Teamgeist und Gänsehaut bei DLV-Siebenkämpferinnen
Als Claudia Tonn am Start stand zu den 800 Metern, lief es ihr ganz kalt den Rücken herunter. Im selben Moment als sich die Siebenkämpferinnen zum Ende des zweiten Wettkampftages bei den Olympischen Spielen in Athen aufstellen wollten, warf die griechische Diskuswerferin Anastasia Kelesidou 66,68 Meter und schob sich auf den zweiten Platz, was die Zuschauer zum Toben brachte. Und das Stadion in einen Hexenkessel verwandelte.
Unter Claudia Tonn bebte die olympische Erde (Foto: Klaue)
Die junge Athletin vom LC Paderborn ließ sich danach tragen von der Atmosphäre. "Es war einfach super und die 800 Meter waren das Tüpfelchen auf dem I", freute sich die große Blonde über ihren Auftritt in Athen. "Wenn die Griechen loslegen, bebt die Erde." Mit 6.155 Punkten blieb sie nur ganz knapp unter ihrer Bestleistung und wurde Zwölfte. "Obwohl Kugelstoßen und 200 Meter nicht so waren". Schon zum Auftakt wurde sie von den Emotionen überwältigt. "Als ich zu den 100 Meter Hürden ins Stadion kam, habe ich eine Gänsehaut bekommen und ich musste aufpassen, dass ich nicht in Tränen ausbreche."
Unglaublich angespannt
Sonja Kesselschläger ging es genauso. Die Neubrandenburgerin schaffte in Athen den Durchbruch und wurde mit neuer Bestleistung von 6.287 Punkten Sechste. Bis zum Speerwerfen hatte sie auf Rang vier gelegen, nur 32 Punkte hinter der Litauerin Austra Skujyte, die später Silber gewann. "Doch dass ich Bronze gewinnen würde, war utopisch für mich", sagt Sonja Kesselschläger realistisch. "Ich wusste, nach dem Speerwerfen würde ich hinter ihr liegen." Dennoch strahlte die 26-Jährige über die Punktzahl und das gesamte Ambiente. "Wir waren im Vorfeld so unglaublich angespannt. Wenn mich nur jemand auf Olympia angesprochen hat, habe ich schon fast angefangen zu heulen."
Die bescheidene Athletin, die der Sportfördergruppe Rostock angehört, freute sich unbändig über ihre Bestleistung und die gesamte Atmosphäre in dem gut gefüllten Stadion. "Sport ist eben sehr emotional, deshalb machen wir es ja, weil man Emotionen in dieser Form sonst kaum mehr erleben kann." Nur während den 800 Metern, da hat sie gar nichts mehr wahrgenommen.
"Ich habe nur immer gedacht und gerechnet, wen ich alles hinter mir lassen musste und wen ich überholen musste." Was sie am meisten beeindruckt hat?
Sonja Kesselschläger beeindruckte sich selbst
Sie zögert kurz, dann sagt sie: "Meine eigene Leistung." Und ergänzt sofort: "Aber das soll nicht eingebildet klingen." Darüber musste sich die 1,77 Meter große Mehrkämpferin nun wirklich keine Sorgen machen.
Ihre Saison ist nun beendet. Sie ist noch ein paar Tage in Athen, dann folgt eine Woche Urlaub, "und dann werde ich mit meinem Freund unsere Wohnung renovieren".
Die Dritte im Bunde, Karin Ertl, platzierte sich auf Rang 17 mit 6.095 Punkten und ärgerte sich ein wenig, weil sie durchaus hätte weiter vorne landen können. "Wenn meine Sprünge besser gewesen wären, hätte ich mir noch mehr zugetraut", sagte die Hallen-Europameisterin von 2000.
Karin Ertl macht weiter
Davon abgesehen war es auch für sie ein toller Wettkampf in motivierender Atmosphäre. "Wenn nur der Weitsprung und der Hochsprung besser geklappt hätte. Aber den Hochsprung konnte ich kaum trainieren, weil ich Fußprobleme hatte und im Weitsprung musste ich einen Sicherheitsprung hinlegen, der war dann eben nur bei 6,03 Meter."
Die nächsten Tage will sie "erst mal realisieren, was da überhaupt abgegangen ist." Dann macht Urlaub und dann anschließend es in die Vorbereitung in die nächste Saison. "Es geht auf jeden Fall weiter bei mir", sagt die 30-Jährige Bayerin.
Das deutsche Trio machte eine gute Figur beim Olympischen Siebenkampf in Athen. Dabei waren sie froh, dass sie zu dritt waren.
"Wir waren ein gutes Team", darin waren sich die drei einig. Sie haben sich gegenseitig geholfen, sich gegenseitig gefreut und haben gegenseitig miteinander gelitten. "Ich habe sehr profitiert davon, dass die anderen erfahrener sind als ich. Sie haben mir wertvolle Tipps gegeben", sagte Claudia Tonn, die bisher weder bei einer WM noch bei einer EM war. "Ich wurde einfach in einen Kessel geschmissen, vielleicht war das die Generalprobe für Peking 2008." Auf jeden Fall hat sie sich gut geschlagen.
Carolina Klüft führt auf die Ehrenrunde
Als alle 28 Mehrkämpferinnen im Ziel waren, ließ sich nicht nur Carolina Klüft, die überlegen mit 6.952 Punkten gewann, feiern. Aber sie übernahm das Kommando und die Hand der zweitplatzierten Austra Skujyte und holte sich alle Mädchen heran, um die Ehrenrunde zu laufen. Als sie später gefragt wurde, warum sie die Runde nicht allein gelaufen war, sagte sie: "Wir waren zwei Tage zusammen, wir sind Freunde, alle haben das Gleiche gemacht, warum sollen wir da nicht zusammen feiern."
Den deutschen Mädchen gefiel es. Es war ein sehr emotionaler Abend nicht nur für das Trio. Wie der Abend ausging ist nicht überliefert. "Wir haben uns vorgenommen zu feiern, aber wahrscheinlich ist es so, dass wir dann am Abendbrottisch einschlafen", sagte Sonja Kesselschläger schmunzelnd. Eine lange Nacht wurde es in jedem Fall.
Olympische Leichtathletik in Athen auf leichtathletik.de:
Kompakt | News | Ergebnisse | DLV-Team | Gewinnspiel