Tobias Unger kann noch schneller
Anfang Juni rüttelte Tobias Unger die deutsche Sprintszene wach. In Oberkirch spulte der Athlet von dem LAZ Salamander Kornwestheim-Ludwigsburg die 200 Meter in 20,41 Sekunden herunter, so schnell war kein DLV-Sprinter seit 1985 mehr gelaufen. Der deutsche Rekord von Frank Emmelmann stammt aus dieser Zeit und Tobias Unger wird vielleicht bald die 20,23 Sekunden angreifen. Spätestens bei den Welttitelkämpfen in Paris will er seine Zeit weiter drücken. Dirk Gantenberg plauderte für leichtathletik.de mit einem lockeren Tobias Unger über sich und seine Pläne.
Tobias Unger zeigte bereits seine neue Qualität (Foto: Gantenberg)
leichtathletik.deHerr Unger, Sie haben bei den baden-württembergischen Meisterschaften in Oberkirch mit hervorragenden Zeiten auf sich aufmerksam gemacht, vor allem über 200 Meter (20,41 sec). Hatten Sie damit gerechnet aufgrund der guten Hallensaison?
Tobias Unger
Ich habe mich ganz gut gefühlt und wir wollten relativ schnell probieren, die "Quali" zu laufen. Die Bedingungen in Oberkirch waren toll und eine Zeit zwischen 20,55 - 20,60 Sekunden habe ich mir zugetraut. Bei dem Lauf hat dann alles gepasst, technisch gesehen. Die Beschleunigung war gut und ich denke, dass ich es noch einmal laufen kann.
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Auch noch schneller?
Tobias Unger
Ja, vielleicht eine 30er Zeit, aber das lassen wir auf uns zukommen. Mir wäre es am liebsten, die Zeit in Paris zu laufen.
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Ist damit sogar das Halbfinale über 200 Meter Pflicht?
Tobias Unger
Also das Halbfinale wäre schon super für mich. Ich will wirklich in Paris eine gute Form haben, um mich auch als DLV-Mitglied gut präsentieren zu können. Wir werden uns nach den Deutschen Meisterschaften in Ulm vier Wochen gezielt vorbereiten und nur wenige Meetings machen.
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Marc Blume dominiert seit Jahren den deutschen Sprint. Zählen Sie sich zu der Generation, die ihn bald ablösen wird?
Tobias Unger
Es kommen ja viele nach, wie etwa Marius Broening bei uns. Lassen wir uns überraschen. Jünger wird der Marc nicht mehr - über 100 Meter können wir ihn schon ein bisschen "ärgern und kitzeln." Ziel für uns alle ist es jedoch uns gegenseitig zu motivieren. Das gelingt uns ganz gut. Wir wollen eine gute 4x100-Meter-Staffel in Paris laufen.
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Wie erklären Sie sich den Leistungssprung in diesem Jahr?
Tobias Unger
Mein Trainer, Micky Corucle, kommt aus Rumänien und wir arbeiten, nicht böse gemeint, nach der "Ostblockmethode", wo man wirklich knüppelhart durchzieht. Im Winter haben wir hauptsächlich Tempoläufe gemacht, beim Krafttraining sparen wir eigentlich recht viel, weil ich da leicht Probleme bekomme, vom Knie her. Aber wir machen qualitativ hochwertige Übungen, weniger quantitativ. Von der Menge schaffe ich das grad noch nicht, weil ich meine Ausbildung bei der Sparkasse fertig machen muss, die mich da bei allem toll unterstützt.
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Mit den 200 Metern scheinen Sie noch besser klar zu kommen als auf der kurzen Sprintdistanz. Sind Sie ein guter Kurvenläufer?
Tobias Unger
Ich schaffe es aus der Kurve den Schwung mitzunehmen und dann auch recht lange zu halten. Ich werde hinten heraus nicht müde. Da hat sich das Wintertraining schon ausgezahlt. Daraus versuchen wir jetzt Kapital zu schlagen.
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Bei der 200-Meter-Europacup-Ausscheidung in Gretesch waren Sie nicht am Start. Weshalb mussten Sie absagen?
Tobias Unger
Ich habe am Tag vorher mittags und abends in Kirchheim in der Sonne trainiert. Später wurde mir schlecht, ich bekam Schüttelfrost und musste leider absagen. Man unterschätzt das doch immer ein wenig. Die zwei Tage in Oberkirch waren schon sehr anstrengend und dann richte ich mir gerade zu Hause ein Kraftstudio ein. Die gelieferten Teile musste ich dann in der Sonne, vor der Garage "zusammenflicken." In dem extra angelegten Kraftraum kann ich mich jetzt ein- bis zweimal in der Woche zum "Training zwingen", ohne weit fahren zu müssen.
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Langfristig denken Sie sicherlich auch schon an die Olympischen Spiele 2004 in Athen?
Tobias Unger
Ja, wir sind jetzt auf dem richtigen Weg dahin und bauen alles in Hinsicht auf Athen auf. Als weißer Sprinter wollte ich immer schon zu den Olympischen Spielen. Mal aktiv teilnehmen wäre schon klasse, vielleicht sogar 2012 in Leipzig, als Sprinter oder als Trainer.
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Vielen Dank für das Gespräch, Herr Unger.