Steffi Nerius feiert Hollywood-Abschied
Die Tränen standen Steffi Nerius in den Augen, so wie vier Monate zuvor beim sensationellen WM-Triumph von Berlin. „Ein traumhafter Abschluss meiner Karriere, als hätte Hollywood Regie geführt“, sagte die 37 Jahre alte Speerwurf-Weltmeisterin aus Leverkusen, als sie am Sonntag in Baden-Baden als „Sportlerin des Jahres“ feststand.
„Ende September hatten mich schon die von der Sporthilfe geförderten Athleten vor Paul Biedermann auf Platz eins gewählt. Umso schöner, dass auch die Journalisten meine Leistung hoch einschätzen“, sagte Steffi Nerius, die ihrem Trainer Helge Zöllkau nach dem WM-Triumph aus Dankbarkeit eine Harley-Davidson geschenkt hatte.Auch vier Monate danach ist sie absolut sicher: „Das war genau der richtige Zeitpunkt zum Aufhören, auch wenn ich auf eine sechsstellige Summe verzichte. Meine Motivation ist tot.“ Am goldenen WM-Tag hatte selbst Kanzlerin Angela Merkel länger als geplant auf Steffi Nerius gewartet, weil Interviews und Dopingkontrolle so lange gedauert hatten. „Das war eine ganz besondere Ehre für mich“, sagt Steffi Nerius und schiebt den Hinweis nach: „Frau Merkels Wahlkreis auf Rügen ist meine Heimat.“
Emotionaler Abschied
Bei zwei Abschiedssportfesten genoss Steffi Nerius noch einmal den Applaus ihrer Fans: „Es waren sehr emotionale Momente, aber ohne Wehmut.“ Während Franka Dietzsch dreimal Diskus-Weltmeisterin war, gewann Steffi Nerius seit 2002 sieben internationale Medaillen (Olympia, WM, EM).
Begonnen hatte sie ihre sportliche Karriere in einer anderen Sportart: „Ich war eine talentierte Volleyballerin, DDR-Schülermeisterin, wurde bei Turnieren als beste Spielerin ausgezeichnet. Aber ich durfte den Sport nicht weiter betreiben, weil Wissenschaftler errechnet hatten, dass ich nur 1,68 Meter groß werden würde und damit keine Perspektive hätte.“
Mit dem Trainer im Büro
Steffi Nerius wechselte sofort zur Leichtathletik und wurde mit 1,78 Metern Länge eine echte Größe. 1995 siegte sie beim Europacup, doch die Medaillen kamen erst mit Helge Zöllkau, mit dem sie als Trainerin im Behindertensport beim TSV Bayer 04 Leverkusen nun in einem Büro sitzt.
Die Weltmeisterin betreut schon seit Jahren gehandicapte Athleten, gewann mit ihren Schützlingen jüngst dreimal WM-Gold. „Die Arbeit mit ihnen ist eine echte Herausforderung, man hat auch eine psychologische Verantwortung für sie“, sagt Steffi Nerius.
Reichtümer hat sie in ihrer Karriere nicht erworben. „Mir ist es wichtig, dass die Wohnung, in der ich lebe, bezahlt ist“, sagt Steffi Nerius, die auch auf Rügen eine Wohnung („Haus Lydia“) besitzt und an Urlauber vermietet. Ansonsten freut sie sich darauf, künftig mehr malen zu können und den Traum von eigenen Kindern will sie sich auch noch erfüllen: „Aber wenn's bis 40 nicht klappt, dann sollte es halt nicht sein.“
Quelle: Sport-Informations-Dienst