Klare Rollenverteilung: Deutsche Stabartisten favorisiert
Wenn ein amtierender Hochsprung-Weltmeister folgenden Satz sagt, dann stapelt er entweder arg tief oder es ist um seine Form wahrlich nicht gut bestellt: "In München die Qualifikation zu überstehen, wäre schon eine Riesensache", meinte Martin Buß (TSV Bayer 04 Leverkusen) nach seinem misslungenem EM-Test beim Bayer-Meeting in Leverkusen, wo er gerade mal 2,21 Meter meisterte.
Lars Börgeling brachte sich in Position (Foto: Chai)
Die Höhe zeigt deutlich: Der einzige deutsche Vertreter im Hochsprung der Männer ist keineswegs ein Tiefstapler, sondern hat ein echtes Problem. "Das Training läuft bis auf den Hochsprung sehr gut. Es kann nur eine Kopfsache in Verbindung mit der Technik sein."So eindeutig wie die Leistung von Buß war in den Wochen vor der EM auch das Auftreten der deutschen Stabhochspringer. Sie kommen als Top-Favoriten nach München. Tim Lobinger (LG Eintracht Frankfurt) reist als Weltjahresbester an (5,90 Meter), Lars Börgeling (TSV Bayer 04 Leverkusen) als der konstanteste Springer der zurückliegenden zwei Monate und Richard Spiegelburg (ebenfalls Leverkusen) als hochkarätiger Ersatzmann für den verletzten Danny Ecker.
Dreimal hintereinander überquerte Lars Börgeling, die große Entdeckung der Saison 2002, jeweils 5,80 Meter, bevor er beim Abschlusssportfest des DLV seine persönliche Bestleistung auf 5,85 Meter steigerte und nun neben Lobinger der Top-Favorit auf den EM-Titel ist. Gemeinsam standen die beiden schon bei der Hallen-EM in Wien auf dem Podest: Lobinger als Erster, Börgeling als Dritter.
Hoher Erwartungsdruck lastet auf deutschen Stabhochspringern
Auch vor der letzten WM in Edmonton wurden die deutschen Stabartisten hochgewettet. Doch statt der erträumten drei Medaillen sprangen lediglich die Plätze vier (Michael Stolle), sechs (Richard Spiegelburg) und elf (Danny Ecker) heraus. Bundestrainer Leszek Klima weiß deshalb nur zu genau, was von seinen Jungs in München erwartet wird: "Es ist an der Zeit, dass wir die Hoffnungen endlich erfüllen und eine Medaille holen", sagt der gebürtige Pole, der mit Lars Börgeling und Richard Spiegelburg zwei der drei deutschen EM-Starter auch als Heimtrainer betreut. Übrigens: Bei der EM 1998 in Budapest hatte es durch Tim Lobinger (Zweiter mit 5,81 m) letztmals eine Medaille für die deutschen Stabhochspringer bei einer Freiluft-Veranstaltung gegeben.
Die stärksten Konkurrenten dürften aus Russland (Wassili Gorschkow), Tschechien (Adam Ptacek und Stepan Janacek), Frankreich (Romain Mesnil) und sicherlich aus Israel kommen, denn auch wenn Alexander Averbuch in diesem Jahr erst 5,72 Meter meisterte; mit dem Vize-Weltmeister ist immer zu rechnen.
Im Hochsprung ist kein Top-Favorit auszumachen
In Edmonton war Martin Buß der Überraschungs-Weltmeister im Hochsprung. Sollte er auch in München triumphieren, wäre es ob des bisherigen Saisonverlaufs erneut eine Überraschung, denn favorisiert sind andere, obwohl es beim Blick auf die zurückliegenden Wochen und Monate schwer fällt, einen echten Favoriten auszumachen. Rechnen muss man aber wohl mit den beiden Schweden Stefan Holm und Staffan Strand, auch wenn Strands EM-Test in Leverkusen mit 2,24 Metern nicht sehr erfolgreich verlaufen war.
Holm ist in diesem Jahr schon 2,33 Meter gesprungen und führt die europäische Bestenliste an. Einen Zentimeter weniger bringt Andrej Tschubsa (Weißrussland) mit nach München. Er ist mit seinen 19 Jahren zugleich der jüngste Springer im Feld. In der kontinentalen Jahresrangliste folgen der Finne Toni Huikuri und der Russe Pawel Fomenko, die beide 2,31 Meter vorweisen können. Huikuri ist allerdings nicht bei der EM dabei. Auf den weiteren Plätzen liegen vier Springer mit 2,30 Meter. Sie alle sind wohl in der Lage, den Titel zu gewinnen. Auch mit dem WM-Dritten des Vorjahres, dem Russen Jaroslaw Rybakow, ist zu rechnen.