Startschuss in Richtung Europameisterschaft geglückt
Aus deutscher Sicht rückte am vergangenen Leichtathletik-Wochenende der Vergleich mit der europäischen Konkurrenz beim Europacup in Annecy in den Mittelpunkt, denn der Countdown bis zur Europameisterschaft in München (6. bis 11. August) tickt bereits. Die Qualifikation für den Weltcup im September in Madrid war das erklärte Ziel und die Männer und Frauen erfüllten mit jeweils einem zweiten Platz die Erwartungen der DLV-Verantwortlichen. "Einen besseren Startschuss für die EM im eigenen Land kann man sich nicht wünschen", strahlte Rüdiger Nickel als Vize-Präsident für den Bereich Leistungssport nach zwei heissen und spannenden Wettkampftagen.
Michael Möllenbeck rüstet sich für die EM in München (Foto: Chai)
Michael Möllenbeck, der WM-Dritte von Edmonton im Diskuswerfen, war der erste von zwei DLV-Athleten, der die Maximalzahl von acht Punkten für sein Team verbuchte. Mit 66,82 Metern hatte er die Konkurrenz um Dimitri Schevchenko, auf den der Wattenscheider ein besonderes Augenmerk legte, mehr als nur im Griff. Den Russen distanzierte er um über viereinhalb Meter auf den zweiten Platz. Dem Deutschen war auf französischem Terrain also der große Wurf gelungen, den er sich auch für die Europameisterschaft in München vorgenommen hat. "Ich denke, mit so einer Weite wird man bei der EM nicht gewinnen. Dort werden alle weiter werfen als in Annecy. Aber dann stehe ich wieder auf dem Treppchen", kündigte er mit überzeugendem Selbstbewußtsein an.Tim Lobinger ist der Überflieger
Auch Stabhochspringer Tim Lobinger präsentierte sich beim Europacup als deutscher Überflieger. Der Teamkapitän gewann seinen Wettkampf mit 5,75 Metern, und behielt beim dritten Sprung über 5,65 Meter auch die Nerven, um sein Signal in Richtung München zu entsenden. Für die nächsten Aufgaben hat er noch einiges in der Hinterhand: "Bei richtig guten Bedingungen hätte ich mir in Annecy eine neue Weltjahresbestleistung zugetraut."
Eine beeindruckende Nervenstärke bewies die 4x400-Meter-Staffel der Männer mit einem erfrischenden und cleveren Auftritt. Es galt, einen Punkt Vorsprung auf die Franzosen bei dem abschließenden Bewerb zu verteidigen. EM-Botschafter Ingo Schultz, Jens Dautzenberg, Ruwen Faller und insbesondere der 19-jährige Youngster Bastian Swillims, auf dem als Schlußläufer eine ganze Menge Druck lastete, gaben sich nur den Briten geschlagen und verwiesen Frankreich auf die Drei.
Weitere Signale bei den Männern in Richtung Europameisterschaft gingen auch von Hürdensprinter Mike Fenner, Hindernis-Titelverteidiger Damian Kallabis, Olympiasieger Nils Schumann, Charles Friedek im Dreisprung, Boris Henry im Speerwurf und Ingo Schultz im Einzelrennen über 400 Meter aus. Als Zweit- oder Drittplatzierte unterstrichen sie ihre Medaillenambitionen für den Saisonhöhepunkt im eigenen Land.
Kampfansage von Kirsten Bolm
Auch wenn es bei den Frauen zu keinem deutschen Einzelerfolg reichte, so überzeugten auch hier mehrere Athletinnen mit ihren couragierten Auftritten in Annecy mit Blick auf die EM. Allen voran war es die großgewachsene Blondine Kirsten Bolm, die in neuem "Hausrekord" von 12,85 Sekunden über 100 Meter Hürden auf Platz zwei lief und sich nur der Französin Patricia Girard geschlagen geben musste. "In München werde ich neben ihr sein", lautete ihre klare Kampfansage.
Yvonne Buschbaum, seit dem 14. Juni wieder deutsche Rekordhalterin im Stabhochsprung, sicherte sich in Annecy ihren direkten Startplatz für die EM mit 4,60 Metern und Platz zwei ebenso wie Kugelstoßerin Astrid Kumbernuss, der mit 19,61 Metern nur zwei Zentimeter zur siegreichen Russin Svetlana Kriveljova fehlten. Ein Sonderlob verdienten sich bei den DLV-Frauen neben der aufstrebenden EM-Botschafterin Sina Schielke, die über 100 und 200 Meter eine gute Figur abgab, vor allem die junge Hochspringerin Kathryn Holinski, die eine neue persönliche Bestleistung von 1,93 Metern sprang, und das Nordlicht Bianca Kappler. Sie mischte im Weitsprung, den die Russin Tatjana Kotova mit fantastischen 7,42 Metern für sich entschied, mit ihren 6,64 Metern als Dritte frech mit.
Positiver Wegweiser für München
Für die deutsche Mannschaft war der Europacup in Annecy ein wichtiger und vor allem positiver Wegweiser für die Europameisterschaft vom 6. bis 11. August in München. "Aus unserer Sicht ist zu sagen, dass wir noch ein paar Einzelkönner produzieren müssen, weil wir nur zwei Siege erreichten. Wir haben aber mit unseren vier Sorgenkindern Grit Breuer, Heike Drechsler, Lars Riedel und Raymond Hecht noch etwas in der Hinterhand", analysierte DLV-Spitzenfunktionär Rüdiger Nickel zum Ende der Veranstaltung. Das erklärte Ziel an den Tagen im August ist für die Mannschaft Platz eins oder zwei in der Nationenwertung. Der Europacup hat gezeigt, dass die DLV-Athleten bereit sind, sich im Olympiastadion dieser Herausforderung mit tollen Leistungen zu stellen.