Twin-Stories - Marleen und Rebekka Eberle
Ziemlich genau die Hälfte ihres 20-jährigen Lebens haben die Zwillinge Marleen und Rebekka Eberle auf der Laufbahn verbracht. Anfangs probieren sie sich ein wenig im Blockwettkampf, testen ihre Fähigkeiten in der Weitsprunggrube aus und nehmen auch mal ein Wurfgerät in die Hand. Mittlerweile sind der Sprint und der Langsprint ihr Zuhause und die ersten nationalen Erfolge haben sich eingestellt.
2010 wurde die enge Freundschaft der Twins auf eine Probe gestellt: Erstmalig leben und trainieren sie in verschiedenen Städten bei verschiedenen Vereinen.Blick zurück auf das Jahr 2000 in das kleine Städtchen Gunzenhausen südwestlich von Nürnberg am Altmühlsee gelegen: Die Kleinstadt mit ihren rund 16.000 Einwohnern hat etwas Verträumtes an sich mit den historischen Fachwerkhäusern, einem Jagdschloss und den Überresten der Römer entlang des Limes.
Gemeinsam ehrgeizig
In dieser dörflichen Umgebung wachsen die Zwillinge Rebekka und Marleen Eberle auf. Mit zehn Jahren stoßen sie zur Leichtathletik-Abteilung des TV 1860 Gunzenhausen, ihre Trainingsgruppe ist klein, aber familiär.
Klein und zierlich sind lange Zeit auch die beiden Mädchen: Die Zwillinge hatten es besonders eilig, auf die Welt zu kommen. Und on top gehören sie, geboren am 17. Dezember, auch noch zu den Jüngsten ihres Jahrgangs. Da fallen sie anfangs nicht mit überragenden Leistungen auf: „Aber wir waren beide schon immer ehrgeizig“, erinnert sich Rebekka Eberle. Die Twins verwenden immer mehr Zeit für das Training und nach sieben Jahren stellen sich die ersten größeren Erfolge ein.
Zahlen & Fakten
Rebekka Eberle erreicht 2007 sowohl mit der 4x100- und der 4x200-Meter-Staffel bei den Landesmeisterschaften einen Podestplatz. Ein Jahr später wird sie Bayerische Meisterin mit der 4x400-Meter-Staffel und ist Teilnehmerin an den Deutschen Jugend-Meisterschaften. 2009 folgt dann ihr bislang erfolgreichstes Jahr: Über 200 Meter gewinnt sie Bronze bei den Deutschen A-Jugend-Meisterschaften in Rhede und wird mit der 4x100-Meter-Staffel Fünfte. Ihre Bestmarken: 11,98 Sekunden über 100 Meter und 24,07 Sekunden über 200 Meter.
Während sich ihre Zwillingsschwester auf die 100 und 200 Meter konzentriert, hat sich Marleen für die Stadionrunde entschieden. Bei Marleen verläuft die Entwicklung ähnlich: 2007 die ersten Podestplätze bei Landesmeisterschaften, 2009 der erste Finalplatz bei den Deutschen Jugend-Meisterschaften in Ulm mit der 4x400-Meter-Staffel. Über 400 Meter erreichte sie 2010 das B-Finale der Deutschen Junioren-Meisterschaften in 56,55 Sekunden, ihre Bestleistung steht bei 56,31 Sekunden (2009).
Insgesamt betrachtet war 2010 ein Jahr, das sie aus sportlicher Sicht aber lieber vergessen will: Eine langwierige Fußverletzung bremste die Langsprinterin unbarmherzig aus. Und nachdem 2011 mit eher schlechten Nachrichten begann (Ermüdungsbruch), dürfte das Pech für dieses Jahr aber aufgebraucht sein.
Das Jahr des Ausprobierens
Die Beschaulichkeit in Gunzenhausen, die vertraute Umgebung gab den Gymnasiastinnen in der Anfangsphase ihrer sportlichen Laufbahn die nötige Sicherheit. Der erfolgreiche Schulabschluss im vergangenen Jahr ging aber mit einer größeren Veränderung einher: Rebekka Eberle schrieb sich an der Universität Karlsruhe für Lebensmittel-Chemie ein und wechselte zur MTG Mannheim.
