| Interview der Woche

Torben Laidig: „WM-Start in London wäre schon stark“

Perfektes Timing, perfektes Ergebnis: Torben Laidig (WGL Schwäbisch Hall) ist am Samstag bei den Texas Relays in Austin (USA) bei seinem ersten Freiluftsaison-Start am ersten Tag des DLV-Nominierungszeitraumes (1. April) exakt die WM-Norm für London (Großbritannien; 5. bis 13. August) gesprungen. Der 23-Jährige, Deutscher U23-Meister von 2015 und DM-Dritter von 2016, siegte mit 5,70 Metern. Im Interview spricht der Biochemie-Student der Virginia Tech University in Blacksburg über seine Zukunftspläne.
Pamela Ruprecht

Torben Laidig, 5,70 Meter im ersten Wettkampf. War das eine Überraschung oder Ihr Ziel?

Torben Laidig:

Es war eigentlich das Ziel für diese Saison, die WM-Norm zu springen. Dass es gleich im ersten Wettkampf, am ersten Tag des Nominierungszeitraums, funktioniert, habe ich nicht unbedingt erwartet, aber es hat sich im Training angedeutet. Über den Winter konnte ich bis auf ein paar Muskelverhärtungen nach zwei Jahren zum ersten Mal verletzungsfrei durchtrainieren. Das hilft dann eben, wenn es hoch hinausgehen soll.

Hatten Sie vor den Texas Relays – einem der größten Leichtathletik-Wettbewerbe in den USA mit High School, College und professionellen Athleten über vier Tage schon ein gutes Gefühl?

Torben Laidig:

Die Woche vor dem Wettkampf habe ich eigentlich sehr wenig im Training gemacht. Wir hatten eine „Rest Week“. Weil ich direkt nach der Hallensaison ziemlich Gas gegeben habe, sind wir vor dem ersten Start mit dem Tempo runtergegangen. Ich habe mich auf mein Studium konzentriert und nur an zwei Tagen etwas zur Aktivierung gemacht. Der Tag verlief eigentlich nicht optimal, unser Wettkampf wurde um eineinhalb Stunden nach hinten verschoben, so dass ich mich zweimal aufwärmen musste. Aber die Bedingungen waren mit einem kleinen Teilnehmerfeld dann ziemlich gut.

Wie ist Ihre Hallensaison eigentlich verlaufen?

Torben Laidig:

Am 11. März lief es bei den Nationals mit Platz sechs und 5,45 Metern nicht rund. Ich hatte vorher ansonsten noch drei Wettkämpfe mit 5,50 Metern. Eigentlich okay, aber der Ausreißer nach oben hat noch gefehlt, der ist jetzt da.

Sie haben die WM-Norm-Höhe im dritten Versuch geschafft, konnten Sie da nochmal alles mobilisieren?

Torben Laidig:

Ich musste schon bei 5,50 Meter in den dritten Versuch, weil meine Stäbe jeweils zu weich waren. Mein Laufgefühl und der Absprungpunkt haben gut zusammengepasst, deshalb habe ich zu härteren Stäben gewechselt. Das hat geklappt. Bei den 5,70 Metern war der Wind bei den ersten beiden Versuchen störend, im dritten Versuch war das besser. Ich habe einfach alles gegeben, Vollgas im Anlauf, den Absprung gut getroffen und dann ging es von alleine (lacht).

Wie groß ist die Freude über die WM-Norm?

Torben Laidig:

Das ist auf jeden Fall ein gutes Gefühl. Letztes Jahr war ich mit meinen 5,60 Metern ja bereits nah an der EM-Norm dran. Dass nur fünf Zentimeter gefehlt haben, darüber war ich schon enttäuscht, aber in der Vorbereitung dann umso motivierter, es diesmal zum internationalen Großereignis zu schaffen. Das Ziel war, die Norm relativ früh abzuhaken, damit ich jetzt wieder ordentlich trainieren kann.

