Steffi Nerius - "Habe dieses Gold verdient"
Steffi Nerius ist mit dem Ullevi-Stadion wieder im Reinen. Dort, wo die Leverkusener Speerwerferin vor elf Jahren bei der WM als Top-Favoritin scheiterte, holte sie nun am Sonntag bei der EM in Göteborg (Schweden) Gold. Was die 34-Jährige nach ihrem bislang größten Erfolg sagte, haben wir für Sie zusammengestellt.
Ein hart erarbeiteter Erfolg für Steffi Nerius (Foto: Kiefner)
Steffi Nerius, was geht Ihnen gerade durch den Kopf?Steffi Nerius:
Das ist einfach nur wunderschön. Ich habe bei der Siegerehrung endlich einmal den Traum erleben und genießen können, den ich schon seit Jahren hatte. Einfach die Nationalhymne für mich hören. Irgendwann kriegt jeder das, was er verdient hat und heute hatte ich Gold verdient.
Wann haben Sie an den Sieg geglaubt?
Steffi Nerius:
Wenn man in Führung liegt, dann glaubt man richtig dran. Ich habe mir in jedem Fall zugetraut, dass ich noch kontern kann. Das ist alles im Bereich des Möglichen. Ich war schon sehr zuversichtlich. Die ersten drei Durchgänge waren ein bisschen schleppend durch die Unterbrechungen, die Siegerehrungen, die Starts, den Regen. Ich fühlte mich ein bisschen wie eine Stabhochspringerin, die ewig im Stadion rumhängt. Ich hatte mich deshalb schon ein bisschen auf die letzten drei Durchgänge gefreut, wo es etwas schneller geht. Ich war aber immer zuversichtlich, dass ich den Schalter kippen und am Ende vorne liegen kann.
Hat sie der erste Versuch von Barbora potáková irgendwie geschockt?
Steffi Nerius:
Nein, es hätte mich nur geschockt, wenn sie 68 Meter geworfen hätte. Das war so ein bisschen wie mit Christina Obergföll bei den Deutschen Meisterschaften, als sie 64 Meter geworfen hatte. Ich wusste, das war alles im Rahmen, das kann ich auch werfen. Deshalb hatte ich mich davon nicht beeindrucken lassen.
Wie kamen Sie mit dem regnerischen Wetter zurecht?
Steffi Nerius:
Ich wusste, dass mir das nichts ausmacht und ich hatte gehofft, dass die anderen damit Probleme haben. Ich fand es heute auch gar nicht so schlimm. Vor vier Jahren hatte es bei der EM in München im Vergleich dazu Gießkannen geregnet. Mit so einem Nieselregen wie heute habe ich grundsätzlich kein Problem.
Haben Sie daran gedacht, was Ihnen 1995 in diesem Stadion widerfahren ist?
Steffi Nerius:
Dadurch, dass ich von den Journalisten ständig erinnert werde, denke ich oft daran. Aber ich selbst habe nicht daran gedacht.
Was stand heute auf Ihrem Stirnband?
Steffi Nerius:
Während des Wettkampf hieß es auf Schwedisch "Hey Schweden, mit guter Laune" und jetzt nach dem Wettkampf heißt es "Das ist das, was gut tut".
Wie sehen Sie die Entwicklung der letzten Jahre, jetzt mit dieser goldenen Krönung und der Goldmedaille um den Hals?
Steffi Nerius:
Ich bin 1985 auf die Sportschule gekommen und das war immer so ein Traum, einmal ganz oben zu stehen. Das ist harte Arbeit gewesen und ich denke, ich habe mich in den letzten Jahren auch einfach in meinen Leistungen stabilisiert. Ich bin vom Kopf her viel freier und viel selbstbewusster geworden. Ich weiß, was ich abrufen kann. Das ist einfach die Bestätigung nach all den Jahren.
Was nehmen Sie sich für den Rest der Saison vor, wie geht es weiter?
Steffi Nerius:
Jetzt darf ich beim Weltcup in Athen im September im Team Europa starten. Franka Dietzsch hatte mich da schon ein wenig unter Druck gesetzt, weil sie mit Silber hinter einer Russin auch die Einladung bekommen hat. Sie will mit mir dort ein Zimmer teilen, deshalb musste ich heute Europameisterin werden. Es kommen für mich auch sonst noch ein paar schöne Wettkämpfe, darunter auch das Weltfinale in Stuttgart.
Ihre Ehrenrunde ist ein bisschen kurz ausgefallen…
Steffi Nerius:
Ich hatte ein bisschen das Gefühl, dass sich niemand dafür interessiert hat, nachdem beim Weitsprung gerade Carolina Klüft gesprungen ist. Dann habe ich mir gedacht: Ach, ich kann auch in der Mitte wieder zurücklaufen auf dem Rasen, auf den ich auch geworfen habe. Ich war auch noch einmal auf dem Punkt, wo mein Speer zum Sieg gelandet war. Ich wollte das einfach genießen.
Wie sehr können Sie diesen Erfolg schon einschätzen?
Steffi Nerius:
Ich habe jetzt im Moment gerade das Gefühl, als sei es ein ganz normaler Wettkampf wie bei einem Meeting, den ich gewonnen habe. Aber die Siegerehrung war schon was ganz Besonderes. Ich denke, wenn ich nach Hause komme und all das verarbeitet habe, dann wird mir erst bewusst, was ich heute hier geleistet habe.
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