U20-WM - Gold und Rekord für Till Wöschler
Von Montag bis Sonntag (19. bis 25. Juli) werden im kanadischen Moncton in 40 Wettbewerben neue U20-Weltmeister gesucht. leichtathletik.de verfolgt die Titelkämpfe am Freitagabend für Sie und fasst Ihnen das Geschehen von Disziplin zu Disziplin zusammen.
ENTSCHEIDUNGEN JUNIORINNEN |
200 Meter
Jodie Williams geschlagen
Sie war die große Favoritin. Sowohl über 100 und vor allem über 200 Meter war die Britin Jodie Williams die Athletin, die es zu schlagen galt. Nachdem sie über 100 Meter bereits zum Titel geeilt war, sollte am Freitagabend über ihre Spezialstrecke der zweite Triumph folgen. Die Rechnung hatte sie aber ohne die US-Amerikanerin Stormy Kendrick gemacht, die ihrem Namen alle Ehre machte. Bei Gegenwind von 0,5 Metern/Sekunde stürmte sie in 22,99 Sekunden zu einer neuen Bestleistung und Gold. Jodie Williams blieb in 23,19 Sekunden Silber vor der Niederländerin Jamile Samuel (23,27 sec), die wie über 100 Meter Bronze gewann.
Weitsprung
Mit Bestleistung zum Sieg
Die Chinesin Wupin Wang war mit einer Saisonbestleistung von 6,58 Metern als Jahresbeste angereist, mit 6,23 Metern und Silber trat sie die Heimreise an. Und mit ganz viel Enttäuschung. Gold war es gewesen, was als einziges für sie gezählt hätte. Das bekam aber eine andere umgehängt. Bereits im zweiten Versuch flog die Kubanerin Irisdaymi Herrera auf 6,30 Meter, die zum Sieg gereicht hätten. Im fünften Versuch steigerte sie sich aber noch einmal auf die neue Bestweite von 6,41 Metern. Bronze gewann die Ukrainerin Marharyta Tverdohlib mit 6,20 Metern.
ENTSCHEIDUNGEN JUNIOREN |
200 Meter
Robin Erewa sprintet auf Rang fünf
Als Siebter bog der Wattenscheider Robin Erewa auf die Zielgerade ein und zog einen starken Schlussspurt an. Fast sah es so aus, als könnte der 19-Jährige überraschend die Bronzemedaille holen, letztlich setzten sich aber doch der Kanadier Aaron Brown (21,00 sec) und der Südafrikaner Wayde Van Niekerk (21,02 sec) durch, Robin Erewa wurde Fünfter (21,09 sec). Gold und Bronze ersprinteten sich der Japaner Shota Iizuka (20,67 sec), der seine Betreuer zu Jubelstürmen hinriss, und Aliaksandr Linnik aus Weißrussland (20,89 sec).
Im Ziel war Robin Erewa hin- und hergerissen. „Mit dem Finale hatte ich im Vorfeld ja gar nicht gerechnet“, sagte er. Da er nun aber denkbar knapp an einer Medaille vorbeischrammte, schwang auch etwas Enttäuschung mit. „Ich bin die Kurve am Start einfach zu langsam angegangen“, analysierte er. „Und eigentlich hätte ich es auch schaffen müssen, unter 21 Sekunden zu laufen.“
Dabei hatte er nur wenig zuvor noch mit der 4x100-Meter-Staffel den Vorlauf bestritten. „Das war aber kein Problem und hat mich nicht belastet. Eigentlich war es ein guter Auftakt zu den 200 Metern.“ Auch wenn er über 200 Meter die große Sensation verpasste, blieb er optimistisch: „Dann holen wir uns halt morgen mit der Staffel eine Medaille.“
400 Meter Hürden
Varg Königsmark mit zweiter Bestleistung
Bereits im Halbfinale hatte Varg Königsmark seine Bestleistung auf 50,87 Sekunden verbessert, im Finale konnte sich der Berliner noch einmal steigern. In starken 50,47 Sekunden belegte der 18-Jährige einen hervorragenden vierten Rang. Als Fünfter war er auf die Zielgerade eingebogen, konnte sich mit einem beherzten Finish aber noch den vierten Platz erkämpfen.
