Thomas Röhler: "Mein Fokus bleibt die U23-EM"
Thomas Röhler (LC Jena) machte es spannend. Erst im letzten Versuch schob sich der Speerwerfer, der als WM-Norm-Erfüller als Favorit angereist war, an die Spitze des Feldes bei der U23-DM in Göttingen. Im Interview spricht der 21-Jährige über Vorbilder, die plötzlich Gegner sind, seine Vergangenheit als Dreispringer und wie sehr ihn das Hochwasser in Jena beeinträchtigt hat.

Thomas Röhler:
Bin ich auch eigentlich nicht, stimmt. Aber in Göttingen musste das sein. Mein Trainingskollege Bernhard Seifert hat mich ganz schön unter Zugzwang gesetzt.
81,51 Meter hatte er vorgelegt. Hat Sie das nervös gemacht?
Thomas Röhler:
Ziemlich, ja. Es war schon beim Einlaufen komisch für mich, weil alle plötzlich etwas von mir wollten. Seitdem ich die WM-Norm habe, ist das so. Das hat Bernhard ja auch mitbekommen und ich wusste, er hatte eine Woche vorher keinen Wettkampf mehr gemacht, während ich im Flieger nach Oslo saß, und war Feuer und Flamme, einen rauszuhauen. Das hat er dann ja auch richtig stark gemacht.
Der Grund, warum Sie im Flieger saßen, war aber auch ein schöner: Ihr erster Auftritt in der Diamond League. Wie war das?
Thomas Röhler:
Großartig. Das werde ich nicht vergessen. Bei einem Diamond League Meeting zu werfen, das ist eine Atmosphäre, die ich so noch nicht kannte. Und für mich waren gerade die ersten drei Versuche ein super Psycho-Training. Ich war so nervös. Ich musste mich richtig reinarbeiten in den Wettkampf. Aber ich habe gemerkt, ich kann auch dann gut werfen. Das gibt mir einen enormen Schub.
Jetzt stehen Sie plötzlich regelmäßig im Wettbewerb mit Werfern wie Tero Pitkämäki oder Andreas Thorkildsen. Haben Sie da Respekt?
Thomas Röhler:
Sicher, das ist schon erstmal komisch. Ich meine, das sind Athleten von denen ich mir sonst Videos auf Youtube angeschaut habe, um mir etwas abzugucken. Jetzt sind das meine Gegner. Aber inzwischen reden wir auch zusammen und die sind alle wirklich nett zu mir, auch wenn ich als junger Athlet den ein oder anderen von ihnen jetzt schon weggehauen habe.
Und das, obwohl Sie die letzten drei Wochen unter erschwerten Bedingungen trainieren mussten. Das Hochwasser hat das Stadion des LC Jena komplett überrollt. Wie hat Sie das beeinträchtigt?
Thomas Röhler:
Zum Speerwerfen mussten wir nach Erfurt fahren, das sind 60 Kilometer von Jena. Da überlegt man schon, ob man die Zeit wirklich aufwenden will, oder ob Regeneration nicht sinnvoller ist. Manche Einheit haben wir dann auch mit Bällen gemacht, die waren ja noch da. Ansonsten können wir gerade nur mit unseren Wettkampfspeeren werfen, die hatten Bernhard und ich zum Glück zu Hause. Alle anderen Geräte sind völlig unbrauchbar. Aber inzwischen geht es wieder. In der Laufhalle konnten wir am Montag schon wieder trainieren und auch in die Wurfhalle kommt man inzwischen wieder trockenen Fußes. Ich glaube, wir haben die Zeit ganz gut überbrückt und unsere Form hat nicht gelitten, aber man weiß ja nie, was wäre gewesen, wenn…
Sie reden in der „Wir-Form“. Damit meinen Sie sicher Ihren Trainingskollegen Bernhard Seifert. Ist es gut, den größten Konkurrenten in der U23-Klasse jeden Tag vor der Nase zu haben?
Thomas Röhler:
Etwas Besseres konnte mir nicht passieren. Wir profitieren beide voneinander, denn wir können uns jeden Tag im Training vergleichen. Das ist Druck, klar, aber positiver.
Dabei wären Sie ja fast gar kein Speerwerfer geworden…
Thomas Röhler:
Stimmt, ich werfe eigentlich erst seit 3 ½ Jahren Speer. Davor war ich Dreispringer und habe ab und an auf Landesmeisterschaften geworfen, aber nie dafür trainiert. Speerwurf war eher so ein Spaßding nebenbei. Aber das hat mir schon immer Spaß gemacht. Vor vier Jahren wurde ich Achter bei Deutschen Jugend-Meisterschaften, aber schon da war klar, dass unsere damalige Sprungtrainerin den Verein verlassen würde. Da kam dann der Wurftrainer auf mich zu und meinte, ich habe ganz gute Anlagen und ob ich die nicht ausbauen könnte.
Und jetzt ist Dreisprung noch ein Spaßding nebenbei?
Thomas Röhler:
Das hätten manche wohl gerne, so zur Belustigung, aber nein. Ich konzentriere mich jetzt ganz auf das Speerwerfen und mir fehlt der Dreisprung auch nicht. Ich habe also alles richtig gemacht
Schließlich sind Sie da auch ziemlich erfolgreich. Die WM-Norm haben Sie bereits, vertreten am kommenden Wochenende den DLV bei der Team-EM in Gateshead. Müssen Sie sich manchmal kneifen, dass das jetzt doch so schnell ging?
Thomas Röhler:
Als ich am Anfang des Jahres die Norm gesehen hab, habe ich das Thema WM für mich gedanklich schon abgehakt. Aber dann lief alles erstaunlich rund im Training und dann kamen auch die ersten guten Weiten im Wettkampf. Und jetzt habe ich die Norm ja auch ziemlich sicher überboten, das fühlt sich schon gut an. Aber mein Fokus bleibt trotzdem auf der U23-EM.
Mit welchem Ziel im Hinterkopf gehen Sie in die Vorbereitung für diese Meisterschaft?
Thomas Röhler:
Ich will unter die Top fünf. Es gibt neben mir noch vier weitere junge Athleten in Europa, die diese Weiten werfen können, das wird ganz eng.