| Jugend-DM

Tom Meier feuert Rekordflug ab

Auf den Spuren seiner Mutter: Erst seit zwei Jahren Speerwerfer, hat Tom Meier am Freitag bei den Deutschen Jugend-Meisterschaften im Wattenscheider Lohrheide-Stadion mit 76,80 Metern die Deutsche U18-Bestleistung geknackt. Der ehemalige Fussballer wird von seiner Mutter gecoacht, Petra Felke – Weltrekordhalterin mit dem alten Speer.
Pamela Ruprecht

Die Meisterschaften waren noch jung, da verpasste Tom Meier vom LC Jena ihr das erste Highlight. Sein Speer flog richtig gut, von Versuch eins bis sechs. Doch einer gelang ihm besonders. Da hat alles gestimmt wie man so schön sagt. „Ich habe gewusst, dass ich so eine Weite drauf habe“, sagte Meier selbstbewusst. Unerwartet war es dennoch.

Eine Woche vorher hatte Tom Meier nach Verletzungsrückkehr bereits 73,84 Meter geworfen. „Der war technisch nicht Bombe“, und er wusste, dass noch mehr möglich ist. In diese Region kam er auch im ersten Versuch in Wattenscheid, ein Auftakt nach Maß. Im zweiten Durchgang ging es nochmal knapp drei Meter weiter, auf 76,80 Meter. Die Verbesserung der alten U18-Bestweite aus dem Jahr 2005 und aktuell Platz vier in der Welt seiner Altersklasse.

Wind spielt mit

Schon beim Abflug hat Tom Meier gemerkt, dass es der Wurf in sich hat: „Als ich gesehen habe wie schön der Speer in der Luft liegt und wie gerade er runterkommt, war mir klar, dass der gut wird.“ Dass es so weit wurde, hat er nicht gedacht. Denn: Dabei müssen auch die Kräfte der Natur mitspielen. Bis der Speer auf dem Rasen ankommt, kann viel passieren, worauf der Athlet keinen Einfluss hat. Wind kann die gerade Spur verwehen oder den Speer eben tragen.

Seine eigentlichen Ziele für die Meisterschaften waren tief gestapelt: „Ich wollte über 70 Meter werfen und mich nicht verletzen.“ Bei den Halleschen Werfertagen hatte sich Tom Meier den Meniskus gerissen, an seinem Stemmbein, dem linken. Im Juni wurde ein Stück rausgeschnitten. So eine Knieoperation ist eine psychische Belastung für den Kopf. Fragen beschäftigten Tom Meier: „Kannst du richtig reingehen? Kannst du das Bein voll vorne reinstemmen?“ Er wollte sich in dem Wettkampf Sicherheit holen. Sicherheit für das nächste Jahr – das erste in der U20. Ein Rekord ist daraus geworden.

Von zweimal neun direkt auf eins

Unauffällig hat sich Tom Meier an die Spitze geworfen, so weit wie kein anderer deutscher U18-Athlet bisher. Neunter war er bei der Jugend-DM 2013 in Rostock, Neunter beim Winterwurf in Sindelfingen - zweimal knapp das Finale verpasst. Erst 2012 hat der Schüler des Sportgymnasiums Jena mit der Leichtathletik begonnen und ist direkt in einer Disziplin durchgestartet: dem Speerwerfen.

Naheliegend, denn ermutigt hat ihn seine Mutter, die ihn mit ihrer Erfahrung auch betreut. Petra Felke hält mit dem alten Speer den Weltrekord für die Ewigkeit: 80,00 Meter. Aufgestellt 1988 in Potsdam, beim Vorbereitungswettkampf für die Olympischen Spiele in Seoul (Südkorea). „Die Pläne, nach denen sie damals trainiert hat, haben sie auf mich angepasst. Warum sollte das nicht funktionieren, wenn es damals funktioniert hat?“, stellt Tom Meier in den Raum.

