Trainer im Fokus - Uwe Florczak
Sie stehen hinter den Erfolgen der deutschen Topathleten, feilen mit ihnen an ihren Leistungen, jubeln und leiden mit ihren Schützlingen - und bleiben doch meist im Hintergrund. leichtathletik.de widmet sich in einer neuen Serie den Trainerinnen und Trainern in der deutschen Leichtathletik. Heute: der Leitende Bundestrainer Sprung und Weitsprung-Bundestrainer der Männer Uwe Florczak.
Uwe Florczak sieht sich in seiner neuen, zusätzlichen Rolle als Leitender Bundestrainer Sprung vor allem in einer strategischen und steuernden Funktion. Er will die großen Kompetenzen der Heim- und Bundestrainer zusammenbringen, denn für ihn ist Erfolg Teamarbeit. „Ich bin ja nur ein Baustein“, sagt er, wenn er auf die fünf überaus erfolgreichen Jahre zurück blickt, in denen er als Bundestrainer die Geschicke im Weitsprung der Männer geleitet hat.Als Uwe Florczak im September 2007 die Nachfolge von Rainer Pottel antrat, lag die letzte internationale Medaille eines deutschen Weitspringers 16 Jahre zurück: 1991 wurde der Kornwestheimer Dietmar Haaf Hallen-Weltmeister. Damals das Amt des Bundestrainers zu übernehmen, sei für ihn eine „große Herausforderung“ gewesen, sagt der heute 52-Jährige.
Wie er diese Herausforderung meisterte, zeigt ein Blick in die Statistik: fünf Medaillen in fünf Jahren. „In Europa sind wir seit 2009 ungeschlagen“, sagt der Bundestrainer nicht ohne Stolz. „Das ist auch für mich etwas Besonderes.“
Eigene Karriere jäh beendet
Die Trainerkarriere des gebürtigen Duisburgers währt bereits 26 Jahre. Seine Laufbahn als Sportler nahm dagegen früh ein abruptes Ende: „Mit 24 habe ich mir beim Stabhochsprung unglücklich die Bänder gerissen“, erklärt er. Bis dahin war er im Mehrkampf aktiv, im Weitsprung liegt seine Bestleistung bei beachtlichen 7,16 Metern, gesprungen im Alter von 18 Jahren.
Schon als aktiver Sportler legte Uwe Florczak die Weichen für seinen späteren Beruf. Mit 19 Jahren half er seinem Schwager Karlz-Heinz Lanz und sammelte erste Trainererfahrungen bei Bayer Uerdingen. Nach Schule und Bundeswehr begann er ein Diplom-Sportstudium an der Sporthochschule in Köln.
Dass er anschließend in Paderborn landete, verdankt Uwe Florczak dem ehemaligen Weltklasse-Zehnkämpfer Kurt Bendlin. „Du hast da eine Chance, mach dein Studium fertig und komm nach Paderborn“, hatte der ihm 1986 empfohlen. Wenig später hatte er einen Job als Betriebssportlehrer bei Nixdorf und fing parallel als Trainer im Leistungssport des LC Paderborn an. „Das war für mich die Wunschkonstellation“, sagt er.
Betriebssportlehrer in Paderborn
In Paderborn fand Uwe Florczak mit seiner Familie für 23 Jahre ein Zuhause. Seine Leidenschaft für den Sport übertrug sich auch auf seine drei Kinder Sebastian, Sinje und Pascal, geboren 1984, 1986 und 1988, die alle mit der Leichtathletik begannen. „Wir sind früher immer zusammen ins Trainingslager gefahren“, berichtet Uwe Florczak.
In Uwe Florczaks Trainingsgruppe tummelten sich zunächst, passend zu seiner eigenen sportlichen Ausbildung, die Mehrkämpfer. Als 1989 der Hauptsponsor wegfiel und die meisten Mehrkämpfer den Verein verließen, übernahm er auch die Mittelstreckler. Das passte gut, denn der Diplom-Sportlehrer hatte seine Diplomarbeit zum Thema Laktat geschrieben.
Zuckerbrot und Peitsche
Schließlich waren es zwei weitspringende Siebenkämpferinnen, mit denen Uwe Florczak in Paderborn die größten Erfolge feierte: Inga Leiwesmeier wurde 1996 Vierte der U20-WM im Siebenkampf und holte drei Jahre später bei der U23-EM Silber im Weitsprung. Claudia Tonn erzielte 2006 in Ratingen unter anderem mit einem Sprung auf 6,75 Meter starke 6.373 Punkte im Siebenkampf und verpasste nur aufgrund eines Muskelfaserrisses die EM in Göteborg (Schweden).