„Wahnsinn“, lautete seine erste Reaktion. „Ich wollte ins Finale kommen, das war mein Ziel. Dass ich jetzt nach zwei Läufen im dritten noch einmal so eine Zeit laufe und auch noch Vierter werde, hätte ich nie erwartet.“ Auch dass er letztlich nur knapp an einer Medaille vorbeischrammte, konnte die Freude nicht trüben. „Natürlich wäre eine Medaille schön gewesen, aber ich bin wirklich überglücklich. Außerdem ist mein Trainingskollege Marco Kaiser über 400 Meter auch Vierter geworden, das passt also schon“, sagte er lachend.
„Ich habe meine Bestleistung hier um eine halbe Sekunde verbessert, bin bester Europäer und bester 1992er-Jahrgang“, war er vollkommen zufrieden. Den Sieg sicherte sich Jehue Gordon (Trinidad & Tobago) in 49,30 Sekunden. Dabei musste er aber bis zum Ende kämpfen. Der Japaner Takatoshi Abe kam ihm immer näher, konnte ihn aber nicht mehr übertreffen und wurde in 49,46 Sekunden Zweiter. Bronze sicherte sich Leslie Murray (Britische Jungferninseln) in 50,22 Sekunden.
Hochsprung
Gold für Katar
Schon bei der Hallen-WM im heimischen Katar hatte Mutaz Essa Barshim auf sich aufmerksam gemacht, als er mit 18 Jahren das Finale nur knapp nicht erreichte. Bei der U20-WM überstand er nicht nur die Qualifikation, sondern war auch in der Endrunde nicht zu halten. 2,26 Meter, die ihm bereits den ersten Platz einbrachten, überfloppte er im zweiten Versuch, nachdem er zuvor keinen Fehlversuch verbucht hatte. Doch dabei ließ es der 19-Jährige nicht bewenden. Gleich im ersten Anlauf segelte er über 2,30 Meter und sorgte damit für ein Weltklasse-Ergebnis. Silber und Bronze gewannen der US-Amerikaner David Smith (2,24 m) und Naoto Tobe (2,21 m) aus Japan.
Speerwurf
Till Wöschler pulverisiert Jugendrekord
80 Meter hatte Till Wöschler angepeilt, was dann aber am Freitagabend passierte, damit hatte er selbst nicht gerechnet. Um halb eins deutscher Zeit lief er zu seinem ersten Versuch an und beförderte den Speer auf unglaubliche 82,52 Meter. Damit pulverisierte er den deutschen Jugendrekord, den zuvor der Saarbrücker Matthias de Zordo mit 78,67 Metern gehalten hatte.
Und auch dem Jugend-Weltrekord des Norwegers Andreas Thorkildsen war er plötzlich ganz nah. Nur noch ein guter Meter fehlt zu den 83,87 Metern des Olympiasiegers, Welt- und Europameisters. Till Wöschler, Zweiter der U20-EM im vergangenen Jahr, schob sich damit an Position vier der ewigen Welt-Jugend-Bestenliste.
„Ich kann mich an den Wurf kaum noch erinnern“, sagte Till Wöschler, der auch rund eineinhalb Stunden später noch immer völlig überwältigt war. „Ich habe wirr in der Gegend rumgeschaut. Mein Heim- und Bundestrainer haben geschrien und da habe ich das auch gemacht“, erzählte er lachend mit heiserer Stimme. „Ich habe danach versucht, die Spannung aufrecht zu erhalten, aber das war schon ganz schön schwierig“, sagte er. Zumal er sich bei seinem Gewaltwurf etwas am Rücken weh getan hatte.
