Südafrikanerin Elana Meyer nimmt Kurs auf Brüssel
Die besten Jahre hat sie bereits hinter sich. Elana Meyer ist auf die Zielgerade ihrer Karriere eingebogen. Im Oktober wird sie 36. Zeit um aufzuhören? Ach was! Die kleine Dauerläuferin aus dem fernen Südafrika ist nicht klein zu kriegen.
Elana Meyer (Foto: Listl)
In ihr brennt noch immer das Feuer der Leidenschaft. Auf den ganz langen Strecken zählt sie zur Crème de la Crème. Ihre Erfolgsserie reißt nicht ab. Aktueller Beweis: ihr Sieg beim prestigeträchtigen Sendai-Halbmarathon in Japan, wo Meyer nicht zuletzt wegen ihrer bescheidenen Art ein gern gesehener Gast ist.Im Land der aufgehenden Sonne feierte Elana Meyer einen Coup der besonderen Art. Zum dritten Mal in Folge beherrschte sie diese traditionelle Veranstaltung. Ihr Endergebnis lautete 1:11:54 Stunden. Nicht spektakulär, dafür guter Durchschnitt. "Ich bin bloß gekommen, um diesen Lauf zu gewinnen. Das war meine Absicht. Nun bin ich glücklich und zufrieden, dass es mir gelungen ist. Die Zeit war nicht so wichtig", bemerkte Elana Meyer beiläufig und schaute voraus in die nahe Zukunft: "Bei der Halbmarathon-WM in Brüssel möchte ich natürlich bedeutend schneller sein."
Elana Meyer - Hattricks in Asien
Der Hattrick beim Sendai-Marathon war ihr erklärtes Ziel gewesen. Gleiches hatte Elana Meyer auch in Tokyo und Kyoto geschafft. Drei Siege hintereinander bei drei verschiedenen Halbmarathonläufen in Fernost sind einmalig. "In Japan weiß ich, dass die Teilnehmerfelder immer sehr stark besetzt sind", sagte sie hinterher, "das ist für mich stets eine große Herausforderung." Die ersten fünf Kilometer absolvierte Meyer in einer Durchgangszeit von 17:01 Minuten. Dann drückte sie verschärft aufs Tempo, schüttelte nahezu alle Konkurrentinnen ab. Mit einer Ausnahme: Ryoko Ichikawa wahrte den Kontakt bis Kilometer zehn, die beide in 33:28 Minuten passierten, ehe auch sie der zügigen Fahrt zum Opfer fiel. Nach 15 Kilometern (50:51 min) war Meyer allein auf dem harten Asphalt, wurde bei Kilometer 20 mit 1:08:11 Stunden gestoppt und triumphierte in 1:11:54 Stunden vor den beiden Japanerinnen Ryoko Ichikawa und Yukuko Akaba.
Populärer als Zola Budd
Elana Meyer, das zierliche Persönchen, ist in ihrer Heimat mittlerweile noch populärer als Zola Budd, die einstige Barfußläuferin, die auch weiterhin aktiv ist. Mit Budd, die 1984 bei den Olympischen Spielen in Los Angeles, damals 18 Jahre jung, durch ihren "Crash" im 3000-Meter-Finale mit Mary Decker, dem Liebling der US-Nation, traurige Berühmtheit erlangt hat, hat sie eine Gemeinsamkeit: Pieter Labuschagne trainierte beide, Budd wie Meyer, die unter seiner Anleitung 1992 in Barcelona olympisches Silber über 10.000 Meter holte. Derartu Tulu aus Äthiopien, die in der Sonne Spaniens als erste Leichtathletin aus Schwarzafrika Gold bei den Sommerspielen eroberte, hatte ihr in einem packenden Duell fünf Sekunden abgenommen.
Sie rennt und rennt und rennt
Ein knappes Jahrzehnt ist seither ins Land gezogen. Elana Meyer, die in Albertina am Kap der guten Hoffnung als Farmerstochter geboren wurde, rennt und rennt und rennt, so weit die ausdauernden Füße sie tragen. Neben dem Sport hat sie auch die berufliche Ausbildung nie aus den Augen gelassen. An der Universität von Stellenbosch erwarb Meyer den Magister-Abschluss im Fach Marketing. Ihr Ehemann Michael, früher ein guter Mittelstreckler, der mit 19 Jahren schon eine 3:47,47 über 1500 Meter vorgelegt hat, ist gelernter Betriebswirt.
Die klassische Distanz über 42,195 Kilometer hat sie auch mehrmals bewältigt. Gleich bei ihrem Debüt im April 1994 in Boston zauberte Elana Meyer eine flotte Zeit von 2:25:15 Stunden auf die Straße, die sie leider nie mehr erreichen sollte. Damals belegte sie den dritten Platz hinter der Russin Valentina Yegorova, die 1992 in Barcelona Marathon-Gold eroberte, und der siegreichen Berlinerin Uta Pippig, die mit 2:21:45 Stunden den noch heute gültigen DLV-Rekord aufstellte.
Lieblingsstrecke Halbmarathon
Aber ihre Lieblingsstrecke ist und bleibt der Halbmarathon (Bestzeit: 1:07:22 h in Tokyo 1993), wo sie 1994 in Oslo Weltmeisterin (1:08:36 h) wurde und 1998 in Uster, unweit von Zürich, noch mal Zweite (1:08:32 h), ganze drei Sekunden hinter Tegla Loroupe. Wenn das Gesetz der Serie hält, wird sie auch am 5. Mai in Brüssel aufs Treppchen klettern. Denn alle vier Jahre, so scheint es, ist sie reif für eine Medaille. "Ich kehre jetzt zurück in meine Heimat, um mich auf die WM vorzubereiten", erzählte die ehrgeizige Südafrikanerin in Japan, "denn in Belgien möchte ich noch einmal ganz vorne dabei sein." Ja, ja, wie reimt es sich so schön: Keine Feier ohne Meyer!