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Till Wöschler will's noch mal wissen

Till Wöschler will es nach fünf Jahren in Folge mit Verletzungen noch einmal wissen. Nach einer Operation am mehrfach lädierten Ellenbogen peilt der Speerwerfer die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro an. Am Montag steigt der 24-Jährige beim Internationalen Pfingstsportfest in Rehlingen in die Saison ein.
Thorsten Eisenhofer

Till Wöschler (TSV Bayer Leverkusen) hat sich im vergangenen Jahr so seine Gedanken gemacht. Er hatte ja viel Zeit. Seine Saison war ja nach einem erneuten Teilabriss der Sehne im Ellenbogen früh beendet. Ende Mai bereits. Der 24-Jährige, der letztmals 2010 eine Saison bis zum Ende absolvieren konnte, hat sich also gefragt, ob Leistungssport noch Sinn mache. Schließlich hatte er sich zum vierten Mal in den vergangenen fünf Jahren am Ellenbogen verletzt – hinzu kam 2013 eine Adduktorenzerrung.

Wöschler hat das Für und Wider des Leistungssports abgewogen, sich an die vielen tollen Momente seiner Karriere erinnert (U20-Weltmeister 2010, U23-Europameister 2011), sich auf sein großes Ziel Olympia besonnen – und sich für eine Operation am Ellenbogen als letztes Mittel, als letzte Hoffnung entschieden.

"Ich weiß, was ich kann"

Man muss im Spitzensport vermutlich lange suchen, um einen Athleten mit einem ähnlichen Verletzungspech zu finden wie den Leverkusener. Wöschler sagt: „Einmal kann so etwas passieren. Zweimal ist doof. Dreimal ist Pech. Aber viermal: Das ist kein Zufall.“ Man merkt, er hadert. Mit seinem Pech. Mit seinem Körper, der vielleicht nicht für die Belastungen des Leistungssports geschaffen ist.

Aber Wöschler weiß eben auch, dass er im Alter von 20 Jahren schon 84,38 Meter geworfen hat, dass er eigentlich ein Weltklasseathlet ist – wenn auch einer im permanenten Krankenstand. „Wenn ich mit Ach und Krach 80 Meter werfen würde, würde ich den Aufwand nicht mehr betreiben. Aber ich weiß, was ich kann. Deshalb will ich noch einmal alles versuchen“, sagt der gebürtige Zweibrücker, der seit vergangenem Jahr für Leverkusen startet.

Comeback in Rehlingen

Also hat sich Wöschler, das Stehauf-Männchen, zum x-ten Mal wieder herangekämpft. Er hat sich einen Plan für diese Saison gemacht – und hofft, dass dieser Plan irgendwie aufgeht. Am Montag (16. Mai) startet er in Rehlingen, eine knappe Woche später dann bei den Hallesche Werfertagen (21./22. Mai). Wie es danach wettkampfmäßig weitergeht, ist noch nicht ganz klar.

Was jedoch klar ist: Alles ist auf die <link>Deutschen Meisterschaften Mitte Juni in Kassel (18./19. Juni) ausgerichtet, den mutmaßlich entscheidenden Wettkampf um die Startplätze für die EM in Amsterdam (Niederlande; 6. bis 10. Juli) und Olympia in Rio (Brasilien; 12. bis 21. August). Die Konkurrenz ist stark. Aber Wöschler glaubt an seine Stärke und findet zudem: „Nach dem vielen Pech in den letzten Jahren habe ich auch mal ein bisschen Glück verdient.“

Wettkampf-Praxis und Trainingswürfe fehlen

Das wird vielleicht von Nöten sein. Wöschler sagt zwar, er habe in den vergangenen Jahren, und auch in diesem Jahr, immer bessere Werte gehabt als 2011, als er schon fast 85 Meter warf. Er weiß aber auch, dass ihm die Wettkampf-Praxis fehlt. Er weiß, dass ihm Tausende Trainingswürfe aus den vergangenen Jahren fehlen. Und er weiß, dass er einen verletzungsanfälligen Körper hat.

Trotz allem will er „für eine Überraschung sorgen“. Auch wenn Wöschler dafür, so vermutet er, mindestens 85 Meter weit werfen muss. Sein Ansporn ist dabei der Traum von Olympia. „An Rio denke ich schon seit 2010“, sagt Wöschler. Fänden die nächsten Olympischen Spiele erst in zwei oder drei Jahren statt, hätte er seine Karriere vermutlich schon beendet.

"Comeback-Vorbild": Andreas Hofmann

Wohl spätestens nach dem vergangenen Jahr, als er sich bei den nordrhein-westfälischen Meisterschaften mit 80,41 Metern, dem ersten „80er“ seit vier Jahren, zurückgemeldet hatte – und sich dabei erneut verletzte. „Immer wenn es in den vergangenen Jahren um die Lorbeeren ging, habe ich einen Dämpfer bekommen. Keinen kleinen, sondern einen richtig großen“, sagt Wöschler. Das soll nun dieses Jahr nicht passieren. Dafür hat er sich operieren, eine Achillessehne eines Toten in den Ellenbogen einsetzten lassen. Diese ersetzt die quasi nicht mehr vorhandenen Bänder.

Sein „Comeback-Vorbild“ ist übrigens ausgerechnet einer jener Rivalen um die Startplätze für Amsterdam und Rio: Andreas Hofmann (MTG Mannheim), gleicher Jahrgang, WM-Sechster im vergangenen Jahr. Hofmann plagte sich nach seinem Titelgewinn bei der U20-EM 2009 vier Jahre mit diversen Verletzungen herum. „Andreas war eigentlich schon von der Bildfläche verschwunden“, sagt Wöschler. Nun will er es dem Mannheimer nachtun und auf die große Bühne zurückkehren.

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