In seinem Jubel konnte ihn das aber nicht bremsen. Nach seinem letzten Wurf reckte er die Hände in den Himmel. Er schrie immer wieder. Er jubelte. Und er schüttelte immer wieder ungläubig den Kopf. Nicht nur Till Wöschler war völlig von den Socken. Auch sein Vater, der extra nach Kanada angereist war, um seinen 19 Jahre alten Sohn zu unterstützen, war sprachlos, strahlte bis über beide Ohren und empfing seinen Sohn mit „Ey Dicker“. Mehr musste gar nicht gesagt werden.
„Ich habe ja gehofft, dass er das macht, aber dass der da so ein Ding raushaut - unglaublich“, sagte der Vater. Nicht nur die Unterstützung seines Vaters war sich Till Wöschler sicher. Auch sein Heimtrainer Matthias Brockelt war extra angereist. „Das wollte er sich nicht nehmen lassen“, sagte der neue U20-Weltmeister.
Auch der zweite Deutsche im Finale, der Jenaer Thomas Röhler, schlug sich sehr gut und wurde mit 69,93 Metern Neunter. „Der Platz geht völlig in Ordnung. Damit hätte ich zu Beginn des Jahres nicht gerechnet“, sagte er und bedauerte nur, dass sein weitester Versuch ungültig war. „Aber das Wissen, dass ich mit diesem Wurf das Finale erreicht hätte, nehme ich als Ansporn für die Zukunft mit.“ Silber gewann der Japaner Genki Dean, der mit 76,44 Metern eine neue persönliche Bestleistung aufstellte und den Russen Dmitri Tarabin (76,42 m) auf Abstand hielt.
QUALIFIKATIONEN JUNIORINNEN |
4x100 Meter
Deutsche mit ausbaufähigen Wechseln
Die Wechsel der deutschen Sprinterinnen waren ausbaufähig - trotzdem zog das Quartett mit Stephanie Pähler (LG Olympia Dortmund), Leena Günther (LG ASV/DSHS Köln), Tatjana Pinto (LG Ratio Münster) und Nadja Bahl (SC Potsdam) als Vorlaufsieger in 44,52 Sekunden in das Finale ein. Schneller war lediglich die Auswahl der USA in 43,56 Sekunden. „Schön, dass es jetzt endlich losging“, sagte Schlussläuferin Stephanie Pähler. „Die Spannung ist ganz schön gestiegen. Im Finale ist mit besseren Wechseln bestimmt noch eine bessere Zeit drin.“ Alles andere als optimal war der zweite Wechsel von Leena Günther auf Tatjana Pinto. „Da bin ich fast stehen geblieben“, sagte diese. „Und ich bin bei meinem Wechsel etwas gestolpert“, fügte Startläuferin Nadja Bahl hinzu. Werden diese „Baustellen“ behoben, ist für die deutsche Auswahl im Finale einiges möglich.
QUALIFIKATIONEN JUNIOREN |
4x100 Meter
Mit Sicherheitswechseln ins Finale
Die Wechsel reizte das deutsche Finale am Freitagabend noch nicht voll aus und zog trotzdem in das Finale ein. Roy Schmidt (TuS Jena) schickte den Wattenscheider Robin Erewa auf den Weg, der an Florian Hübner (TSV Bayer 04 Leverkusen) übergab, den Schlusspart übernahm Patrick Kuhn (Schweriner SC). „Mist, ich hatte so einen schönen Vorsprung, aber der Stab war bei der Übergabe so rutschig“, sagte Patrick Kuhn, der als Zweiter eine Hundertstel Vorsprung auf Großbritannien ins Ziel rettete und damit den direkten Finaleinzug sicherte. „Zumindest die beiden ersten waren gute Vorlaufwechsel“, sagte Roy Schmidt. „Aber wir haben noch versucht, sie sicher zu machen“, ergänzte Florian Hübner. Um Sicherheit geht es im Finale nicht mehr. Dann heißt es volles Risiko. „Unser Ziel ist definitiv eine Medaille“, sagte Roy Schmidt. „Wenn wir konzentriert sind, ist sehr viel möglich.“
SIEBENKAMPF |
Speerwurf
Deutsche halten sich gut
Auch böiger Wind konnte die deutschen Siebenkämpferinnen beim Speerwerfen nicht wirklich bremsen. Sowohl Tilia Udelhoven (LAV Bad Godesberg) mit 43,89 Metern, als auch Sara Gambetta (TSG Schlitz) mit 37,45 Metern blieben zwar hinter ihren Bestleistungen von 45,76 bzw. 40,29 Metern zurück, verloren aber nicht zu viel an Boden.
