine Echokardiografie (Ultraschalluntersuchung des Herzens) zu empfehlen. Erst wenn aus sportmedizinischer Sicht Sporttauglichkeit attestiert wird, sollte das Training forciert werden.
2. Mindestens einmal pro Jahr sollte ein sportmedizinischer Check-up erfolgen. Die letzte Untersuchung sollte nicht länger als sechs Monate vor dem Lauf zurückliegen.
3. Mindestens zweimal pro Jahr sollte eine zahnärztliche Untersuchung zu erfolgen, um "Infektherde" auszuschließen.
4. Teilnehmer bitten wir wichtige gesundheitliche Daten, wie beispielsweise Diabetiker, Hypertoniker etc. auf der Rückseite der Startnummer neben der Adresse und Telefonnummer zu vermerken
Vielen schweren Zwischenfällen der letzten Jahre lagen Infekte in der Zeit vor dem Lauf zugrunde. Derartige scheinbar nur harmlose Infektionen der oberen Luftwege oder in anderen Körpersegmenten können zu einer Herzmuskelentzündung (Myokarditis) führen, wenn während des Infektes weiter trainiert wird. Insbesondere bei Infekten, die mit länger anhaltendem Fieber einhergehen, kann es auch vermehrt zu Herzrhythmusstörungen kommen, welche bei körperlicher Belastung zum Tode führen können. Der Mechanismus ist vereinfacht so darzustellen, dass es unter der fieberhaften Entzündung zu einer Verdickung bzw. Aufquellung der Herzmuskelfaser und ihres umhüllenden Gewebes kommen kann. Durch diese Verdickung ist der Sauerstofftransport aus den Herzmuskel versorgenden Kapillaren in die Muskelzelle verlangsamt. Diese Verlangsamung liegt in dem längeren Transportweg begründet und führt bei hoher Belastung zwangsläufig zum Abbruch der Versorgungskette im Herzmuskel selbst. Dieses kann schlagartig ohne Vorzeichen eintreten und damit eine lebensbedrohliche oder sogar tödliche Herzrhythmusstörung auslösen. Sie sind erkältet, fühlen sich unwohl - prüfen Sie zuerst einmal Ihre Temperatur: Ist sie erhöht ? Morgens bevor Sie aufstehen, messen Sie Ihren Ruhepuls: Ist der auch erhöht (6-8 Schläge)? Dann nichts wie ab zum Arzt und erst einmal untersuchen und ein Blutbild machen lassen.
Merke:
Derzeit geht eine Welle von Infekten um - davor ist niemand geschützt. Gibt es das Okay des Arztes nicht, dann Sportsgeist beweisen und über einen Zeitraum von mindestens einer Woche kein Training ansetzen. Dies gilt vor allem dann, wenn Sie erhöhte Temperatur aufweisen. Ein Trainingseffekt während des Infektes stellt sich sowieso nicht ein.
Im Anschluß an einen überstandenen Infekt sollte vor Wiederaufnahme des Trainings ein Sportmediziner bezüglich der aktuellen Sporttauglichkeit gefragt werden. Hierbei kann auch untersucht werden, ob noch Entzündungszeichen im Blut vorliegen. Wettkämpfe sollten im unmittelbaren Anschluß an einen Infekt nicht durchgeführt werden.
Sollte sich ein Unwohlsein (Halsschmerzen, Husten, Schnupfen) bereits bei Ihrem Berlin-Aufenthalt zeigen, so sollten Sie auf jeden Fall einen Arzt aufsuchen. Entscheidende Entzündungsparameter werden aus dem Blut gewonnen und zur abschließenden Beurteilung herangezogen. Hierzu haben Sie die Möglichkeit, sich bei der Startnummernabholung auf der Sport- und Gesundheitsmesse auf dem Stand der Sportmedizin einzufinden. Dort werden wir Sie eingängig untersuchen und wenn notwendig ein Blutbild gegen ein geringes Entgelt innerhalb von drei Stunden zu Ihrer Sicherheit anfertigen lassen.
Orthopädie
Kausal gesehen gibt es eine Kette von Funktionszusammenhängen, die Sie bei entstehenden Beschwerden beachten sollten. Leistungsstand, Lauferfahrung, Vorschädigungen bzw. Fehlstellungen, Funktionszustand des Muskel- Skelettsystems und das Schuhwerk müssen hierbei ganzheitlich betrachten werden.
Merke:
Lassen Sie sich bereits vor akuten Beschwerden behandeln. Die Erfahrung zeigt, dass oftmals in einem zu späten Stadium der Weg zum Spezialisten gesucht wird und eine Genesung bzw. Wiederherstellung zum Wettkampftag nicht mehr möglich ist.
Zumeist ergeben sich jedoch aus der zu schnellen Erhöhung der Laufkilometer orthopädische Probleme. Sie sollten auf jeden Fall in der Lage sein, drei Monate vor dem Marathon 2- 2,5 Stunden am Stück ohne Schmerzen laufen zu können; zwei Monate vor dem Marathon drei Stunden am Stück ohne Probleme laufen zu können und einen Monat vor dem Marathon hypothetisch in der Lage zu sein, einen Marathon laufen zu können.