Vor Ihrem Wettbewerb fand an derselben Stabhochsprung-Anlage der Elite-Wettkampf mit Weltmeister Shawn Barber (Kanada) und dem schwedischen Wunderkind Armand Duplantis statt…

Torben Laidig:

Wir sind gerade ins Stadion reingekommen, als Armand bei 5,80 Metern war. Das war schon beeindruckend, einen 17-Jährigen diese Höhe und später 5,90 Meter springen zu sehen. Die Atmosphäre war auch ziemlich cool. Als die Sprint-Wettbewerbe noch am Laufen waren, waren ungefähr 20.000 Zuschauer da.

Sie studieren an der Virginia Tech University in Blacksburg Biochemie und haben letztes Jahr noch als zweites Bachelor-Fach Biologie dazu genommen – alles mit dem Schwerpunkt Biomedizin. Wollen Sie den Master auch noch in den USA machen?

Torben Laidig:

Die Pläne sehen so aus, dass ich hier im Mai 2018 meinen Bachelor machen werde. Die Wettkämpfe gehen dann noch bis Juni. Danach will ich nach Deutschland zurückkommen und wahrscheinlich dort meinen Master machen. Im Raum steht auch noch ein Medizin-Studium. Das war die erste Wahl nach dem Abitur, hätte aber bedeutet, dass aus dem Stabhochsprung nichts mehr geworden wäre. Das hätte sich nicht verbinden lassen. Die bessere Lösung war daher für mich, in die USA zu gehen. Hier liegt räumlich alles nah zusammen: Wohnung, Trainingsstätte und Uni befinden sich in einem Fünf-Kilometer-Radius.

Und wie denken Sie über Ihre sportliche Zukunft?

Torben Laidig:

Inwiefern der Stabhochsprung weiter im Mittelpunkt steht, wird sich dieses und nächstes Jahr entscheiden. Wenn es gut läuft, würde ich den Sport gerne weiterverfolgen und schauen, was ich noch erreichen kann. Ich kann mir auch sehr gut vorstellen nach der Saison 2018 in Deutschland zu trainieren, wenn alles dementsprechend läuft.

Welche Ziele haben Sie für diesen Sommer und welche Wettkämpfe in Deutschland sind geplant?

Torben Laidig:

Wenn ich es zur WM in London schaffen würde, wäre das natürlich schon stark. Ich weiß, dass die nationale Konkurrenz sehr stark ist und auch nicht schläft. Es wird sich wahrscheinlich bei den Deutschen Meisterschaften entscheiden, wer zur WM fahren darf. Ich werde wohl direkt nach den Nationals Mitte Juni nach Deutschland kommen und dort vor den Deutschen Meisterschaften einen oder maximal zwei Wettkämpfe machen.

Ihr Heimtrainer in Deutschland ist seit Ihrem 15. Lebensjahr Jochen Eberhart. Wie sieht Ihre aktuelle Trainingssituation in den USA aus?

Torben Laidig:

Mein Trainer heißt Robert Phillips. Außerdem hat Stephan Munz, ein ehemaliger deutscher Stabhochspringer, der hier jetzt seinen Doktor (PhD) macht und als unser Assistenztrainer tätig ist, einen großen Anteil an unserem Erfolg als Team. Unsere Trainingsgruppe ist relativ stark. Ich trainiere mit Deakin Volz, der letztes Jahr mit 5,65 Metern die U20-WM gewonnen hat. Dazu kommen weitere Springer mit Bestleistungen zwischen 5,10 und 5,30 Meter. Das Trainingsumfeld ist richtig gut. Man kann sich jeden Tag Motivation von seinen Teammates holen und sich gegenseitig pushen.

Welche Höhen trauen Sie sich noch zu und was können Sie noch verbessern?

Torben Laidig:

Verbesserungspotenzial gibt es auf jeden Fall sowohl im Anlauf und Absprung, als auch vor allem in meinen turnerischen Fähigkeiten. Wenn ich es schaffe, diese Schwachstellen zu verbessern, verletzungsfrei bleibe und einen Wettkampf mit guten Bedingungen erwische, traue ich mir Höhen jenseits der 5,80 Meter zu.

Mehr:

<link news:55609>Torben Laidig überfliegt erstmals 5,70 Meter

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