Tobias Unger packt den deutschen Rekord
Bei den Deutschen Meisterschaften in Bochum-Wattenscheid war der Rekord jetzt fällig. In 20,20 Sekunden verbesserte Tobias Unger vor 16.000 Zuschauern fast mit Ansage die nationale Bestmarke über 200 Meter, die seit 1985 Frank Emmelmann hielt. "Ich bin froh, dass ich diese Zeit jetzt gelaufen bin", sagte der Sprinter des LAZ Salamander Kornwestheim/Ludwigsburg nach dem Lauf erleichtert.
Tobias Unger triumphierte in deutscher Rekordzeit (Foto: Kiefner)
Tobias Unger holte damit ebenso seinen zweiten Titel im Lohrheidestadion wie bei den Frauen Birgit Rockmeier. Die routinierte Dortmunderin war in 11,33 Sekunden am Samstag die 100 Meter schneller denn je gelaufen und legte nun auf den 200 Metern 23,05 Sekunden nach, wurde aber vor allem von dem Youngster Jala Gangnus (LG Nordheide; 23,38 sec) gefordert.Das Herz in die Hand nahm der Pirnaer René Herms über 800 Meter. In seinem dritten Lauf innerhalb von drei Tagen hatte er noch genügend Reserven, um in 1:45,39 Minuten die WM-Norm zu bestätigen und keine Zweifel an seiner nationalen Vormachtstellung aufkommen zu lassen. Im Frauenrennen kam es zu einem eher taktischen Verlauf. Die Lokalmatadorin Monika Gradzki (2:03,51 min) hatte dabei im Vergleich mit der Potsdamerin Kathleen Friedrich (2:03,85 min) auf der Zielgerade das stärkere Finish.
Kurzfristige Startentscheidung von Claudia Marx
Einen interessanten Lauf mit mehreren Führungswechseln auf der letzten Runde gab über 1.500 Meter. Dort setzte sich der Berliner Franek Haschke geschickt in 3:40,39 Minuten durch. Titelverteidiger Wolfram Müller (LAV Asics Tübingen), von Schmerzen gehandicapt, verpasste das Podium als Vierter (3:41,89 min). Im Frauenrennen war für Antje Möldner (4:12,38 min) in Abstinenz ihrer auf die 800 Meter ausgewichenen Vereinskollegin, der Titelverteidigerin Kathleen Friedrich, der Weg frei.
Christian Duma hatte über 400 Meter Hürden schon am Vortag im Vorlauf in 49,44 Sekunden eine tolle Zeit ins Lohrheidestadion gezaubert. Im Finale wurde der Frankfurter dann seiner Favoritenrolle gerecht, konnte aber leistungsmäßig nichts mehr draufpacken (49,69 sec).
Claudia Marx (Team Erfurt) hatte im Hinblick auf das Frauenfinale wegen ihrer Angina erst am frühen Morgen über ihren Start entschieden. Letztlich entwickelte sich dort auf der Zielgerade ein packender Zweikampf mit der Titelverteidigerin Anja Neupert (LG Nike Berlin), das die einstige Flachspezialistin in 56,14 Sekunden um vier Hundertstel für sich entschied. Mitfavoritin Ulrike Urbansky (Team Erfurt) stieg nach der Hälfte der Strecke aus.
Schnelle Siegerländerinnen
Auf der flachen Stadionrunde trat die Potsdamerin Claudia Hoffmann (52,51 sec) die Titelnachfolge von Claudia Marx an. Bei den Männern blieb Simon Kirch in 45,95 Sekunden zum fünften Mal in diesem Sommer unter 46 Sekunden und zeigte damit Konstanz. Im gestrigen Vorlauf war der Saarbrücker in 45,80 Sekunden eine neue persönliche Bestzeit gelaufen. Die 4x400-Meter-Staffelsiege gingen an die LG Eintracht Frankfurt (3:08,04 min) und die LG Nike Berlin (3:37,28 min).
