Till Wöschler hat Olympia im Visier
U20-Weltmeister, deutscher Jugendrekordler, „Rising Star“ des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF – das Jahr 2010 war ein ganz besonderes für Speerwerfer Till Wöschler. Von den Leichtathletik-Fans wurde der 19-Jährige nun noch zum „Nachwuchs-Leichtathleten des Jahres“ gewählt.
Es ist der Abend des 23. Juli 2010, als Till Wöschler zu jenem Wurf anläuft, der sein junges Sportlerleben entscheidend verändern soll. 80 Meter hat der 19-Jährige angepeilt, U20-Weltmeister will er werden. Was dann aber an diesem Freitag im kanadischen Moncton passiert, lässt die Speerwurfwelt aufhorchen. Technisch sauber und kraftvoll katapultiert der junge Athlet sein Arbeitsgerät in den Abendhimmel. Der Speer fliegt und fliegt - und landet erst nach unglaublichen 82,52 Metern wieder.Eine Weite, mit der sich Till Wöschler nicht nur das ersehnte Gold sichert, sondern auch den deutschen Jugendrekord des Saarbrückers Matthias de Zordo (78,67 m) pulverisiert. Und sogar dem Jugend-Weltrekord von Norwegens Olympiasieger, Weltmeister und Europameister Andreas Thorkildsen (83,87 m) ist er plötzlich ganz nah. Nur drei Jugendliche haben bislang weltweit jemals weiter geworfen als der Athlet vom LAZ Zweibrücken an diesem Abend.
Plötzlich mitten unter „den Großen“
Von einem Moment auf den anderen ist Till Wöschler ein gefragter Mann. „Es ist ein ungewohntes Gefühl, plötzlich auf der Straße erkannt zu werden“, erzählt Till Wöschler ein halbes Jahr nach seinem Titelgewinn. Neue Sponsoren habe der Erfolg ebenso gebracht, wie die Startgenehmigung für bedeutende Meetings.
Beim Diamond League-Meeting in Brüssel (Belgien) im August ist er auf einmal mittendrin zwischen den Weltklasseathleten, deren Techniken er noch kurz zuvor per Video studiert hat. Und auch die Fachwelt ist auf das Talent aufmerksam geworden.
Im Rahmen der Ehrung der Welt-Leichtathleten 2010 in Monte Carlo wurde Till Wöschler als „Rising Star“ ausgezeichnet, jetzt freut er sich über den nationalen Titel „Jugend-Leichtathlet des Jahres“. „Es ist ein schönes Gefühl, wenn die eigene Leistung honoriert wird“, ist der Speerwerfer glücklich über den Zuspruch der Leser von leichathletik, der User von leichtathletik.de und der „Freunde der Leichtathletik“.
Volle Konzentration auf den Sport
Was aber steckt hinter dem Erfolg des jungen Mannes, der sich binnen eines Jahres um fast acht Meter gesteigert hat? Seitdem der 19-Jährige im Frühjahr 2010 seine Abiturprüfung erfolgreich absolviert hat, gilt die gesamte Aufmerksamkeit dem Sport.
„Ich hätte nicht gedacht, dass die Belastung durch die Prüfungen so einen Einfluss auf mich hat“, erzählt Till Wöschler. „Aber als es vorbei war und der ganze Druck von mir gefallen ist, lief alles fast wie von selbst.“ Die verbesserten Rahmenbedingungen sowie die intensive Arbeit mit Trainer Matthias Brockelt ließen den Athleten technisch besser werden.
Der Silbermedaillengewinner der U20-EM 2009 ist gereift und bereit, alles dafür zu tun, um noch besser zu werden. Sogar auf seine zweite große Leidenschaft, das Handballspielen, verzichtet er inzwischen. „Das Verletzungsrisiko ist einfach zu groß“, sagt der junge Mann, der 2010 neun seiner zehn besten Weiten erzielte und souverän Deutscher Jugendmeister wurde.
Vernichtendes Urteil
Dabei sah es vor einigen Jahren noch nicht so aus, dass der Speerwurf seine große Stärke werden sollte. Ausgerechnet der ehemalige Weltklassewerfer und heutige Bundestrainer Boris Henry attestierte Till Wöschler 2003 nach einem Schnuppertraining im heimischen Zweibrücken: „Mit Dir wird das nie was.“ Doch der damals Zwölfjährige ließ sich nicht entmutigen. Im Gegenteil. Sein Ehrgeiz war geweckt.
Und der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: Noch im selben Jahr warf Till Wöschler einen Pfalzrekord in seiner Altersklasse. Der Anfang einer Karriere, die mit dem Triumph von Moncton ihren vorläufigen Höhepunkt gefunden hat. Und auch Boris Henry hat seine Meinung über den U20-Weltmeister inzwischen revidiert: „Till lebt von seinen technischen Fähigkeiten und wenn er weiter gesund bleibt, setze ich große Hoffnungen in ihn.“
Längst nicht ausgereizt
Erwartungen, denen der 19-Jährige nur zu gerne gerecht werden will. Als Mitglied der Sportfördergruppe der Bundeswehr soll es 2011 für ihn weiter voran gehen. „Ich weiß nicht, was noch in mir steckt, aber mein Potenzial ist definitiv noch nicht ausgereizt“, blickt der junge Athlet optimistisch nach vorne. „Zunächst möchte ich konstante Weiten um die 80 Meter anbieten. Das ist mir wichtiger als ein Ausreißer nach oben.“
Sogar einen Start bei der WM im südkoreanischen Daegu Ende August hält Till Wöschler für möglich: „Das wäre ein Riesending, wenn ich in Südkorea dabei sein würde. Aber wenn es nicht klappt, habe ich mit der U23-EM ein weiteres Saisonziel vor Augen.“
Doch schon jetzt lenkt der junge Speerwerfer seinen Blick über 2011 hinaus: „Ich will bei den Olympischen Spielen 2012 antreten“, spricht der 19-Jährige seinen großen Traum aus. Es klingt jedoch weniger wie ein Wunsch, eher wie eine Feststellung. Und wenn seine sportliche Entwicklung weiter so positiv verläuft wie bisher, wäre die Teilnahme in London nur die logische Konsequenz. Vielleicht gelingt Till Wöschler dort wieder so ein Wurf, der die Leichtathletik-Welt in Atem hält.
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