U18-WM in Donetsk - Mein Moment 2013
WM, U23-EM, U20-EM, U18-WM bis hin zu Deutschen Meisterschaften, Landesmeisterschaften und dutzenden Meetings - leichtathletik.de war 2013 wieder bei zahlreichen Veranstaltungen live vor Ort dabei. Dabei haben unsere Reporter nicht nur aktuelle Berichte verfasst, es sind auch viele Erinnerungen hängengeblieben. Stellvertretend blicken wir auf ausgewählte Momente zurück. In dieser Folge geht es um eine Athletin, die im Schatten einer anderen stand, die sich aber umso mehr den Respekt verdiente.
Ja, ich gebe es zu: Ich musste schon erst einmal kurz schlucken und noch einmal den Zeitplan ganz genau studieren, als feststand, welch eine Riesenmannschaft der DLV zur U18-WM nach Donetsk schicken würde. Mir war klar, wie sehr diese rund fünfzig Athletinnen und Athleten mein Zeitmanagement angesichts der nur viereinhalb Wettkampftage herausfordern würden.Schließlich soll bei einer WM möglichst jeder von ihnen etwas sagen und auf leichtathletik.de zu Wort kommen dürfen, egal ob mit einer Medaille um den Hals oder mit Tränen der Enttäuschung in den Augen. Das klappte trotz der manchmal eigenwilligen Organisation alles in allem prima. Und so kamen die Momente, die hängen geblieben sind, sicher nicht zu kurz.
Die Riesen im Ring
Da gab es die beiden Neubrandenburger Riesen im Ring, Patrick Müller und Henning Prüfer, die ihre Gegner in eine besondere Schockstarre versetzten. Und den Augenblick, als Patrick Müller für seinen Kumpel im Diskusfinale die deutsche Mannschaft zusammengetrommelt hatte und man auf der Tribüne im Duell mit dem australischen Team ordentlich Stimmung machte.
Da gab es sympathische und kecke Athletinnen wie Chantal Butzek, Gina Lückenkemper oder Isabella Marten, die mir schon vorher beim Quali-Wettkampf in Schweinfurt reichlich Rede und Antwort standen und die ich dann doch tatsächlich bis ins Finale der U18-WM begleiten durfte.
Da gab es... ja, genau! Und... Und... Diese Mannschaft, die acht Medaillen und einen glänzenden zweiten Platz in der Nationenwertung holte, hatte wirklich viel zu bieten. Deshalb noch einmal den allergrößten Respekt an dieser Stelle an die gesamte Truppe, die im Olympiskiy-Stadion viel Spaß bereitete und so richtig Laune machte.
Auf der Siebenkampf-Achterbahn
Da gab es aber auch noch eine Siebenkämpferin, die sich bei mir diesen Respekt ganz klammheimlich verdiente und die ich dann doch noch herausheben möchte: Louisa Grauvogel.
Während ihre Koblenzer Kollegin Celina Leffler zwei blitzsaubere und beeindruckende Siebenkampf-Tage zeigte und sich die Goldmedaille redlich verdiente, musste die Athletin vom TV Ottweiler durch die manchmal so harte Achterbahn der Mehrkampf-Gefühle.
Es lief bei ihr einfach nicht rund. Immer wieder wenn Hoffnung aufkeimte, gab es in der nächsten Disziplin einen Rückschlag. Auch der zweite Tag fing mit zwei ungültigen Versuchen im Weitsprung so an, dass dem Reporter schon Böses schwante.
"Renn! Einfach nur: Renn!"
Doch dann zeigte Louisa Grauvogel jenen Kampfgeist, der auch die ganz großen Athletinnen auszeichnet. Sie sagte sich: "Ich mache das Beste draus, ich kämpfe noch einmal!" Schließlich heißt es nicht umsonst Siebenkampf.
Mit 44,65 Metern belohnte sie zunächst meine Entscheidung, jenen Nachmittag, an dem nur der Siebenkampf-Speerwurf anstand und das Stadion entsprechend leer war, auf einem einsamen, schattigen Plätzchen der Stadionkurve zu verbringen.
Und dann kam das 800 Meter-Rennen, in dem Louisa Grauvogel die Beine in die Hände nahm. "Renn! Einfach nur: Renn!", das war ihr Motto. Und wie einst Franka Potente also Lola rannte nun Louisa! Und wie sie rannte! Nach 2:19,26 Minuten war sie im Ziel und ein paar Augenblicke später bei mir in der Mixed Zone.
Emotionen sagen mehr als...
Aber noch nicht bereit, die Nachricht, dass sie soeben Bronze gewonnen hatte, entgegen zu nehmen. "Ich glaub's nicht", sagte sie. "Du kannst es noch nicht glauben?" "Nein. Ich hatte mir das eben auch gar nicht zugetraut." Dann stand es aber ganz offiziell auf der Anzeigetafel und Louisa Grauvogel konnte gar nicht mehr anders. Sie musste nun doch glauben, was sie so überhaupt nicht fassen konnte: Bronze bei der U18-WM.
Es war eine Bronzemedaille, die im Schatten von Gold von Celina Leffler stand, aber die doch fast genauso viel wert war. Und für mich war es ein Augenblick in der Mixed Zone, der so voller Emotionen war, dass ein vernünftiges Interview unmöglich wurde. Aber das machte gar nichts. Schließlich sagten diese Emotionen viel mehr als tausend Worte!
U23-EM in Tampere - Mein Moment 2013