U20-EM - Christin Hussong will Speerspitze sein
Christin Hussong (LAZ Zweibrücken) ist – im wahrsten Sinne des Wortes - eine der Speerspitzen der deutschen U20-Nationalmannschaft bei den anstehenden Europameisterschaften (18. – 21. Juli). In Rieti (Italien) will die U18-Weltmeisterin von 2011 ihre zweite internationale Medaille gewinnen.

Es ist ein Tag wie gemalt für einen Speerwurf-Wettkampf. Angenehme Temperaturen, Sonnenschein, gute Windbedingungen. Die 19-Jährige nimmt ihren Speer, läuft an und schleudert ihr Arbeitsgerät auf 51,91 Meter. Erster Versuch, gleich die EM-Norm abgehakt. Hussong steigert sich einmal, zweimal, ein drittes Mal: 55,83 Meter im letzten Versuch. Ein klasse Saisoneinstieg. „Das war sehr, sehr befreiend. Da ist mir ein sehr großer Stein vom Herzen gefallen, schließlich musste ich der Norm nicht mehr hinterher laufen“, sagt sie rückblickend.
Eltern buchen schon vor Wochen Flug
Ihre Eltern, ihr Vater Udo ist gleichzeitig ihr Trainer, buchen daraufhin bereits - also lange bevor der Verband ihre Tochter Anfang Juli offiziell für die U20-Europameisterschaften im italienischen Rieti nominiert - Flug und Unterkunft. Schon damals ist eigentlich klar: Sie werden dort ihre Tochter werfen sehen. „Dass meine Eltern so früh gebucht haben, hat mir gezeigt, dass sie an mich glauben und mich unterstützen, um mein Ziel zu erreichen. Das hat mir Kraft gegeben.“
Diese Kraft, die zeigt sie auch in den nächsten Wettkämpfen. Wo Hussong auch startet, übertrifft sie mindestens einmal pro Wettkampf die EM-Norm, meistens geht es an die 55 Meter heran – es sind keine überragenden Leistungen, aber gute. Nur ein Wettkampf purzelt ein bisschen aus der Reihe: Die Rheinland-Pfalzmeisterschaften Anfang Juni, wo der Speer einfach nicht über 50 Meter segeln wird, „nur“ 49,70 Meter zu Buche stehen. Allerdings: Am Vorabend hat sie schon beim Nerius-Cup in Leverkusen geworfen, ihr Arbeitsgerät auf 54,60 Meter geschleudert. Sie hakt die Landesmeisterschaften einfach schnell ab. „Ich habe ja die ganze Zeit gewusst, dass ich weit werfen kann. Das hat man auch im Training gesehen“, erzählt Hussong. Verunsichern lässt sie sich davon also nicht.
Selbstvertrauen in Mannheim getankt
Und dann kommt die Junioren-Gala. Am letzten Juni-Wochenende zeigt sie dann auch im Wettkampf, wie weit ihr Speer fliegen kann. In Mannheim wirft Hussong 57,17 Meter, sie absolvierte beim wichtigsten Qualifikationswettkampf für die U20-EM den zweitbesten Wettkampf ihrer Karriere. „Für mich war es sehr wichtig, dort nochmal zu zeigen, was ich kann und mir selbst Selbstvertrauen für Rieti zu holen“, sagt Hussong. Nur bei ihrem Sieg bei den U18-Weltmeisterschaften vor zwei Jahren hatte sie mit 59,74 Metern jemals weiter als in Mannheim geworfen.
59,74 Meter. Diese Weite, dieser Wettkampf, die Auszeichnung zum „Rising Star“ durch den Internationalen Leichtathletik-Verband IAAF, all das hat Christin Hussong zu schaffen gemacht. Eine 17-Jährige ist plötzlich ein kleiner Star.
2012 ist Rückschritt - zumindest auf dem Papier
Die Fallhöhe ist hoch, die aus dem kleinen Örtchen Herschberg bei Pirmasens stammende mehrfach deutsche Jugendmeisterin stürzt zwar nicht ab, aber purzelt 2012 aber doch ein paar Stufen aus ihrem Speerwurf-Himmel hinunter, wird bei den U20-Weltmeisterschaften in Barcelona „nur“ Siebte, bei den Deutschen Jugendmeisterschaften „nur“ Zweite, kommt die Saison nicht über 55,74 Meter hinaus. Weiten- und Erfolgsmäßig ist die Saison 2012 also ein Rückschritt - für Hussongs Entwicklung jedoch eher ein Fortschritt: „Ich habe durch das Jahr sehr viel gelernt, besonders für mich selbst, habe gelernt, dass ich hart an mir arbeiten muss.“
Nach der Saison wird einiges umgekrempelt, es folgt der Wechsel vom kleinen TV Thaleischweiler ans Leichtathletikzentrum nach Zweibrücken („Die Trainingsbedingungen sind sowohl im Sommer, als auch im Winter einfach super“), an ein paar Stellschrauben im Training wird gedreht, seit dem Abitur im Frühjahr kann sich Hussong, die gerne ein Studium im nicht weit entfernten Saarbrücken beginnen will, momentan voll auf den Sport konzentrieren.
Platz vier in der Bestenliste
Es scheint sich auszuzahlen. Spätestens bei der Junioren-Gala kehrt Hussong in die absolute europäische Spitze ihrer Altersklasse zurück. Zuletzt weilte sie nochmal eineinhalb Wochen in Kienbaum, nun fühlt sie sich „gut drauf“. „Ich glaube, für jeden Athleten ist eine Medaille ein Ziel, wenn er unter den besten fünf anreist“, sagt die U20-Winterwurfmeisterin.
Die Speerwerferin steht momentan auf Rang vier in der von der Schwedin Sophie Flinck (60,96 m) angeführten europäischen Jahresbestenliste, nur 13 Zentimeter hinter der Ukrainerin Tetyana Fetiskina. „Mein Ziel ist es, die Qualifikation sicher zu überstehen und dann im Finale an meine Bestleistung heranzukommen - und sie vielleicht auch zu übertreffen“, sagt Hussong. Schließlich soll ja auch die Saison 2013 wieder ein Fortschritt sein.