U20-WM Eugene - Highlight und Herausforderung
Auf nach „Tracktown“! Die Leichtathletik-verrückte Stadt Eugene im US-Bundesstaat Oregon wird im kommenden Jahr Gastgeber der U20-Weltmeisterschaften sein. Dietmar Chounard, im Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) zuständig für die U18- und U20-Athleten, war im Oktober an der US-Westküste zu Gast und hat sich umgeschaut. Eins steht fest: Die Reise der mehr als 100-köpfigen Nationalmannschaft wird eine Herausforderung. Aber eine, die sich lohnen wird.
Neun Stunden Zeitunterschied herrschen zwischen Eugene und Frankfurt. Von der Mainmetropole starten die besten deutschen Nachwuchsathleten im kommenden Juli ihren USA-Trip. Und damit sie bis zu ihren Wettbewerben den Jetlag verdaut haben, geht es deutlich vor Beginn der U20-WM los.Der Abflug ist für den 14. Juli geplant, die Titelkämpfe finden vom 22. bis zum 27. Juli statt. Acht Tage liegen dazwischen, und die werden die Athleten brauchen, um sich an die neue Zeitzone zu gewöhnen. Diese Erfahrung hat auch Dietmar Chounard gemacht, dessen Schlafrhythmus bei seinem sechstägigen Site Visit erst angepasst war, als es schon wieder zurück nach Deutschland ging.
Von Seattle ins Trainingscamp
Dietmar Chounard war von Frankfurt über San Francisco direkt nach Eugene geflogen – eine Reiseroute, die für die Nationalmannschaft nicht in Frage kommt. „Die Maschinen, die Eugene anfliegen, sind viel zu klein“, erklärt der Bundestrainer. „Mit diesen können wir die Stabhochsprung-Stäbe nicht transportieren.“
So fiel die Wahl für das nächste Jahr auf einen Direktflug von Frankfurt nach Seattle im nördlich von Oregon gelegenen US-Bundesstaat Washington. Von dort geht es mit Bussen in den Süden – aber noch nicht nach Eugene.
„Wir werden die Tage vor der U20-WM in einem Trainingscamp verbringen“, verkündet Dietmar Chounard. Erst zwei Tage vor dem ersten Startschuss erfolgt der Umzug nach Eugene. „Damit erhöhen wir den Spannungsbogen.“ Und es wird vermieden, dass sich kurz vor den Titelkämpfen die Langeweile breit macht.
Zu Gast im College
Die gastgebenden US-Amerikaner wissen, dass viele Nationen schon frühzeitig ihre Reise nach Oregon antreten werden. So haben sie eine Liste von rund zehn möglichen Trainingscamps zur Verfügung gestellt. Viele von ihnen hat Dietmar Chounard nun besucht, vier sind in der engeren Auswahl, allesamt Colleges mit besten Bedingungen für Training, Essen und Unterkunft.
Die U20-WM in Eugene selbst wird eine WM der kurzen Wege. Für die Unterbringung der Teams sind vier Gebäude vorgesehen, die fußläufig vom Stadion liegen. Auch hierbei handelt es sich um Colleges, die im Sommer leer stehen, weil die Studenten nach Semesterende ihre Zimmer räumen müssen.
Kurioses Stadion
Dietmar Chounard hat ein gutes Gefühl, was den reibungslosen Ablauf der Meisterschaften betrifft: „Die US-Amerikaner sind gut aufgestellt, da müssen wir uns keine Sorgen machen“, sagt er. „Ich bin mir sicher, dass sie das gut hinkriegen werden.“ Schließlich gilt „Tracktown“ Eugene als das Mekka der amerikanischen Leichtathletik. Mit dem Diamond League Meeting und den US-Trials finden hier regelmäßig hochkarätige Veranstaltungen statt.
Auch Diskus-Olympiasieger Robert Harting stieg im Juni in Eugene in den Ring und schleuderte den Diskus auf 69,75 Meter. Gut zu wissen, dass die Anlage für Höchstleistungen gut ist, denn danach sieht sie nicht unbedingt aus. Der Wurf-Käfig ist nämlich niedrig, oben geschlossen und ähnelt eher einer Sicherung beim Baseball-Abschlag.
Doch das ist nicht die einzige Kuriosität am sogenannten Hayward Field: Die beiden Hochsprung- und Kugelstoß-Anlagen sind links und rechts im Innenraum der Startkurve angebracht und ragen deutlich weiter ins Stadion-Innere hinein als gewohnt. Dazwischen verläuft der Anlauf für den Speerwurf. Der Diskusring ist auf der Rasenfläche angebracht. Und die Stabhochsprung-Matten liegen im Innenraum ungefähr auf Höhe der 50 Meter-Marke, sodass je nach Wind von beiden Seiten angelaufen werden kann.
Fachpublikum und Top-Stimmung
Dietmar Chounard rechnet mit einem Team von 75 bis 80 Athleten. Mit Trainern, Ärzten, Physiotherapeuten und Betreuern kommt schnelle eine Mannschaft von 110 Personen zusammen. Sie alle können sich auf ein unvergessliches Erlebnis freuen. Denn anders als zum Beispiel bei der U20-WM in Barcelona (Spanien), wo das Olympiastadion 2012 weitestgehend leer blieb, darf man in Eugene mit vollen Rängen rechnen.
Den Enthusiasmus für die Leichtathletik hat die rund 160.000 Einwohner zählende Stadt einer Leichtathletik-Legende zu verdanken: Bill Bowerman trainierte 24 Jahre lang das Track and Field-Team der Universität von Oregon und war Mitbegründer der Sportartikel-Firma Nike. Er holte unzählige nationale Titel nach Eugene, 31 seiner Athleten schafften es zu Olympischen Spielen. In der Startkurve des Hayward Field zeugt eine Statue von den Verdiensten Bill Bowermans. Vielleicht spornt sie auch die deutschen Athleten zu Höchstleistungen an.
Die besten Nachwuchsathleten der Welt sind im Juli 2014 in "Tracktown" Eugene zu Gast (Foto: DLV)
Noch herrscht Ruhe im Hayward Field - aber spätestens zu den Saison-Höhepunkten verwandelt sich das Stadion in einen Hexenkessel (Foto: DLV)
Der ungewöhnliche Diskus-Käfig - der großen Weiten aber nicht abträglich ist (Foto: DLV)
In einem der Colleges von Oregon werden die DLV-Athleten vor der U20-WM Station machen. Stadion und Mensa sind hier stets fußläufig zu erreichen (Foto: DLV)
Eine Option für das Trainingscamp des DLV-Teams - und nicht die schlechteste (Foto: DLV)