800 Meter
Sara Gambetta erkämpft sich Silber
Als Zweitplatzierte ging Sara Gambetta (TSG Schlitz) in den abschließenden 800-Meter-Lauf - nicht gerade ihre beste Disziplin. „Ich wusste, dass mir die Isländerin Helga Margret Thorsteinsdottir noch gefährlich werden kann, weil sie eine sehr gute 800-Meter-Läuferin ist“, sagte Sara Gambetta. „Aber dann habe ich mir gesagt, ich kann hier gar nichts verlieren. Ich wusste, ich kann hier was Tolles machen, und da kann man die Füße schon einmal in die Hand nehmen und laufen.“
Und das tat sie. Völlig entkräftet fiel sie ins Ziel, war kurz darauf aber wieder auf den Beinen und starrte gebannt auf die Leinwand, in Erwartung der Endergebnisse. Als dort dann vor ihrem Namen die „2“ aufleuchtete, reckte Sara Gambetta die Hände in die Höhe. Hinter der überragenden Niederländerin Dafne Schippers, die mit 5.967 Punkten gewann, holte sich Sara Gambetta mit 5.770 Punkten die Silbermedaille.
Als Zweitbeste war sie nach Moncton gereist, viele erwarteten eine Medaille von der gerade einmal 17-Jährigen. Sie selbst sagte nach dem ersten Tag noch, auch ein vierter oder fünfter Platz würde sie zufrieden stellen. „Aber natürlich hat man diese Medaille schon im Hinterkopf“, gab sie nach dem Wettkampf zu.
Eine kleine Schrecksekunde hatte sie zu Beginn des zweiten Tages zu überwinden, als sie im Weitsprung, mit einer Bestleistung von 6,41 Metern angereist, in den beiden ersten Versuchen nicht über sechs Meter sprang. „Ich stand da und habe mit mir geredet wie paranoid“, erzählte sie lachend. „Das war schon ein großer Druck - vor allem wenn die Erstplatzierte dann 6,30 und 6,35 Meter weit springt.“ Aber die 17-Jährige behielt die Nerven und packte einen „Gewaltsprung“ auf 6,32 Meter aus.
Eine zweite Medaille im Siebenkampf wäre für Deutschland möglich gewesen. 31 Punkte trennten Tilia Udelhoven (LAV Bad Godesberg) vor den abschließenden 800 Metern vom Bronzerang. Beherzt ging die 17-Jährige das Rennen an. „So bin ich noch nie 800 Meter gelaufen“, erzählte sie danach strahlend. „Ich war relativ ruhig davor und hatte richtig Spaß während des Rennens. Schade nur, dass die Isländerin Helga Margret Thorsteinsdottir und Grete Sadeiko aus Estland dann auf der Zielgerade doch knapp vor mir waren.“
Letztlich landete Tilia Udelhoven mit 5.677 Punkten auf einem starken fünften Rang, konnte sich am zweiten Tag aber über eine Bestleistung im Weitsprung (6,12 m) und über 800 Meter (2:16,57 min) freuen. „Natürlich ist es ein bisschen ärgerlich, weil ich weiß, es hat nur ein bisschen gefehlt. Aber nach den 10,50 Metern im Kugelstoßen sollte ich mich vielleicht nicht beklagen.“
Mehr als spannend war der Kampf um Bronze, den Helga Margret Thorsteinsdottir mit 5.706 Punkten und einem Zähler Vorsprung auf Grete Sadeiko für sich entschied.
Till Wöschler (Foto: Möldner)
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