Verena Dreier feierte über die 3.000 Meter Hindernis mit einer Zeit von 10:06,51 Minuten den erwartet überlegenen Erfolg. Es war nach Sabrina Mockenhaupt (5.000 m) der zweite Titel für die LG Sieg. "Vielleicht liegt das an der guten Luft in den Siegerländer Wäldern", scherzte die Europacup-Starterin.
Im Hochsprung der Männer war es überraschend nicht der Leverkusener Roman Fricke, sondern Eike Onnen, der die WM-Norm von 2,30 Metern attackierte. An dieser Höhe scheiterte der erst 22 Jahre alte Hannoveraner zwar, konnte sich nach im zweiten Versuch übersprungenen 2,26 Metern, einer neuen persönlichen Bestleistung, aber über den Meistertitel freuen. Roman Fricke (2,23 m) war als Zweiter nicht in der Lage, sich nachhaltig mit der Bestätigung der Norm für die WM in Helsinki zu empfehlen.
Bianca Kappler macht's im letzten Versuch
Die Hallen-EM-Dritte Bianca Kappler (LC Asics Rehlingen) vereitelte im Weitsprung mit ihrem letzten Sprung der Berlinerin Urszula Gutowicz-Westhof mit 6,49 Metern und einem Zentimeter Vorsprung die erfolgreiche Titelverteidigung. Den Dreisprung der Männer gewann der Vize-Europameister Charles Friedek (TSV Bayer 04 Leverkusen) mit 16,89 Metern.
Eine Überraschung gab es im Stabhochsprung der Frauen. Für Silke Spiegelburg (TV Lengerich) scheinen die nationalen Titelkämpfe ein gutes Pflaster zu sein. Im letzten Jahr holte sie sich das Olympiaticket nach Athen, diesmal reichte es mit 4,40 Metern zum Titel. Die Vorjahressiegerin und potenzielle WM-Starterin Carolin Hingst (USC Mainz) wurde mit 4,35 Metern hinter der höhengleichen Nastja Ryshich (ABC Ludwigshafen) nur Dritte.
Erst der letzte Durchgang entschied im Hammerwerfen über den deutschen Meistertitel. Im drittletzten Wurf der Konkurrenz übertraf der Dortmunder Ex-Weltmeister Karsten Kobs mit 78,13 Metern die Leistung des bis dahin führenden Holger Klose. Der Saarbrücker, der mit 77,39 Metern die angepeilte zweite Normerfüllung für die WM in Helsinki nicht erbringen konnte, donnerte anschließend seinen Hammer in das Netz. Der letzte Versuch gehörte Markus Esser. Der Leverkusener konnte sich aber nicht mehr steigern. Mit 76,66 Metern musste er als Dritter die erste Niederlage gegen Karsten Kobs in diesem Jahr hinnehmen.
Klare Werfer-Sachen
Das Diskuswerfen der Frauen war mit 64,19 Metern eine klare Angelegenheit für die Ex-Weltmeisterin Franka Dietzsch (SC Neubrandenburg). Sie hatte über vier Meter Vorsprung auf Jana Tucholke (LAZ Leipzig).
Ein Versuch genügte der am Rücken angeschlagenen Olympia-Zweiten Steffi Nerius (TSV Bayer 04 Leverkusen) zwei Tage nach ihrem Geburtstag zu einem ähnlich klaren Erfolg. Mit 64,54 Metern gewann sie mit mehr als sieben Metern Vorsprung auf Christina Obergföll (LG Offenburg; 57,00 m). Franka Dietzsch und Steffi Nerius unterstrichen damit ihre internationalen Ansprüche auf deutschem Terrain. Ähnliches galt auch für Kugelstoßer Ralf Bartels (SC Neubrandenburg), der mit 20,67 Metern als einziger die 20 Meter übertraf.
Mehr zu den Meisterschaften auch im Live-Ticker