Schuhwerk
Überprüfen Sie Ihr Schuhwerk. Die Dämpfungseigenschaften eines Laufschuhs sind bis zu 1000 Laufkilometer gewährleistet, danach erfolgt eine überproportionale Materialermüdung. In der Vorbereitung sollten Sie spätestens jetzt einen Zeitschuh, welcher im Wettkampf gelaufen wird einlaufen. Häufig treten orthopädische Probleme aufgrund eines falschen Schuhwerks auf. Individualität bezüglich der Fußstellung (Nullstellung, eher ein "nach innen knicken oder nach außen knicken"(Pronation-Supination) sind oftmals der Ursprung von Überlastungsbeschwerden.
Merke:
Tragen Sie keine neuen Schuhe. Ihre Wettkampfschuhe sollten Sie mindestens drei Monate getragen haben, das verhindert die leidigen Blasenverletzungen und Reibungsstellen, die viele Läufer bereits zum Aufgeben gezwungen haben. Lassen Sie sich also vom Fachhändler beraten.
Sommer und Hitze
Prinzipiell sollten Sie mit Mütze laufen. Bei langen Läufen ist es anzuraten, die Mütze mit Wasser nass zu machen, das kühlt angenehm und beugt einer Überhitzung vor.
Achten Sie auf atmungsaktive Kleidung. Hier wird Ihre Wärmeregulation optimal gewährleistet und bewirkt unnötige "Überhitzungsmechanismen", die zu extremen Leistungseinbußen führen. Bei den Socken sollten Sie nicht auf Ihre altbewährten Tennissocken zurückgreifen. Spezielle Laufsocken haben ein spezielles Nahtsystem und sind an besonders empfindsamen Stellen nahtlos.
Abkleben und Reibestellen
Bereits im Training sollten Sie Reibestellen bei längeren Einheiten vorsorglich vermeiden. Zum Thema Abkleben nur soviel: Brustwarzen abkleben und Reibestellen wie Zehen, Oberschenkelinnenseiten Achselhöhlen dick einreiben, am Besten mit Bepanthen oder Hirschtalg.
Essen und Training
Das berühmte "Carboloading" (Kohlenhydrate zuführen) vor dem Marathon gehört zur Pflicht eines jeden Läufers. Achten Sie dabei darauf, dass bereits acht Tage vor dem Lauf mit dem sogenannten "Auftanken" begonnen werden sollte. Vermeiden Sie in den letzten drei Monaten spezielle Diäten, die wissenschaftlich meist nicht gestützt sind. Hier gilt das Prinzip- keine Experimente vor einem Lauf - was nicht bereits ausgetestet wurde - sollte man auch vor einem Highlight nicht ausprobieren. Und Merke, der Wasserhaushalt muss stimmen. "Abkochen" vor einem Wettkampf ist Gift.
Merke:
Unterlassen Sie das konzentrierte Einnehmen von Traubenzucker! Testen Sie bereits im Vorfeld das Getränk und das Essen, welches Sie beim Marathon aufnehmen wollen.
Trinken
Bei längeren Trainingsläufen sollte spätestens ab der 45. bis 60. Minute und dann fortlaufend in regelmäßigen Abständen getrunken werden. Bei zwei Stunden Läufen und mehr reichen keine 0,5 Liter!! Deponieren Sie genügend Flüssigkeit.
Training
Fatal ist es, zu denken, dass die gelaufene Geschwindigkeit beispielsweise über zwei Stunden auch über vier Stunden aufrecht erhalten werden kann. Besonders einem Halbmarathonläufer, der zum ersten mal einen Marathon läuft, stehen völlig andere Trainingsmechanismen bezüglich der biochemischen Prozesse gegenüber. Es gibt spezielle marathonspezifische Grundlagenläufe. Um diesen Bereich optimal herauszufiltern, nehmen sie als Anfänger einfach die Geschwindigkeit die für Sie regenerativ wäre.
Wollen Sie ihre Trainingsbereiche seriös und exakt ermittelt haben, so empfehlen wir eine Leistungsdiagnostik, die neben der Laktatschwellen auf jeden Fall auch spiroergometrische Parameter (Atemgaswerte) erfasst.
Merke:
Seien Sie Realist. Ihre langen Läufe gingen bisher meist nicht über 30 Kilometer, beim Marathon haben Sie noch 12,195 Kilometer vor sich. Der Stoffwechsel und damit die Energiebereitstellung kann schlagartig umstellen. Die sogenannte Grundlagenausdauer auf der lange Strecke sollten Sie Ernst nehmen. Zu hohes Tempo im Training kann sich beim Wettkampf rächen. Viele kennen bereits die Aussage von vielen Läufern "da kommt auf einmal der Mann mit dem Hammer", physiologisch ist das leicht zu erklären - da hilft Ihnen kein Mittelchen mehr. Sind die Speicher entleert, bleiben sie entleert. Laufen Sie in den letzten Monaten vor allem zyklisch und trainieren Sie Ihren Fettstoffwechsel mit langen langsamen Einheiten und der Variation von Kraftausdauereinheiten.
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