Tobias Sauter hungert fürs Comeback
Sein kometenhafter Aufstieg in die deutsche Marathonelite war bemerkenswert. 2009 wurde Tobias Sauter mit der WM-Nominierung belohnt. Doch dann verschwand er langsam aus dem Club der schnellen Läufer. Dahinter steckt eine Misere voller Rückschläge, Verletzungen und Frusterlebnisse. Jetzt will er seinen Körper wieder in Form bringen und dafür 15 Kilo abnehmen.
80,8 Kilogramm zeigte seine Waage am 1. Oktober. Damit lag der 30-Jährige weit über seinem einstigen Wettkampfgewicht von 62 Kilogramm, die sich auf 1,81 Meter verteilten. Das weckte den Ehrgeiz: Tobias Sauter will es noch einmal wissen. Er hat dem Schweinehund den Kampf angesagt.15 Kilogramm sollen runter - in neunzig Tagen. Und laufen will der Leonberger auch wieder. Für das nächste Frühjahr hat er den Marathon in Hamburg im Hinterkopf. Dort würde er gerne sein Comeback geben und zwar nur für sich.
Wenn ihm das gelingt, hat er sich allen Respekt verdient - egal, mit welchem Gewicht er ins Rennen geht und egal, mit welcher Zeit er ankommt. Und wenn es sein letzter Marathon sein sollte, dann wäre das für ihn auch völlig in Ordnung.
2009 im siebten Läuferhimmel
Vor vier Jahren schwebte er noch in ganz anderen Sphären. Am 4. Mai 2009 wähnte er sich sogar im siebten Läuferhimmel. Seine persönliche Bestleistung von 2:17:27 Stunden war er da gerade beim Marathon in Düsseldorf gelaufen. Diese Zeit hatte ihm das Tor zur WM in Berlin geöffnet, als Norm musste er schneller als 2:18 Stunden sein. Er blieb deutlich drunter, ein Riesengefühl! Er hatte es tatsächlich vom Hobbyläufer zum WM-Teilnehmer geschafft.
Doch noch vor dem heiß ersehnten Auftritt an der Spree ereilte ihn das Verletzungspech. Rückblickend war es der Anfang einer unfassbaren Misere. Bei einem Volkslauf trat er drei Wochen vor der Weltmeisterschaft in ein Schlagloch. Die bittere Erkenntnis war sofort da. Den Traum der WM wollte er sich aber auf keinen Fall nehmen lassen. Er biss auf die Zähne, für die WM! "Was für ein Gefühl, aber auch was für Schmerzen", erinnert er sich an sein größtes Rennen, "es ging mir dreckig, aber niemals kam Aufgeben in Frage."
Völlig aufgelöst in Berlin
Nach 2:35:43 Stunden war er im Ziel. Völlig aufgelöst von der Tortour. "Ich bin nie weiter an meine Grenzen gekommen", weiß Tobias Sauter. Danach bekam er die medizinische Diagnose: Abriss der Semimembranosus-Sehne sowie ein Bandscheibenvorfall.
Er kämpfte sich zurück. 2010 war er bei der EM im heißen Barcelona (Spanien) wieder international am Start. Gelaufen wurde gegen Mittag. Nach 30 Kilometern das Ende für Tobias Sauter: Der Verbandsarzt nahm ihn kurz vor dem Kollaps aus dem Rennen.
Mit dem anschließenden Verlust der Kaderzugehörigkeit kamen Frust und Enttäuschung zusammen. "Ich denke, an dieser Stelle ging einiges kaputt." Trotz dieses Tiefs bereitete er sich auf den Frankfurt-Marathon vor.
"Trainiert wie ein Blöder, mit richtig guter Qualität. Aber irgendwas hat gefehlt. Ich hatte aufgehört an mich zu glauben. Ich hatte Zweifel, jeden Tag mehr", erinnert sich Tobias Sauter. Wie sollte es anders sein? Das Rennen am Main wurde zur "Katastrophe". Zur Hälfte gab er auf.
Ein gebrochener Athlet
Der tiefe Fall war perfekt: Tobias Sauter war er ein gebrochener Athlet. Immer wieder verletzte er sich danach. Es fehlten auch noch Antrieb und Leidenschaft. 2012 bei den Deutschen Meisterschaften in München versuchte er es noch einmal, doch jetzt spielte ihm die Plantarsehne einen Streich. Was blieb, waren Wut und die Frage nach dem Sinn.
Im vergangenen Frühjahr fing Tobias Sauter wieder an zu joggen, aber die nächste Verletzung kam, diesmal ein Muskelfaserriss. "Ich hatte schon ein paar Kilo zuviel, das Bewusstsein für eine gesunde Ernährung ging völlig verloren", bekennt Tobias Sauter. Danach noch mehr.
Dann Anfang Oktober der Weg zur Waage. 80,8 Kilo zeigte sie erbarmungslos. Es war ein Wachrüttler für Tobias Sauter. "Willst du so aufhören mit dem Sport, der dir so viel gegeben hat? Wo ist dein Kampfgeist?", fragte er sich selbst. Die Frage war in dem Moment rhetorischer Natur.
Hamburg im Hinterkopf
Die Ziele definierten sich wie von selbst. Tobias Sauter will nun in 90 Tagen auf 65 Kilogramm und nahe an sein eigentliches Wettkampfgewicht kommen, diesen Weg geht er auf Facebook mit einer extra für diese Herausforderung eingerichteten Fanpage öffentlich.
Am 4. Mai 2014 würde er dann gerne beim Hamburg-Marathon wieder austrainiert und mit Freude am Start stehen. Das ist es, was er im Hinterkopf hat. Das ist es, was ihn gerade antreibt: "Ich will es mir und nur mir noch einmal beweisen, und ja, ich glaube daran, dass ich es schaffe!“