Thailand - Die deutsche Hilfe war wirksam
In kaum einem Land der Welt hat die Leichtathletik-Entwicklungshilfe Deutschlands so wirkungsvoll gegriffen wie in Thailand. Das heutige Urlaubs-Traumland war von Beginn an, also seit Anfang der 70er Jahre, in ein weitgefächertes deutsches Programm zur Förderung des Sportes in den Ländern Asiens, Afrikas und Latein-Amerikas eingebunden. Heute dominiert Thailand in der Leichtathletik die Süd-Asien-Region.
Anat Ratanapol, heute Armee-Oberst und Veranstaltungs-Direktor im Thai-Leichtathletik-Verband; früher 10,1-Sprinter und mehrfacher Asien-Meister (Foto: Chai)
"Unsere Athleten erfüllen seit etlichen Jahren die in sie gesetzten Erwartungen", sagt Surapong Ariyamongkol, der General-Sekretär des Thailändischen Leichtathletik-Verbandes. Sofort fügt er aber an: "Alles, was unsere Athleten an Erfolgen eingefahren haben, verdanken wir Deutschland." Dabei denkt der hohe Funktionär, von Beruf Polizei-Oberst, weit zurück, in den Beginn der 70er Jahre. Damals hatte die Kultur-Abteilung des Auswärtigen Amtes der Bundesrepublik Deutschland ein greifendes Programm gestartet, das Ausgangspunkt für eine intensive Leichtathletik-Entwicklungshilfe war. Aus zwölf Ländern Asiens waren zunächst 1971 insgesamt 24 Athletinnen und Athleten für drei Monate nach Köln zur Vorbereitung auf die Olympischen Spiele 1972 in München eingeladen worden. Aber in Köln und in Leverkusen gab es nicht nur Training, am Vormittag und am Abend unter der Leitung von Bayer-Trainer Bernd Knut, sondern auch Vorlesungen in Trainingslehre sowie Deutsch-Unterricht. Die Athleten wohnten im Studentendorf in Efferen bei Köln und hatten so die Möglichkeit zu einer Integration in die für sie noch "fremde" Gesellschaft.
Programm 1972 fortgesetzt
Aufgrund des großen Erfolges wurde das Programm im Frühjahr 1972 für vier Monate fortgesetzt. Gleichzeitig gab es vor den Müchener Spielen auch für die Länder Afrikas und Latein-Amerikas ähnliche Projekte in Kiel und West-Berlin. Den dritten Lehrgang für die asiatischen Athleten und ihre Heim-Trainer veranstaltete das Auswärtige Amt in Zusammenarbeit mit der Regierung von Malaysia und dem DLV 1973 für weitere drei Monate in Kuala Lumpur als Vorbereitung für die 1. Asien-Meisterschaften in Manila. Hier holten sich die Teilnehmer der Lehrgänge von 1971 bis 1973 aus inzwischen insgesamt zwanzig asiatischen Ländern nicht weniger als 39 (!) Medaillen, allen voran die Thailänder mit dem dreifachen Sprint-Asien-Meister Anat Ratanapol (heute Armee-Oberst und Veranstaltungsleiter im Thailändischen Verband).
Ratanapol hatte sich bei den Lehrgängen 1971 und 1972 in Köln über 100 Meter bereits auf 10,2 und 10,1 Sekunden verbessert und wurde in Manila mit windbegünstigten 10,0 Sekunden gezeitet. Seine Staffelkameraden waren der bereits erwähnte Surapong Ariyamonkol, sein Zwilligsbruder Supanat Ariyamongkol, heute auch Polizei-Oberst und stellvertretender General-Sekretär des thailändischen Verbandes, sowie Suchart Chairsuvaparb, der später als vielfacher Sprint-Asien-Meister die Nachfolge von Anat Ratanapol antreten sollte, heute als Bankier in Bangkok arbeitet und seinem Verband als Schatzmeister dient.
Seit Beginn der 70er Jahre haben die Thai-Sprinter und -Sprinterinnen inzwischen insgesamt 76 sub-kontinentale Titel gewonnen, bei den Süd-Ost-Asien-Spielen. Bei den Asien-Spielen und Asien-Meisterschaften konnten die Thai seit 1970 insgesamt 23 kontinentale Titel erobern!
Schnelle Sprintstaffel
Die letzten beiden gewannen die Männer in der 4x100-Meter-Staffel bei den Asien-Meisterschaften 2002 in Colombo / Sri Lanka und den Asien-Spielen 2002 in Busan / Korea, den letzteren bei ihrem Sieg über Japan in 38,82 Sekunden, was hinter den USA, Großbritannien, der Ukraine und Brasilien, Jamaika, Polen und Süd-Afrika immerhin Platz acht in der Weltrangliste bedeutet.
Im internationalen Regional-Bereich, in Süd-Ost-Asien also, sind die Erfolge der Thai-Athleten von generell erdrückender Bedeutung. Das ist vor allem auch darauf zurückzuführen, dass die Ariyamongkol-Zwillinge fast jährlich Wettkampfreisen für ihre Athleten nach Deutschland veranstalteten. Mit der so gewonnenen Wettkampferfahrung beherrschten die Thai bald die Szene bei den Süd-Ost-Asien-Spielen nicht nur im Sprint sondern auch in anderen Bereichen.
Die jüngsten Weltklasse-Leistungen von 16,66 Meter im Dreisprung der Männer durch Nomkanha Nattaporn, die 12,83 Sekunden von Trecia Roberts im Hürdenlauf der Frauen oder die 18,24 Meter im Kugelstoß der Frauen durch die nach Thailand eingeheirate Chinesin Juttaporn Krasaeyan sprechen für sich.
Hoffnungen im Laufbereich
"In Kürze", meint Surapong Ariyamongkol, der vor Übernahme der Verwaltungs-Position im Verband schon Cheftrainer für die Thai-Männer-Nationalmannschaft war, wie sein Zwillingsbruder Supanat Cheftrainer für die Frauen, "in Kürze werden wir wohl auch im Laufbereich gute Leistungen aufzeigen."
Er verweist insbesondere auf die Arbeit des deutschen Lauf-Spezialisten Günter Lange, der in seiner vierjährigen Lehrtätigkeit in Thailand auch hundert Fachtrainer für den Bereich Lauf ausbildete (wir berichteten bereits). Inzwischen organisiert man sogar Höhentrainingslager in Nord-Thailand und hofft, in zwei bis drei Jahren auch über die Mittel- und Langstrecken Früchte ernten zu können.
Rolf von der Laage