Was für eine Umstellung: Statt in einer kleinen, bunt gemischten Trainingsgruppe absolvierte sie nun mit der Europameisterin Verena Sailer bei Valerij Bauer das Training. Anfangs schaute sie ehrfürchtig zu der erfolgreichen Sprinterin auf, dann zog auch in Mannheim der Trainingsalltag ein.
Gelernt bei Valerij Bauer
Wobei Rebekka Eberle durchaus mit den veränderten Trainingsinhalten zu kämpfen hatte: Mehr Krafttraining, weniger Überdistanzläufe, höhere Intensitäten und dann das Studium, was ihr nicht wie anfangs gedacht zusagte: „Das wollte ich dann doch nicht mein Leben lang machen.“
Und so ist sie jetzt wieder daheim, trainiert wieder bei ihrem langjährigen Trainer Karl Bauer und studiert an der Fachhochschule Weihenstephan-Triesdorf Technologie Erneuerbarer Energien: „Einige Dinge aus dem Training mit Valerij Bauer haben wir übernommen“, sagt Rebekka Eberle. „Ich hoffe, dass es jetzt dann auch in diesem Jahr sportlich läuft.“ Denn bei den Deutschen Junioren-Meisterschaften in Bremen (25./26. Juni) will sie auf jeden Fall wieder in das Finale vorstoßen.
Marleen Eberle: Über Köln nach München
Während die Schwester nach Karlsruhe ging, entschied sich Marleen Eberle für ein Studium an der Sporthochschule Köln und wechselte auch zum LT DSHS Köln.
Aber Rebekka war nicht allein mit dem kurzfristigen Wechsel des Trainings- und Studienortes. Köln sollte auch für die Langsprinterin nur für fünf Monate eine Zwischenstation werden: Mittlerweile ist Marleen Eberle nach München gezogen und studiert dort an der TU München den neuen Bachelor-Studiengang mit dem ungewöhnlich klingenden Namen „Wissenschaftliche Grundlagen des Sport“.
Der Wechsel hatte vor allem private Gründe: Sie und der Erdinger David Gollnow sind seit August 2010 ein Paar und wollten die Fernbeziehung beenden. Nun trainiert die 20-Jährige gemeinsam mit ihrem Freund bei Vater Olaf Gollnow: „Jetzt habe ich meinen Ruhepunkt gefunden“, sagt sie. Es klingt glücklich, befreit und zufrieden. Auch wenn das bedeutet, die Schwester nur noch selten zu sehen.
Von Unterschieden und Gemeinsamkeiten
Die Unterschiede zwischen den Zwillingen sind marginal: Die eine ist sechs Minuten älter (Marleen), die andere mir 1,69 Zentimetern genau einen Zentimeter größer und hat gelockte Haare (Rebekka). Rebekka bescheinigt ihrer Schwester, gerne abends wegzugehen und „ihre Haare zu lieben“. Dass sie sich „eigentlich nie gestritten“ haben, sagen sie unabhängig voneinander: „Im Gegenteil. Wir haben uns gut ergänzt.“
Marleen Eberle war während der Schulzeit das Organisationstalent der beiden: Sie hat dafür gesorgt, dass im Vorfeld der Wettkämpfe bei den Absprachen mit dem Trainer alles rund lief. In der Schule sahen sie sich häufig, denn nur in einem Leistungskurs gingen sie unterschiedliche Wege: „Hat sich so ergeben“, sagt Rebekka Eberle. „Wir hatten einfach dieselben Interessen.“
Beste Freundinnen
Und genauso hat es sich nun ergeben, dass sich ihre Wege im vergangenen Jahr getrennt haben: „Wir müssen nicht immer am gleichen Ort sein. Wir sind eigenständige Persönlichkeiten und sehen uns eher als beste Freundinnen.“
Doch für beide wäre es ein Traum, gemeinsam für Deutschland international zu starten. Dass dies schwer wird, wissen die beiden. In diesem Jahr dürften sie noch nicht schnell genug sein, da sind die Zwillinge Realistinnen genug, um dies einschätzen zu können. Aber vielleicht klappt es ja in den kommenden Jahren? Diese Vision eint die getrennt lebenden Zwillinge.
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