Twin Stories - Elina & Diana Sujew
Sie sind Zwillinge, sie haben sich für dieselbe Disziplin entschieden und sie sind beide erfolgreich. Das macht neugierig auf die Potsdamer Lauf-Zwillinge Elina und Diana Sujew. Beide wohnen in Potsdam, starten für denselben Verein, absolvieren dieselben Trainingseinheiten, gingen zur selben Schule - und die eineiigen Zwillinge tragen dieselben genetischen Anlagen in sich.
Welche Unterschiede gibt es denn dann überhaupt? Die eine ist Deutsche Meisterin über 1.500 Meter, die andere belegte Platz drei. Wieso ist die eine denn dann überhaupt schneller als die andere? Fragen, auf die die lebenslustigen Zwillinge gerne Antwort geben.Die Situation
Die eineiigen Zwillinge trainieren in Potsdam bei Beate Conrad, gehören beide dem B-Kader an. Im Sommer 2008 wechselten sie von der LG Eintracht Frankfurt/Main nach Potsdam auf die Sportschule und schlossen im Sommer die Zeit erfolgreich mit dem Abitur in der Tasche ab.
Nun sind sie als Spitzensportler bei der Bundeswehr und haben die Grundausbildung gerade hinter sich gebracht. In dem Zusammenhang fallen Begriffe wie große Umstellung, anstrengend oder Schlafmangel. Tempoläufe waren in dieser Zeit nicht möglich, eher mal ein lockerer Dauerlauf.
„Das war uns aber von Anfang an klar“, sagt Diana Sujew. „Deswegen halten wir uns auch offen, ob wir eine Hallensaison laufen oder nicht.“ Doch diese Zeit der Grundausbildung liegt hinter ihnen, jetzt sind sie der Sportfördergruppe in Frankfurt/Oder zugeordnet und können weiterhin in Potsdam wohnen und trainieren.
Der Wettkampf
Im Wettkampf läuft jeder für sich und dann doch irgendwie gemeinsam. „Wer von uns beiden vorn ist, ist uns völlig egal“, betonen die Schwestern. Eine Aussage, die zum Nachfragen einlädt. Ist das wirklich in jedem Rennen der Fall? „Besser die Schwester gewinnt, als eine andere Konkurrentin“, so lautet die Devise.
2010 wurde Diana Sujew Deutsche Meisterin über 1.500 Meter. Mit ihrer Bestleistung von 4:13,69 Minuten steht die 20-Jährige auf Rang zwei der deutschen Jahresbestenliste. Zuvor hatte sie über 1.500 Meter sowohl 2008 als auch 2009 den deutschen Jugendmeistertitel gewonnen, ebenso wie 2007 und 2008 über 2.000 Meter Hindernis.
Während 2010 das Jahr der Diana Sujew war, überzeugte Elina vor allem 2009: Damals belegte Elina Sujew bei den U20-Europameisterschaften in Novi Sad (Serbien) über 1.500 Meter Rang drei.
Das Training
Die Sujew-Zwillinge bringen die gleichen Voraussetzungen mit, kamen beide erst relativ spät mit 14 Jahren zur Leichtathletik und so wird natürlich gemeinsam trainiert: „Eine bessere Trainingspartnerin kann es nicht geben.“ Wer von den beiden das gesagt hat? Ist egal, denn das sagen nämlich beide - und zwar unabhängig voneinander. In Potsdam schätzen sie die guten Bedingungen, das Training bei Beate Conrad und die starke Trainingsgruppe, unter anderem mit der Juniorenmeisterin Agata Strausa.
Und doch waren die Ergebnisse in diesem Jahr sehr unterschiedlich. Diana war immer vorne, hinter ihr steht Elina in diesem Jahr mit 4:17,83 Minuten auf Rang fünf der deutschen Jahresbestenliste und belegte bei den Deutschen Meisterschaften Platz drei.
Die Erklärung: „Elina war viel öfter krank als ich“, sagt Diana. Und das ist auch so eine Sache der Zwillinge, der Ehrgeiz. Zu spät schaltete Elina einen Gang zurück, die Pause musste im Endeffekt länger ausfallen. Diana überlegt einen Moment, dann sagt sie: „Wir trainieren übrigens nicht nur gleich. Wir fühlen uns auch beim Training gleich gut oder gleich schlecht.“
Der Abschied von den Eltern
Eine gemeinsame Website haben sie nicht, auch im sozialen Netzwerk Facebook tritt jede für sich auf. Diana hat dort einen bemerkenswerten Spruch eingepflegt: „Manchmal hasst man den Menschen, den man am meisten liebt, weil er der einzige ist, der einem wirklich wehtun kann.“ Ist damit die Zwillingsschwester gemeint? „Nein, nicht direkt“, sagt Diana. „Aber natürlich kennt mich meine Schwester am besten.“
Die Eltern der Sujew-Zwillinge stammen aus Riga (Lettland). Die Hoffnung auf bessere Arbeitsbedingungen brachte diese nach Deutschland in die Nähe von Frankfurt. Die Verbindung nach Lettland ist weiterhin vorhanden, regelmäßig fahren die Sujews dort ihre Verwandten besuchen, so dass die Zwillinge bis heute fließend Russisch sprechen.
Der Abschied von den Eltern, die in der Nähe von Frankfurt wohnen, fiel den Schwestern schwer, doch für die sportliche Karriere nahmen sie dies in Kauf und gingen 2008 nach Potsdam in ein Sportinternat: „Mittlerweile haben wir uns daran gewöhnt“, sagt Diana. „Umso schöner ist es natürlich, dass wir nicht alleine waren. So haben wir uns, wenn wir anfangs in neuen Städten niemanden kennen.“
Die kleinen Unterschiede
Während Diana Sujew Rechtshänderin ist, schreibt Schwester Elina mit links. Was sie sonst noch unterscheidet? Nicht viel. Diana ist die Jüngere, aber mit 1,66 Meter zwei Zentimeter größer als ihre Schwester. Elina war zudem in der Schule „einen Tick besser“, sagt Diana. Beide sagen unabhängig voneinander, dass Diana ein bisschen ruhiger ist und Elina vielleicht „einen Tick“ ehrgeiziger.
Doch dass sie beide sehr ehrgeizig sind, das bekam auch Trainerin Beate Conrad zu spüren. Die beiden machten lieber etwas zu viel als zu wenig: „Sie bremst uns“, sagt Diana Sujew. „Und mittlerweile sehen wir es auch ein, dass es sinnvoll ist.“
Ob es die Zwillinge in den kommenden Jahren vor allem im Doppelpack geben wird? Auf sportlicher Ebene ist das sehr wahrscheinlich. Beide wollen den 1.500 Metern treu bleiben. Doch beruflich dürfte sich in den kommenden Jahren etwas Unterschiedliches entwickeln. Während Elina im Bereich Wirtschaftsingenieurwesen/Projektmanagement ein Studium an einer Fachhochschule in Berlin aufnehmen will, könnte sich Diana ein BWL-Fernstudium vorstellen. „Auf jeden Fall werden wir aber gemeinsam in Potsdam wohnen bleiben“, sagt Diana. Die doppelten Sujews werden der Leichtathletik-Szene und den Potsdamern somit erhalten bleiben.
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