Stabhochsprung-Analysen vor Wattenscheid
Tim Lobinger und Richard Spiegelburg saßen am Montag beim Grand-Prix-II-Meeting in Prag noch lange im Innenraum des Stadions. Sie diskutierten, fachsimpelten und analysierten gestenreich, was warum nicht so klappte wie es sollte. Für beide war der Wettkampf viel zu früh zu Ende, am kommenden Wochenende bei den Deutschen Meisterschaften in Bochum-Wattenscheid (2./3. Juli) soll das wieder anders sein.
Richard Spiegelburg geht mit positiven Erkenntnissen nach Wattenscheid (Foto: Chai)
Richard Spiegelburg scheiterte in der "Goldenen Stadt" an der Einstiegshöhe von 5,52 Metern, so dass es für ihn alles andere als ein goldener Abend war. "Ich war nicht so frisch, aber insgesamt gar nicht so schlecht drauf", erklärt der Leverkusener nach seinem dritten Wettkampf in drei verschiedenen Ländern innerhalb von fünf Tagen. Vor allem am letzten Samstag in Ingolstadt hatte er beim Stechen mit Tim Lobinger bei insgesamt elf Sprüngen Kraft gelassen. "Ich bin enttäuscht, nehme aber auch Positives mit", sagt er. Vor allem das gute Gefühl von Ingolstadt habe er sich auch in Prag bewahren können. Trotzdem hadert der frühere Deutsche Meister mit seinem bisherigen WM-Sommer. "Es ist irgendwie der Wurm drin", meint er, nachdem er in Cottbus zu früh gesprungen war und einen gültigen Versuch deshalb nicht anerkannt bekommen hatte, in Ulm der Wind einen schlechten Streich spielte und in Saragossa ein Unwetter Einzug hielt.
Für die Deutschen Meisterschaften kann für ihn nur eines gelten: "Ich will hoch springen." Mit Hängen und Würgen wolle er sich nicht für die WM in Helsinki empfehlen.
Danny Ecker angeschlagen
Wie Richard Spiegelburg jagt auch der amtierende Deutsche Meister Danny Ecker der WM-Norm von 5,75 Metern noch vergeblich hinterher.
Der Leverkusener hat vor allem ein Problem. Bei ihm zwickt es momentan fast überall am Körper. An der Schulter, der Leiste, den Knien, zwischendurch bereitete auch noch die Knochenhaut Probleme. Fünf, sechs Stellen seien angeschlagen. Keine gravierenden Verletzungen, aber doch Einschränkungen, die Danny Ecker sagen lassen: "So macht es keinen Spaß, es ist nur Quälerei. Es wäre vielleicht sinnvoller, die Saison abzubrechen."
Eine Erklärung für die Verletzungsproblematik findet der Olympia-Fünfte nicht wirklich: "Vielleicht war nach der Hallensaison zu früh die Belastung zu hoch, das ist schwer zu sagen." Aber er will trotzdem nicht aufstecken: "So lange noch ein Funken Hoffnung da ist, geht es weiter."
"Vielleicht Norm mit Glück"
Weiter geht es vor allem in Richtung nationale Titelkämpfe in Bochum-Wattenscheid: "Ich werde bis zum Ende der Woche alles versuchen. Aber es wird nicht deutlich besser sein. Ich habe schon in der letzten Zeit viele Spritzen bekommen."
Er hofft darauf, dass dann das klappt, was in Prag bei seinem Angriff auf die 5,77 Meter noch nicht gelang: "Vielleicht springe ich mit Glück die Norm." Dann denkt er, dass er auch mit nur einer Erfüllung der Vorgabe die Chance bekommen könnte, für Helsinki ins deutsche WM-Team zu rücken, um sich dann gezielt zu regenerieren.
Tim Lobinger liebäugelt mit Paris
Tim Lobinger braucht sich mit solchen Gedankenspielen nicht mehr auseinanderzusetzen. Er hat die Norm zweimal erfüllt und ist mit 5,82 Metern der DLV-Klassenprimus. Also über jeden Zweifel erhaben. Der Kölner, der am Montag auch nicht so recht in den Wettkampf fand (5,52 m im dritten Versuch), verspricht den Fans bei den Deutschen Meisterschaften: "Ich versuche dort eine schöne Flugshow zu starten."
Deshalb wird er sich auch noch einmal ganz genau überlegen, ob er wirklich am Freitag noch beim Golden-League-Meeting in Paris an den Start geht: "Ich liebäugle damit, aber es hängt vom Wetterbericht ab."
Der Hallen-EM-Dritte sagt momentan über sich selbst, dass er misslungene Sprünge und Auftritte wie jetzt im Juliska-Stadion schnell abhaken könne und ergänzt: "Danach analysiere ich mit kühlem Kopf." Überhaupt wird momentan viel analysiert im deutschen Stabhochsprunglager, warum hier und dort der Wurm drin steckt und wie dieser noch zu vertreiben sein könnte.
Kein klarer Favorit für die DM
DLV-Disziplintrainer Jörn Elberding fasst die Auftritte der drei Prag-Fahrer zusammen: "Ich kann nicht zufrieden sein. Es war nicht gewollt, jetzt so viele Wettkämpfe hintereinander zu bestreiten, aber Prag war die letzte Möglichkeit vor den Deutschen Meisterschaften noch die Norm zu springen."
Dort zeichnet sich für ihn kein klarer Favorit ab. Er sagt: "Ich hoffe, dass Richard Spiegelburg und Danny Ecker hoch springen und Tim Lobinger und Lars Börgeling an 80er Höhen rankommen, wenn die Bedingungen stimmen. Auch Michael Stolle kann einer rausrutschen." In den Kreis der Anwärter auf die vorderen Plätze schließt er auch Fabian Schulze (LAZ Salamander Kornwestheim/Ludwigsburg) mit ein, der seine Europacup-Enttäuschung den Eindrücken des WM-Tests in Ingolstadt nach gut verdaut hat. Nicht stabil zeigte sich zuletzt dagegen Björn Otto (LAV Bayer Uerdingen/Dormagen), der somit als "Wackelkandidat" für die DM gilt.
Die Karten liegen damit zwar auf dem Tisch, wer am Ende aber im Lohrheidestadion das beste Stabhochsprung-Blatt in der Hand hält, wird sich erst dort zeigen. Spannung genug gibt es allemal und die deutschen Höhenjäger haben in den letzten Jahren immer wieder bewiesen, dass der Knoten mittendrin platzen kann.