Sich selbst als Trainer zu charakterisieren, fällt Uwe Florczak schwer. „Ich habe alle Facetten“, sagt er lachend. Autorität sei in seinem Beruf unerlässlich, er pflege jedoch durchaus auch ein freundschaftliches Verhältnis zu seinen Athleten. „Ich lege viel Wert auf Disziplin und Ehrlichkeit“, erklärt er und betont, wie wichtig ihm innerhalb seiner Trainingsgruppe ein freundlicher, höflicher und respektvoller Umgang miteinander sei.
Sinje und Uwe Florczak: die Leidenschaft für den Weitsprung liegt in der Familie (Foto: Gantenberg) Starke Hamburger Truppe
Seit 2009 hat Uwe Florczak nun seine Zelte in Hamburg aufgeschlagen. Spekulationen um Abwerbeversuche des Hamburger Verbands wiegelt er ab: „Das war mein Wunsch!“ Auch wenn er ein paar Abstriche machen musste: „Das, was ich früher in Paderborn für ein Haus gezahlt habe, zahle ich hier für eine Wohnung.“ Das große kulturelle Angebot, die Alster und die Elbe vor der Haustür sowie nicht zuletzt eine starke Trainingsgruppe entschädigen für diese Einschränkung.
Sechs Bundeskader-Athleten zählten in der vergangenen Saison zu den Schützlingen des Bundestrainers: Neben Hallen- und Freiluft-Europameister Sebastian Bayer, Hallen-WM-Teilnehmerin Nadja Käther, Mario Kral, Anika Leipold (alle Hamburger SV) und dem Buxtehuder Nils Winter, der vor Kurzem seine Karriere beendet hat, trainiert Uwe Florczak auch seine Tochter Sinje (LC Paderborn).
Tochter zurück an die Spitze geführt
Sinje Florczak hatte schon 2005 als Deutsche U20-Meisterin im Weitsprung ihr Potenzial angedeutet. Wenig später verlor sie die Lust am Leistungssport, und als sie 2009 mit ihrem Vater von Paderborn nach Hamburg zog, waren die Spikes tief im Schrank verstaut.
„Im Oktober hat sie dann auf einmal zu mir gesagt: ‚Ich trainiere mal ein bisschen mit‘“, erinnert sich Uwe Florczak. Aus einer Einheit pro Woche wurden zwei, dann drei. 2010 sprang Sinje Florczak 6,27 Meter und begann wieder intensiv zu trainieren, 2011 steigerte sie sich auf 6,46 Meter. 2012 bescherten 6,64 Meter der heute 25-Jährigen das Ticket zur EM nach Helsinki (Finnland).
Bemerkenswerte Momente
Die sportlichen Erfolge der eigenen Kinder gehören zu den Momenten, an die sich Uwe Florczak in seiner Trainerlaufbahn besonders gerne erinnert: Der Jugendtitel von Sinje und ihre EM-Qualifikation sieben Jahre später, der Westfalen-Titel des ältesten Sohnes Sebastian, der über 110 Meter Hürden noch einen großen Rückstand in einen Sieg umwandelte. „Das geht einem als Vater natürlich persönlich sehr nahe“, sagt er.
Aber auch viele Momente mit seinen Topathleten sind unvergessen: Im Positiven wie im Negativen die U23-EM-Medaille von Inga Leiwesmeier, die sich im vierten Sprung die Achillessehne riss, der herausragende Siebenkampf von Claudia Tonn in Ratingen 2006 und zuletzt der EM-Titel 2012 von Sebastian Bayer: „Wie er sich da nach zwei ungültigen Versuchen noch mal rausgerissen hat und mit einer kämpferischen Energieleistung dann tatsächlich noch überlegen und mit einer Weltklasse-Weite Europameister wird…!“
Großes Kompetenzteam
Wenn Uwe Florczak über die jüngsten Erfolge im Weitsprung der Männer spricht, fällt gleich die Rede auf das große Kompetenzteam, das ihm als Bundestrainer unterstützend zur Seite steht: Top-Heimtrainer, Leistungsdiagnostiker, Ärzte, Physiotherapeuten, Sportpsychologen. „Das Team ist ganz, ganz wichtig“, sagt er. „Ich würde sagen, das ist der Schlüssel zum Erfolg.“
Dass die zentrale Rolle dabei die Athleten spielen, fügt er im selben Atemzug hinzu: „Natürlich braucht man herausragende Athleten – und die haben wir!“ Christian Reif (LC Rehlingen), Freiluft-Europameister 2010, Sebastian Bayer und Nils Winter, 2009 Zweiter der Hallen-EM, sind da nur die ersten Namen, die fallen.
Ein Ziel, das Uwe Florczak sich als Trainer noch erfüllen möchte, ist der Gewinn einer Medaille bei Olympischen Spielen, an der Sebastian Bayer in London (Großbritannien) nur um wenige Zentimeter vorbei geschrammt war. Grundsätzlich erhofft sich der Bundestrainer aber vor allem eins: zufriedene Athleten. „Wenn ein Athlet aufhört und sagt: Das war gut. Das ist für mich wichtig.“