Sprintlegende Armin Hary wird 75
Vor 52 Jahren lief er als Erster die 100 Meter offiziell in 10,0 Sekunden - Weltrekord. Wenig später gewann Armin Hary zweimal Gold bei Olympia. Am heutigen Donnerstag wird die Sprintlegende 75 Jahre alt.
Seine Reaktion auf den Startschuss fühlt er noch heute mit jeder Faser seines Körpers. "Ich habe mich auf den Knall gestürzt wie ein Boxer auf den Gegner", sagt Armin Hary im Rückblick auf das legendäre 100-Meter-Rennen, das er am 21. Juni 1960 in Zürich (Schweiz) als erster Mensch in blanken 10,0 Sekunden beendete. 72 Tage später gewann der damals 23-Jährige in Rom (Italien) als bisher einziger Deutscher Olympiagold über 100 Meter, eine Woche später auch mit der 4x100-Meter-Staffel.Eine Geburtstagsfeier zum heutigen 75. ist nicht geplant. "Wer kommt, der kommt. Ich befürchte das Schlimmste", sagt Armin Hary, der in seinem Wohnort nahe Landshut auch mit Staffelkameraden von Rom rechnen muss. Startläufer war damals Bernd Cullmann, Armin Hary übergab an Walter Mahlendorf und Martin Lauer lief nach Disqualifikation der USA als Sieger durchs Ziel.
Der Mann, dessen Leben im Zeichen des Duells mit der Zeit stand, fühlt, dass ihm mit Ausnahme des Alterns noch heute alles zu langsam geht. Vor zehn Jahren war der Rentenbescheid für ihn "wie ein Schock", nun sagt er: "Unfassbar, dass ich in fünf Jahren auf die 90 zugehe. Ich will lange leben, weil ich noch viel vorhabe. Ohne Ziele stirbt man früher."
Großes Engagement für den Nachwuchs
Armin Hary sagt, er arbeite "bis zu 18 Stunden täglich" für die von ihm gegründete AHA-Stiftung zur kommunalen Förderung jugendlicher Sporttalente. Mit finanzieller Hilfe von Gemeinden und Firmen will er Nachwuchs für den Sport gewinnen. Einige hundertausend Euro pro Jahr bringt er auf, es reicht für einige hundert Talente - für ihn viel zu wenig.
"Ich bin der größte Bettler Deutschlands." Vor Jahren hatte er versprochen, wenn er 10.000 Förderer finde, die je 10 Euro geben würden, werde er unter diesen seine 100-Meter-Goldmedaille verlosen: "Doch es waren deutlich weniger. Die Entscheidungsträger geben das Geld an andere Adressen. Aber ich stecke nicht auf, ich will im Leben noch ein kleines Zeichen setzen."
Vom Handball über Zehnkampf zum Sprint
Das Talent Armin Hary, Sohn eines Bergmanns und deutschen Ringermeisters, kam über den Handball zur Leichtathletik. Im Zehnkampf stellte er mit 19 schon einen Saarland-Rekord auf (5.376 Punkte), dann wurde er Sprinter. Als er mit 20 in 10,5 Sekunden Zweiter der Junioren-DM hinter Manfred Germar wurde, meinte der damalige Leverkusener Meistertrainer Bert Sumser: "Den hol ich mir. Der läuft die 100 Meter als Erster in 10,0."
Ärger mit Funktionären bremste die Karriere des Heißsporns. 1958 wurde er wegen einer Spesenabrechnung über 70 Mark vom Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) einige Monate gesperrt. Im gleichen Jahr holte er nach der Steigerung auf 10,2 überraschend EM-Gold und auch Gold in der Staffel.
Karriereende nach drei Jahren
Ein Weltrekord wurde ihm in Friedrichshafen am Bodensee verwehrt, weil die Aschenbahn neun Millimeter zu stark abfiel. Ähnliches passierte Armin Hary, der ein Stipendium in Los Angeles erhielt, in Zürich. Diesmal wurde der Weltrekord wegen Fehlstarts annulliert. 35 Minuten später schrieb er im Wiederholungslauf in 10,0 Sekunden Sportgeschichte. Im selben Jahr gabs zweimal Olympia-Gold.
Nach weiterem Verbandsärger wegen eines Interviews und angeblich falscher Spesenabrechnungen, nach Autounfall und Knieverletzung ließ Hary am 1. Mai 1961 durch seinen Anwalt das Ende seiner nur dreijährigen Karriere verkünden. 1966 heiratete er die Tochter eines Gutsbesitzers, mit Christiana hat er zwei Kinder. Beruflich versuchte sich der gelernte Feinmechaniker in vielen Sparten. Am Ende hat Armin Hary immer die Kurve gekriegt.
Quelle: Sport-Informations-Dienst (sid)