Und wie es funktioniert, das Prinzip nach Karl Hellmann. Nach nur zwei Jahren Training hat Tom Meier die Deutsche U18-Bestleistung um fast zwei Meter gesteigert. In intensiven Trainingsphasen trainiert er bis zu zehnmal in der Woche, in der unmittelbaren Vorbereitung auf die Wettkämpfe wird auf Nachmittagseinheiten reduziert, „um locker und spritzig zu bleiben.“

800 Gramm liegen ihm

Nächstes Jahr in der U20 wird der Speer schwerer, 800 Gramm. Den haben sie im Training schon mal getestet und das läuft. Tom Meier hat gleich gemerkt, dass er mit dem höheren Gewicht besser zu Rande kommt als mit dem leichteren. „Ich bin ziemlich groß und da fühlt es sich mit dem 700-Gramm-Speer an, als hätte ich nichts in der Hand“, bevorzugt er das neue Wurfgerät ab 2015.

Was Tom Meier noch bevorzugt ist Gegenwind, wie bei seinem Rekordwurf. „Der eine Werfer wirft am liebsten mit Rückenwind, der andere mit Gegenwind, der dritte mit gar keinem Wind“, erklärte Tom Meier. Schafft er es, den Speer parallel zum Wind zu legen, „baut sich der Speer ein Luftpolster und wird vom Gegenwind mehr getragen als vom Rückenwind.“ Was die Sprinter mögen, kann der Werfer nicht brauchen.

Vor zwei Wochen lag der Start in Wattenscheid noch in der Schwebe. Aber er hat sich nach der Operation schrittweise ran gekämpft. Dass er sein Potential zeigen konnte, hat er einem Team zu verdanken, das hinter ihm steht und ihn rechtzeitig wieder fit gemacht hat. Angefangen bei seiner Trainerin und Mutter Petra Felke, beim behandelnden Arzt, Dr. Steffen Hein aus Jena, der ihm nach der OP den Weg geebnet hat, über die Physiotherapeuten bis zu den Platzwarten des LC Jena.

Vom Fussball zum Speer geswitcht

Tom Meier ist wieder auf Erfolgskurs. Im Fussballverein des FC Carl-Zeiss Jena am Sportgymnasium sind irgendwann die Erfolge ausgeblieben. „Ich war konditionell und schnelligkeitsmäßig nicht der beste. Da stand ich ganz hinten in der Mannschaft und habe nicht mehr so in das Konzept des Trainers gepasst“, schilderte Tom Meier den Moment des Wechsels. „Wenn du auf dem Fussballfeld keine Schnelligkeit hast, kannst du einpacken.“ Seine Fähigkeiten als Werfer sind dafür umso höher einzuschätzen, da steht er jetzt ganz vorne in der DLV-Liste. „Das ist mir in die Wiege gelegt worden.“

„Wirf doch mal mit“, ermunterte ihn Petra Felke, die damals als Trainerin arbeitete. Gesagt, getan. Dann kamen Thüringer Landesmeisterschaften, Mitteldeutsche Meisterschaften. Dort gewann er auf Anhieb ohne viel dafür zu tun. Weshalb also noch beim Fussball bleiben? „Warum sollst du dich abrackern, ohne dass die Erfolge kommen, wenn du in einer Einzeldisziplin so erfolgreich bist?“ Nach der neunten Klasse ist er dann zum Speerwurf „rübergeswitcht.“

„Mit dem Wettkampf kann ich die Saison beruhigt beenden.“ Im letzten Wettbewerb mit dem U18-Speer, hat er nochmal das Maximum an Erfolg rausgeholt. Nun fährt Tom Meier eine Woche „zum Runterkommen und Relaxen“ an die Ostsee. Danach beginnt die Saisonvorbereitung mit dem neuen Speer. Seine Mutter und ihr Weltrekord – Vorbild für den jungen Werfer.

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