Jean Galfione, einer aus dem "Sechs-Meter-Klub"
Bonjour Tristesse! Die Franzosen tragen Trauer. Denn die Stabartisten sind gnadenlos abgestürzt. Romain Mesnil, die Nr. 1 in der Weltjahresbestenliste 2003, landete auf den harten Boden der Realität. Mit 5,95 Meter war er einer der heißen Medaillenkandidaten, doch in der Qualifikation gestern Abend leistete sich der U23-Europameister von 1999 einen "Salto Nullo". Auch seine beiden Kollegen aus der "Equipe Tricolore", Alexandre Barbaud und Pierre Charles Peuf, sind ausgeschieden. Und wo war Jean Galfione, der "Musketier", wie ihn seine Anhänger liebevoll rufen? Er hatte schon vor Wochen die WM in den Wind geschrieben. Verletzungsprobleme warfen ihn aus der Bahn.
Jean Galfione muss bei der WM zuschauen, hofft aber auf Olympia.
Am Eröffnungstag weilte er noch in Paris, um Werbung zu machen für ein neu erschienenes Buch. "Femmes Athlètes" heißt der Bildband, der mit außergewöhnlichen Schwarz-Weiß-Fotos glänzt. Jean Galfione, der zu diesem Werk das Vorwort verfasst hat, rührte kräftig die Reklametrommel und verwies auf die Fotos, die im "Stade de France" am Eingang zur VIP-Loge ausgestellt sind.Planung für Olympia hat begonnen
Nach seinen Achillessehnenproblemen ist er nicht mehr rechtzeitig auf die Beine gekommen. Für ihn kam die WM zu früh. Aus und vorbei! Jean Galfione, der Pechvogel, schaut nach vorn und nicht zurück. "Ich plane jetzt für die Olympischen Spiele 2004 in Athen", erklärte er voller Optimismus, "das ist mein Fernziel." Galfione lässt sich nicht unterkriegen, er doch nicht.
Der ehrgeizige Franzose ist einer von zehn Ausnahmeathleten, einer in den "Top Ten", die zum exklusiven Klub der Sechs-Meter-Springer zählen. Die beiden deutschen Überflieger Tim Lobinger, der gestern locker die 5,70 Meter geschafft hat, und Danny Ecker, der wie Jean Galfione verletzungsbedingt fehlt, gehören auch dazu. In Maebashi, im Land der aufgehenden Sonne, war Galfione 1999 mit genau 6,00 Metern Hallenweltmeister geworden. Lang, lang ist's her! Noch länger liegt sein schönster Erfolg zurück: 1996 in Atlanta holte Jean Galfione olympisches Gold, als er in einem denkwürdigen Finale mit 5,92 Metern triumphierte. Dank der geringeren Zahl an Fehlversuchen hatte er den Russen Igor Trandenkov und den Deutschen Andrei Tiwontschik, der gebürtig aus Weißrussland stammt, mit dem Glück des Tüchtigen geschlagen.
Mit dem Nationalteam nach Tahiti
Momentan befindet er sich wieder im Aufbau und berichtete zufrieden von seinen Fortschritten. "Ich war Sparringspartner' für den Belgier Thibaud Duval, hab' gemeinsam mit ihm trainiert und 5,60 Meter übersprungen", erzählte er, "es geht langsam aufwärts." Und im Oktober, zum Saisonausklang, düst er mit einigen Kollegen und Kolleginnen aus dem Nationalteam in die Südsee: nach Tahiti, wo alle an einem Wettkampf teilnehmen und anschließend ein wenig relaxen in der Sonne.
Auf diese Reise freut er sich schon. Auch wenn sie kein Ersatz ist für die verpasste WM. Aus der Bretagne, seiner Wahlheimat, wo sich der gebürtige Pariser in einem kleinen Dorf niedergelassen hat, hatten sich mehrere Fans angesagt, um ihn lautstark zu unterstützen. Als sie sich mit den Tickets für den Endkampf am morgigen Donnerstag eingedeckt hatten, ahnten sie allerdings nicht, dass "ihr" Jean Galfione nicht dabei sein würde.
Mit 32 noch kein altes Eisen
Aber der Unglücksrabe hat die Hoffnung nicht aufgegeben, dass ihm im Olympia-Jahr 2004 mehr Erfolg beschieden ist. Mit 32 zählt er noch nicht zum alten Eisen. Sergej Bubka, der "Sputnik" aus der Ukraine, der seit einem Jahrzehnt den Weltrekord (6,14 m in Sestriere 1994) hält und in Paris als Mitglied des "IAAF-Council" das Geschehen aufmerksam von der Tribüne verfolgt, war schon 33, als er anno 1997 in Athen seinen sechsten und letzten WM-Titel feierte.
Das macht Jean Galfione Mut für die Fortsetzung seiner kurvenreichen Karriere, die immer wieder von Pleiten, Pech und Pannen unterbrochen wurde.