Steffi Nerius hat Silber im Abo und Gold im Hinterkopf
Salti und Schrauben vom 10-Meter-Turm – eine solche sportliche Leistung bewundere sie, schreibt Steffi Nerius im Internet auf dem Athletenfragebogen ihres Vereins. Am späten gestrigen Abend, kurz nach 22 Uhr wurde sie bewundert. Von 45.000 Zuschauern im Münchener Olympiastadion. Nach vielen Jahren, in denen die Athletin des TSV Bayer 04 Leverkusen stets die internationale Spitze mitbestimmte, aber regelmäßig an einer Meisterschaftsmedaille vorbeiwarf, hat sie nun endlich getroffen: mitten hinein ins EM-Silber.
Der Dank von Steffi Nerius geht ans Münchener Publikum. (Foto: Kiefner)
Sie war "überglücklich, einfach nur happy" und daran hatten die Fans im Stadion maßgeblichen Anteil. "Bei Olympia in Sydney, dass war schon gigantisch, ein absolut geiles Flair. Aber gestern, dass war noch viel besser, viel persönlicher. Die haben ja alle auf mich geschaut und geklatscht, wenn ich angelaufen bin", erinnert sich die 30-Jährige.Geschlafen hat sie seitdem nicht viel. Vielleicht eine halbe Stunde. "Bis um halb sieben waren wir in der Disko im Athletendorf." Währenddessen war das Handy aus. Um kurz nach sieben, wieder angestellt, klingelte es fast pausenlos. Alle wollten zur ersten Medaille bei einer großen Meisterschaft gratulieren.
Die Farbe der Medaille passt ins Bild
Dass es Silber und nicht Bronze oder Gold ist, scheint fast logisch. Denn Steffi Nerius sammelt Medaillen dieser Farbe. Von sechs Deutschen Meisterschaften brachte sie schon Silber heim, zuletzt von den diesjährigen Titelkämpfen in Wattenscheid. Und schließlich sind auch die Fußballer ihres Vereins als Vize-Leverkusen bekannt. Aber damit hat die studierte Diplom-Sportlehrerin und Deutsche Meisterin des Jahres 2001 keine Probleme. Sie fühlt sich in Leverkusen "so richtig wohl".
Seit 1992 startet die auf der Insel Rügen geborene Athletin für den TSV Bayer 04, ist auch beruflich mit dem Klub verbunden, für deren Behindertensportabteilung sie arbeitet: "Ich habe mir einen großen Freundeskreis in Leverkusen geschaffen und auch beruflich gut Fuß gefasst." Sogar einen Steffi-Nerius-Fanklub gibt es in der Stadt am Rhein.
Mit dem Trainer auf einer Wellenlänge
"Steffi ist ein sehr angenehmer Mensch, kein bisschen zickig. Es ist schwer, sich nicht mit ihr zu verstehen", sagt Trainer Helge Zöllkau über seine Athletin, die ihrerseits eine einfache Erklärung für das gute Verhältnis hat: "Wir liegen einfach auf einer Wellenlänge. Die Chemie stimmt. Mit Helge als Trainer möchte ich auch meine Karriere beenden."
Doch soweit ist es noch nicht. "Athen 2004 ist mein Ziel", schaut Nerius voraus. "Bei Olympia und einer WM möchte ich schon noch auf dem Treppchen stehen." Dafür wäre Nerius sogar bereit, ihr langjähriges Silber-Abo zu kündigen und gegen ein bronzenes einzutauschen. "Aber Gold wäre mir natürlich am liebsten."