Twin Stories - Julia und Martina Riedl
Zwilling zu sein, ist schon etwas Besonderes. Auf der Rundbahn wird man besonders beäugt: Ist das jetzt die Julia oder die Martina Riedl, die zuerst auf die Zielgerade einbiegt? Bei den Sprint-Zwillingen vom SC Vöhringen war es meistens so: Die, die vorne liegt, ist Martina. „Wir gönnen uns aber auf jeden Fall immer gegenseitig jeden Erfolg“, sagen die 18-Jährigen.
Im Sommer werden sie die Schule mit der Fachoberschulreife abschließen, das wird ein größerer Umbruch im Leben der Riedl-Zwillinge sein, die schon mehrfach Medaillen bei Deutschen Jugend-Meisterschaften gewannen.„Wir werden an eine Fachhochschule gehen und uns auch dort dann einem neuen Verein anschließen.“ Welche FH und welcher Verein es werden sollen, steht noch nicht fest. Inhaltlich wird es sich in ihrem Studienfach wohl um den Bereich Wirtschaft drehen.
Privat keine Verwechsel-Spielchen
Die eineiigen Zwillinge halten wenig davon, immer die Zwillings-Karte zu spielen. Auch wenn das Trikot dieselbe Farbe hat, sie dieselben Hobbies sowie dieselben Freunde haben und auch wenn sich die Größe bei den eineiigen Zwillingen nur minimal unterscheidet (1,68 Meter für Martina zu 1,66 Meter für Julia): Sie würden sich niemals gleich anziehen, um ihr Umfeld zu verwirren.
„Wir haben schon jede unseren eigenen Kleiderschrank“, sagt Martina. Und ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal gibt es sowieso schon: Julia Riedl hat braune Haare, Martina blonde.
Ein Verein mit Leichtathletik-Tradition
Bis zum Studienbeginn werden die Zwillinge ihrem kleinen Verein die Treue halten, für den die Jahre 2009 und 2010 aufgrund der Erfolge der Riedl-Zwillinge auch die erfolgreichsten Jahre der Vereinsgeschichte waren. Wer sich jetzt fragt, wo Vöhringen eigentlich liegt: Zwischen Ulm und Illertissen, westlich der A7.
Auch die Europameisterin über 100 Meter, Verena Sailer, lernte ihre ersten schnellen Schritte hier. Können die Riedl-Twins in solch große Fußstapfen treten? „Verena ist für mich sicherlich ein Vorbild, an dem ich mich orientierte“, sagt Martina Riedl.
Gewürdigt
Doch in einer kleinen Stadt zu wohnen hat auf jeden Fall auch sein Gutes: Hier werden die Leistungen von jungen Leichtathletinnen gebührend gewürdigt. Während sie in größeren Städten oft im Schatten der Fußballer stehen, bekamen die Riedls unter anderem einen Empfang im Rathaus Vöhringen, bei denen der Bürgermeister Karl Janson den Nachwuchstalenten persönlich zu ihren Erfolgen gratulierte: „Das macht stolz“, sagen die beiden.
Trainiert wurden die Twins bisher von Heimtrainer Eugen Buchmüller, doch mittlerweile haben sie mit Heinz Löser einen zweiten Trainer. Heinz Löser dürfte vielen noch als Trainer der erfolgreichen Dortmunder Rockmeier-Zwillinge Birgit und Gabi ein Begriff sein. Sechs Trainingseinheiten pro Woche absolvieren die Zwillinge, vier beim SC Vöhringen, zwei bei ihrem Stützpunkttrainer Heinz Löser in München.
Nationale Titel und internationale Einsätze
Bei den Deutschen B-Jugend-Meisterschaften 2010 in Ulm belegten sie unlängst hinter Leena Günther (LT DSHS Köln) über 200 Meter Platz zwei und drei. Martina Riedl überquerte in 24,36 Sekunden vor ihrer Schwester Julia (24,45 sec) die Linie.
2009 wurde Julia Riedl bei den Deutschen B-Jugend-Meisterschaften Siebte über 200 Meter, Martina Riedl belegte den dritten Platz über 100 Meter und wurde Deutsche B-Jugendmeisterin über 200 Meter. Ebenfalls ist sie Deutsche Jugendhallenmeisterin über 200 Meter: „Das war wirklich ein total überraschender Erfolg“, sagt Martina Riedl. „Damit hatte wirklich keiner gerechnet.“
Doch der größte Erfolg war für sie der siebte Platz bei der U18-WM im italienischen Brixen (Italien). In diesem Stadion stellte die 18-Jährige beim Brixia Meeting auch ihre bis heute gültige Bestmarke von 23,84 Sekunden auf. 2010 starteten die beiden bei der U20-Weltmeisterschaft in Kanada über 200 Meter. Zum Finaleinzug langte es dort für beide nicht.
Wettkämpfe und Vorbereitungen
Bei Wettkämpfen sieht man sie eigentlich immer zusammen. Sowohl neben als auch auf der Rundbahn. So auch im Juli 2010 bei der Bauhaus Junioren-Gala in Mannheim: Wieder gewann Martina Riedl (24,19 sec) aber mit nur einer Hundertstel Vorsprung auf ihre Schwester, die dort ihre Bestleistung erzielte.
Für Julia, deren Vorbild die kleine, zierliche US-Sprinterin Allyson Felix ist, ein großer Erfolg – denn sie hatte im Winter 2009/2010 mit einem Muskelfaserriss zu kämpfen: „Die Vorbereitung war katastrophal“, erinnert sie sich.
Das soll nun in diesem Jahr alles besser werden. Bislang verlief das Training reibungslos. Und so kann es für dieses Jahr nur ein Ziel geben: Die Sprinterinnen wollen zur U20-EM in Tallinn (Estland) fahren. Und dann ist da noch das andere Ziel: Als Zwillingspaar einmal auf der ganz großen Sportbühne stehen – bei den Olympischen Spielen. Der Traum eines jeden Sportlers.
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