Steffi Nerius - In der Ruhe liegt die Kraft
Weniger ist mehr. Nach diesem Motto wird Speerwerferin Steffi Nerius, die in diesem Jahr bei der WM in Osaka mit Bronze ihre sechste Medaille bei internationalen Großereignissen in Folge geholt hat, in das Olympiajahr 2008 starten. „Mein Körper hat inzwischen viele Baustellen. Wenn ich noch zwei Jahre weiter Leistungssport betreiben will, dann muss ich bei der Anzahl der Wettkämpfe künftig etwas kürzer treten.“

Bis April sah es so aus, als würde 2007 ein Jahr der Superlative für sie, doch dann streikte der Körper. Ellbogen-Reizung, Patella-Sehne, Fersensporn an beiden Füßen – erst Anfang Juni kam sie wieder in Tritt und musste dann dennoch aus Verletzungsgründen ihren Auftritt bei den Deutschen Meisterschaften in Erfurt absagen. Wenn sie eine Bilanz der Saison zieht, dann lautet ihr Fazit: „Schade, ich hatte mehr drauf. Trotzdem habe ich letztlich noch das Beste daraus gemacht.“
Fahrplan für Olympia steht
Auch knapp zwei Monate nach Osaka findet sie keine Erklärung, warum die ersten drei Versuche im Finale daneben gingen und vor der 60-Meter-Marke landeten. Am Ende sicherte sie sich mit 64,42 Metern doch noch Bronze. „Ich weiß es nicht. Ich war diesmal so nervös wie noch nie vor einem Wettkampf, konnte kaum richtig essen und habe mich einfach nicht gut gefühlt.“
Weitere Ursachenforschung zu betreiben ist jedoch nicht ihr Ding. Vielmehr geht ihr Blick Richtung Peking. „Der Fahrplan zur Vorbereitung auf die Olympischen Spiele steht. Im Dezember werden wir in Kienbaum sein, im Januar geht es für eineinhalb Wochen zum Skilanglauf ins Allgäu. Im Februar sind wir für zwei Wochen wieder in Monte Gordo. Dann kommt wieder eine Trainingsmaßnahme in Kienbaum und im Mai folgt noch einmal ein zweiwöchiges Trainingslager in Monte Gordo. Vor den Olympischen Spielen möchte ich direkt nach Peking anreisen, da ich glaube, dass es für mich besser ist, als zuvor noch mit der Mannschaft im Trainingslager in Shibetsu zu sein.“
Schon in diesem Jahr ist sie überzeugt, hätte sie Bestleistung werfen können, wenn Verletzungen sie nicht immer wieder gestoppt hätten. Deshalb ist ihr Ziel für kommendes Jahr klar definiert: „2008 möchte ich gesund bleiben und weit werfen, möglichst in Peking mit Bestleistung. Olympische Spiele sind nur alle vier Jahre und jeder träumt davon, Olympiasieger zu werden.“
Der Kreis schließt sich
Spricht man Steffi Nerius auf die Entwicklung der deutschen Leichtathletik an, dann vermisst sie vor allem spannende Duelle und kompakte Veranstaltungen. „Wir brauchen eine Breite bei den Spitzenleistungen. Das Weltfinale in Stuttgart war zum Beispiel eine kompakte Veranstaltung mit hochklassiger Leichtathletik. Das finde ich super und in diese Richtung muss der Weg gehen.“ Gefährlich sei es dagegen, wenn man versucht, die Disziplinen der Leichtathletik aufzuspalten und nur noch zum Beispiel auf Werfer- oder Stabhochsprungmeetings zu setzen.
Zu ihrem Trainer Helge Zöllkau hat sie blindes Vertrauen. „Er ist der einzige, der mich unmittelbar vor dem Wettkampf ansprechen kann. Er ist perfekt.“ Neben dem Olympiasieg hat sie vor allem noch einen weiteren großen Traum: „1993 bin ich das erste Mal bei der WM in Stuttgart dabei gewesen. 2009 in Berlin noch einmal dabei zu sein – da würde sich für mich der Kreis schließen. Wenn ich noch einmal beginnen würde, ich würde alles wieder genauso machen.“ Nach ihrer aktiven Karriere möchte sie der Leichtathletik als Trainerin im Behindertensport verbunden bleiben und mit den Behindertensportlern bei den Paralympics in London 2012 Erfolge feiern.