Stabhochsprung - Kampf der Generationen
Manche Leute lesen die Zeitung gerne von hinten nach vorne, oft der spannenden Sportgeschehnisse wegen. Wer am Freitagabend die Ergebnisliste des Männer-Stabhochsprungs beim „PSD Bank Meeting“ in Düsseldorf verkehrt herum betrachtet hat, dem drängten sich nicht weniger spannende Erkenntnisse zum Sportgeschehen auf und vielleicht war das sogar der Gedanke an den Kampf der Generationen.
Der frühere Deutsche Meister Richard Spiegelburg (TSV Bayer 04 Leverkusen) führte auf den Kopf gestellt das Ranking als Vierzehnter an. Der frühere Hallen-Weltmeister Tim Lobinger (LG Stadtwerke München) verfehlte als Elfter ebenfalls die Top Ten.Auf den Plätzen fünf, sechs und acht fand man die weiteren klangvollen Namen der „Siebziger Generation“: Hallen-Europameister Danny Ecker, den früheren Vize-Europameister Lars Börgeling (beide TSV Bayer 04 Leverkusen) und den Hallen-EM-Dritten Björn Otto (LAV Bayer Uerdingen/Dormagen).
Dafür dass die routinierten Höhenjäger am Rhein nichts zu melden hatten, sorgten die jüngeren Athleten, die mutig den Weg an die Spitze suchen und dort als einzige der zwölf Deutschen 5,60 Meter und höher emporstiegen. Wie schon vor einer Woche in Stuttgart war der Leverkusener Tobias Scherbarth (23 Jahre) am höchsten hinaus geflogen, gefolgt vom Filstaler Alexander Straub (25) und dem weiteren Leverkusener Malte Mohr (22).
Wachablösung?
Generationswechsel? Eine neue Hackordnung? Die Fragen danach werden erst noch zu beantworten sein. Aber jedenfalls bewegt sich ganz gehörig was in der deutschen Szene, die sich in diesem Winter bei den nationalen Aufeinandertreffen Woche für Woche beharrlich meist zu einem internen Kräftemessen mit internationaler Beteiligung einfindet und so das hausinterne Roulette in Schwung hält. Die Hackordnung der letzten Jahre scheint dabei im Jahr der Heim-WM in Berlin mehr und mehr durcheinander zu geraten, von einer Wachablösung kann allerdings noch keine Rede sein.
Geht es eben um diesen „Kampf der Generationen“, dann mag Tim Lobinger diesen noch nicht zu erkennen, was wohl in der Natur der Sache und auch in seinem Gemüt liegt.
Der 36-Jährige geht aber in dieser Frage noch einen Schritt weiter. Er teilt das deutsche Stabhochsprunglager nicht in zwei, sondern in gleich drei Gruppen auf: Die ältere Generation, zu der er neben sich selbst Danny Ecker und Björn Otto zählt („Die sind auf jeden Fall noch da“), die „Zwischengeneration“ der Jahrgänge 1978 bis 1982 mit weniger Wettkampfjahren, zu der Richard Spiegelburg und Lars Börgeling gehören („Die kommen gerade etwas unter die Räder“).
Erfahrung als Bonus
Und dann sind da jetzt eben diese jungen Achtziger ab Jahrgang 1983, die aktuell die begehrtesten Plätze der deutschen Bestenliste inne haben und zu denen auch noch der „Leichtathlet des Jahres“, Raphael Holzdeppe (LAZ Zweibrücken), und der Kornwestheimer Fabian Schulze zu zählen sind.
In die Rolle des neuen Musterschülers hat sich in diesen Wochen Tobias Scherbarth katapultiert. „Natürlich findet ein Wechsel statt. Von einer Wachablösung zu sprechen, ist sicher noch zu früh“, meint er zur momentanen Situation und stellt klar: „Wir profitieren von der Erfahrung der Älteren.“
Und vielleicht will er sich auch deshalb nicht so recht auf eine Favoritenrolle bei den Deutschen Hallen-Meisterschaften in Leipzig (21./22. Februar) einlassen. Denn man ist gut beraten, vor der älteren Generation, den Routinierten also, immer noch den nötigen Respekt zu haben. Daran mangelt es auch den jungen Himmelsstürmern hierzulande nicht. Man muss ja auch nur die Ergebnisliste von unten nach oben lesen und wissen, dass sich diese Rangfolge schnell wieder umkehren kann.