Tobias Unger - Mit Volldampf ins Schwarze
Schwabenpfeil Tobias Unger vom LAZ Salamander Kornwestheim/Ludwigsburg traf bei seinem späten Saisoneinstieg in Regensburg am vergangenen Sonntag auf Anhieb ins Schwarze. Mit seiner schnellen 100-Meter-Zeit von 10,17 Sekunden wischte er alle Zweifel ob möglicher Verletzungen vom Tisch und kann schon mal seine Koffer packen. Jetzt geht es zum Europacup nach Annecy (Frankreich; 21./22. Juni) und im August dann wohl zu den Olympischen Spielen nach Peking (China), auch wenn er die zweite Olympianorm noch nachreichen muss.
Nach Tobias Ungers Absagen seiner in Weinheim und Berlin geplanten Starts, kamen einige Zweifel hinsichtlich seiner Gesundheit auf, doch „ich wollte einfach fit sein und nicht wieder mit 90 Prozent in die Saison starten, so wie letztes Jahr oder im Winter, wo es dann immer heißt: Was ist denn mit Unger los?“ Dass es dann gleich 10,17 Sekunden werden, hatte der Schwabe nicht gedacht: „Ich wäre auch mit 10,25 Sekunden zufrieden gewesen.“Nach diesem ersten Rennen nach Maß herrscht eine große Erleichterung beim schnellsten deutschen Sprinter: „Jetzt weiß ich, was ich drauf habe und dass ich das auch noch mal wiederholen kann. Ich denke jetzt nur noch von Lauf zu Lauf und nicht mehr an die Zeit.“ Dass noch einiges möglich ist, sei realistisch, denn „die Form ist noch nicht voll da, aber ich laufe jetzt lieber dreimal 10,17 Sekunden und dann ein schnelles Halbfinale in Peking.“
Fit für europäische Konkurrenz
Nächster Zwischenstopp für Tobias Unger ist der Europacup in Annecy, wo er beweisen kann, ob er auch kontinental gesehen konkurrenzfähig ist. „In Annecy laufe ich gegen die besten Europäer und werde mich nicht schnell geschlagen geben. Die Engländer haben starke Leute da und die Franzosen sicher auch wieder“, beschreibt der Sprinter seine Konkurrenz.
Auch über seine Paradedisziplin, die 200 Meter, ist sich Tobias Unger seiner Qualität durchaus bewusst, doch „ich bin wirklich erst seit ein paar Tagen wieder fit und schmerzfrei, das vergisst man schnell, wenn alles so gut läuft. Deswegen ist es sinnvoll, wenn mein Trainer mal den Riegel vorschiebt und die Vernunft siegen lässt.“
200 Meter in Peking?
Ganz abhaken will der Hallen-Europameister von 2005 diese Strecke aber nicht. „Die Norm über 200 Meter ist an sich einfacher zu laufen. Eine 20,45 Sekunden sollte eigentlich mit 10,17 Sekunden über 100 Meter möglich sein.“ Er werde die Norm folglich auf jeden Fall anpeilen, wenn sein Trainer das zulässt: „Die 200 Meter muss man noch dosieren, aber zwei, drei Rennen möchte ich schon machen, vielleicht auch bei den Deutschen Meisterschaften.“
Der Fokus liegt aber gesundheitsbedingt vorerst auf den 100 Metern und da schätzt sich der Schwabe auch sehr stark ein: „10,17 Sekunden, so schnell war ich noch nie. Meine Bestzeit, die ich vor drei Jahren gelaufen bin, liegt bei 10,16 Sekunden, wobei ich da einen Meter Rückenwind hatte. Jetzt bin ich im Vorlauf und ohne Wind 10,17 Sekunden gelaufen. Dass das kein Ausrutscher war, werde ich dann bei den nächsten Rennen zeigen.“
Hohes Potenzial in der Staffel
Auch die deutsche 4x100-Meter-Staffel dürfe man nicht unterschätzen: „Läuferisch sind wir super, sonst wären wir keine 38,70 Sekunden gelaufen, aber wir müssen auf jeden Fall noch besser wechseln.“ Das Potenzial der Staffel betont Tobias Unger jedoch: „Ich habe 10,17 Sekunden stehen, Aleixo-Platini Menga ist 10,27 Sekunden gelaufen, dann kommen noch die 10,29 Sekunden von Martin Keller, Alexander Kosenkow läuft 10,30 Sekunden und Marius Bröning ist noch verletzt, aber er war im Training auch schon in meinem Bereich, der kann richtig schnell laufen.“
Die Ziele sind auch hier ganz klar gesteckt: „Wenn wir läuferisch so stark sind und gut wechseln, dann müssen wir Richtung deutscher Rekord laufen. Ich gehe immer optimistisch ran, wenn wir es dann nicht schaffen, haben wir es auf jeden Fall versucht. Das ewige Verstecken bringt ja nichts.“
Ohne Druck die Fußball-EM verfolgen
Verstecken muss sich der Schwabe nicht, aber doch hat es einen großen Vorteil, dass er die Norm zu solch einem frühen Zeitpunkt erbracht hat. Jetzt kann er sich ohne schlechtes Gewissen zurückziehen und auch mal die Fußball-Europameisterschaft in Österreich und der Schweiz verfolgen. So fern sind die Ziele des Sprinters und der Fußballer nicht, denn beide wollen im diesem Sommer für Deutschland alles geben und ein weiteres Sommermärchen hervorrufen, die einen auf dem Grün, der andere auf dem roten Belag.