Stephan Behr – Langsprint oder Mittelstrecke?
Er ist ein Wanderer zwischen den Disziplinen. Ob 400 oder 800 Meter, Stephan Behr ist vorne mit dabei. Mit 47,06 Sekunden über die Stadionrunde war er 2006 schnellster deutscher Jugendlicher und stand im Vorlauf der U20-Europameisterschaft in Kaunas (Litauen). Über 800 Meter belegt er Platz fünf der Jugend-Bestenliste mit 1:50,71 Minuten.
Stephan Behr pendelt zwischen den Disziplinen (Foto: Gantenberg)
Kein Wunder also, dass auch die ReiseBank Akademie von dem Talent des jungen Kaiserlauterer überzeugt ist und er sich folglich zu den acht glücklichen Stipendiaten der zählen kann.Im heimischen Weilerbach fing alles an. "Als ich neun Jahre alt war, hat mein Vater mich zur Leichtathletik geschickt", erinnert sich der 18-Jährige. Ganz klassisch hat auch Stephan Behr, der seit November 2001 für den 1. FC Kaiserslautern startet, seine Wurzeln im Dreikampf. Doch bereits da war seine gute Ausdauerfähigkeit auffällig. Es war keine Überraschung, dass mit 15 Jahren die Spezialisierung auf die 800-Meter-Strecke erfolgte.
Wie richtig diese Entscheidung war, zeigt ein Blick in Stephan Behr's Vita. Gleich in seinem zweiten 800-Meter-Lauf knackte er die Zwei-Minuten-Marke. Gleich bei seinen ersten Deutsche Meisterschaften lief er auf den Silber-Rang. Er sah seine Zukunft auf den 800 Metern. Doch wie so oft kam alles anders.
Taktik vs. Schnelligkeit
2004 zog er sich eine Verletzung im Kahnbein des rechten Fußes zu. 800 Meter waren nur noch unter extremen Schmerzen zu absolvieren, über die 400 Meter hingegen hatte der talentierte Jugendliche keine Schmerzen, sondern vielmehr sogar Erfolg, wie sein zweiter Platz bei den nationalen Titelkämpfen 2004 beweist.
"Ich habe Spaß an beiden Strecken", stellt der Sohn einer Mexikanerin fest, der folglich auch fließend Spanisch spricht und sich vorstellen kann, nach dem Abi ein Studium in Richtung Dolmetschern zu beginnen. "An den 400 Metern liebe ich vor allem die Schnelligkeit", beschreibt der Schüler der 12. Klasse des Gymnasiums in Ramstein-Miesenbach das Besondere der Viertelmeile. "Die 800 Meter hingegen sind taktisch extrem reizvoll", fasst er seine persönliche Faszination der zwei Stadionrunden zusammen und man merkt, wie er innerlich hin und hergerissen ist.
Verletzungssorgen
Dabei war er im letzten Jahr erfolgreicher über die 400 Meter. "Meine Chancen über diese Strecke sind einfach besser", weiß der schnelle Gymnasiast. In seinem allerersten 400-Meter-Lauf blieb er direkt unter 48 Sekunden und er eilte nur um einen Hauch an der U20-EM-Norm vorbei. Als er dann in Saulheim 47,06 Sekunden lief – selbstverständlich war damit die Norm locker unterboten – war klar, dass Stephan Behr mit nach Kaunas fahren würde. Allerdings nicht über 800 Meter, wo er zwar auch die Norm mit 1:50,51 Minuten geknackt hatte, sondern über 400 Meter.
Doch, wie schon 2004, blieb er auch im letzten Jahr von Verletzungen nicht verschont. Just während seines schnellen Rennens in Saulheim am 1. Juni zog er sich auf der Zielgerade einen Muskelfaserriss im Oberschenkel zu. "Ich konnte nur noch humpelnd die Ziellinie überqueren und danach kaum noch auftreten", erinnert sich Stephan Behr an jenen schmerzhaften Moment.
Peking ruft
Zwar bedeutet die Zeit von 47,06 Sekunden das Ticket für Kaunas, aber gleichzeitig markierte es auch das frühzeitige Ende der Saison 2005. Obwohl Stephan Behr noch mit zur U20-EM fuhr und im Vorlauf auf den zweiten Platz lief und sich so für die nächste Runde qualifizierte, musste er die Meisterschaft unter erneuten Schmerzen im Oberschenkel beenden. "Das hat weh getan", gesteht er und man hört ihm an, dass diese Schmerzen nicht nur körperlicher Natur waren.
Die Verletzung ist ausgestanden und auch die schmerzhaften Erinnerungen sind mittlerweile verblasst, denn in diesem Jahr steht ein neues großes Ziel auf seinem Wunschzettel. Die U20-Weltmeisterschaft in Peking (China) lockt! Und der erste Schritt nach Fernost ist für den sympathischen Weilerbacher bereits getan, denn die Norm lief er bereits vor zwei Wochen. 47,29 Sekunden über 400 Meter zum Saisonanfang können sich sehen lassen.
Herz hängt an den 800 Metern
Aber wer jetzt gedacht hat, dass Stephan Behr sich mit der Norm über 400 Meter zufrieden geben würde, der irrt. "Ich will auf jeden Fall auch über 800 Meter angreifen", stellt der Schützling von Wolfgang Hoffmann unmissverständlich fest, auch wenn er weiß, dass die Nominierung über diese Strecke schwerer sein wird. Ganz klar: "Es fällt mir schwer, mich für die eine oder andere Strecke zu entscheiden, aber mein Herz hängt eindeutig an den 800 Metern."
So ist es auch nicht verwunderlich, dass seine Vorbilder variieren. Während er sich über 400 Meter vor allem vom Weltrekordler Michael Johnson (USA) inspiriert fühlt, ist es über 800 Meter Nils Schumanns Olympiasieg, der noch sechs Jahre später Begeisterung in Stephan Behr auslöst, denn "er hat allen gezeigt, dass auch die Deutschen über die Mittelstrecke siegen können."
Spaß in der Akademie
Siegen, das möchte auch Stephan Behr auf langfristige Sicht. "Ich will mich etablieren. National und international", gibt sich der 18-Jährige zielstrebig. Über allem jedoch thront der Traum von den Olympischen Spielen 2008 in Peking. Die Grundlage dafür möchte er schon in diesem Jahr mit einer guten Platzierung bei der U20-WM legen.
An den Grundlagen setzt auch das Stipendium der ReiseBank Akademie an. Denn neben Kochkursen, Ernährungsberatung und Fotoshooting verspricht sich Stephan Behr einiges vom speziell auf die Leichtathletik zugeschnittenen Englisch-Kurs, den die acht Teilnehmer bei ihrem nächsten Treffen Mitte September genießen dürfen. Auch das Interviewtraining steht hoch im Kurs, denn vor allem auf das Auftreten in der Öffentlichkeit wird großer Wert gelegt. "Ich denke, dass mir das Stipendium in der Entwicklung meiner Persönlichkeit weiterhelfen wird und ganz nebenbei haben wir jede Menge Spaß."
Und auch wenn er sich in diesem Jahr noch nicht entscheiden wird, ob er denn nun ein Mittelstreckler oder eher ein Langsprinter ist, so scheint doch jetzt schon sicher, dass man sich den Namen Stephan Behr, egal auf welcher Strecke, für die Zukunft merken sollte.