Über Stock & Steine
… aber brich’ dir nicht die Beine. Das alte Volkslied gibt die Marschrichtung vor: Trailrunning ist eine wunderbare Ergänzung des „normalen“ Lauftrainings. Das Wichtigste daran: die Augen immer schön offen halten.
Bringt Abwechslung in den Trainingsalltag: Laufen abseits der bekannten Pfade (Foto: Chai)
Beim Thema Trailrunning scheiden sich die Geister. Ist es eine Erfindung der Industrie? Oder doch eine Outdoor-Sportart, die ihre Berechtigung hat? Eines steht fest: Trailrunning und Laufen sind keine zwei Paar Schuh. Es sei denn man siedelt das Offroad-Laufen im Hochgebirge an. Dann gilt wirklich: Hier werden völlig andere Herausforderungen an Mensch und Material gestellt. Für die meisten heißt Trailrunning aber: Laufen über Stock & Stein, etwas abseits der festgetretenen Pfade also. Das bringt Abwechslung, macht Spaß und einige Trainingseffekte sollten Sie ebenfalls spüren.
Ein bisschen wie Fahrtspiel
Trailrunning ist immer auch ein Stück Fahrtspiel. Die Belastung ändert sich ständig. Wenn Sie eine Pulsuhr haben, können Sie dies beobachten: Bei Anstiegen und vielen Richtungswechseln schießt die Herzfrequenz nach oben, bei Gefälle dagegen beruhigt sich Ihre „Pumpe“ wieder.
Für eine optimale Ausbildung der Grundlagenausdauer ist das Trailrunning damit allerdings nicht geeignet; eine flache und gut ausgebaute Laufstrecke erfüllt diesen Zweck besser. Sie sollten also weiterhin einen großen Teil (60 bis 80 Prozent) ihrer Einheiten im ruhigen Grundlagenausdauerbereich absolvieren. Das Trailrunning trägt dagegen ergänzend dazu bei, diese Grundlagenausdauer zu verbessern – nämlich dann, wenn es dosiert eingesetzt wird.
Tempo passt zur Topgrafie
Ein neuer Trainingsreiz für Ihren Organismus verbessert zudem Ihr Leistungspensum im aeroben Bereich. Lassen Sie sich aber nicht dazu verleiten, immer schneller zu werden, sondern passen Sie Ihr Tempo der Topografie des Geländes an. Den Puls sollten Sie ständig kontrollieren, um nicht zu oft und zu lange in anaeroben Regionen zu laufen. Fast alle Pulsmesser lassen sich so einstellen, dass sie bei Überschreiten einer bestimmten Herzfrequenz ein akustisches Signal von sich geben.
Im Gelände muss man die Knie deutlicher anheben als auf ebenen Wegen, um nicht ins Straucheln zu geraten oder gar zu stürzen. Daher sollten Sie jederzeit die Schrittlänge variieren können. Insbesondere bergauf muss das Knie angezogen werden. Der Abstoß aus dem Fußgelenk muss kräftig sein und der Abdruck des Vor- und Mittelfußes sollte bis zur vollen Streckung des Beins durchgeführt werden.
Bergauf ist ein besonders starker Einsatz der Arme erforderlich. Das Nützliche dabei: Sie werden quasi dazu „gezwungen“, sich einen neuen, besseren Laufstil anzugewöhnen – das Gelände lässt ihrem Körper einfach keine Wahl. Die dämpfende Wirkung der Trails sowie das notwendigerweise bewusste Aufsetzen und Abrollen der Füße sind orthopädisch günstig. Die reaktive Kraft und die Funktion Ihrer Muskulatur werden trainiert, was vor Überlastungsschäden schützt.
Naturschutz hat Vorfahrt
Bei allem Enthusiasmus sollten Sie als Lauf- und Naturfreund beim Trailrunning immer den Naturschutz im Auge behalten. Wenn ein Training abseits der üblichen Wege stattfindet, beachten Sie, dass Trailrunning ein Laufen auf schmalen Pfaden vorsieht – und nicht querfeldein durchs Gebüsch. Kleinere Geländepassagen sind allenfalls dann erlaubt, wenn ein ausgebauter Weg in der Nähe liegt, denn die ohnehin hinreichend geplagte Flora und Fauna Nordeuropas benötigt unbedingt Ruhe und Erholung.
So sollte man unter Rücksichtnahme auf die tierischen Bewohner abseits der Strecke darauf achten, deren natürliche Umgebung so geringfügig wie möglich zu beeinträchtigen. Auch die Flora kann das Läuferherz nur beglücken, wenn die Trailrunner den Boden nicht mit dem groben Profil ihrer Trailschuhe umpflügen oder Zweige abknicken.
Trainingstipps
- Laufen Sie zu Beginn nie nur im Gelände; versuchen Sie, zunächst zwei bis vier kleine Abschnitte (jeweils drei bis fünf Minuten) in das Training zu integrieren.
- Eine Traileinheit pro Woche genügt. Parallel kann noch eine Tempoeinheit absolviert werden, jedoch sollten etwa zwei bis drei Tage Pause zwischen diesen beiden Einheiten liegen.
- Die gesamte Trainingseinheit sollte einen normalen Dauerlauf von 30 bis 60 Minuten (abhängig vom individuellen Trainingsstand) nicht überschreiten.
- Kleinere Trailpassagen bieten eine schöne und auch sinnvolle Abwechslung zum langen Dauerlauf. Dabei sollte die Einlage aber nicht mehr als 100 bis 150 Meter betragen und möglichst am Streckenanfang (in den ersten 40 Minuten eines etwa 90 bis 120 Minuten langen Dauerlaufs) eingeschoben werden.
- Kontrollieren Sie stets die Pulsfrequenz! Während der Geländepassage darf die Herzfrequenz etwa 10 bis 15 Schläge pro Minute höher liegen als beim Dauerlauf, sollte nach dem Geländetrip aber wieder abfallen.
- Für Fortgeschrittene kann ein Trainingsblock von bis zu zwei oder drei Einheiten in der Vorbereitung auf einen Marathon eine gute Gelegenheit sein, die Laufperformance nachhaltig zu verbessern.
Techniktipps
- Beim Bergauflaufen sind kleine Schritte hilfreich und kräfteschonend. Der Abdruck geschieht vorrangig über den Mittel- und Vorfuß bei nicht ganz durchgestreckten Knien. Schauen Sie dabei nicht auf die Füße, sondern heben Sie den Blick soweit an, dass die nächsten drei bis fünf Meter überblickt werden können. So besitzen Sie eine optimale Oberkörperhaltung zur Kraftübertragung und entlasten den Rücken.
- Selbst beim Bergablaufen sollten Sie möglichst wenig auf den Fersen landen, um die Belastung für Sehnen und Bänder möglichst gering zu halten. Wenn Sie mit der Ferse aufsetzen, geben Sie ein wenig in den Knien nach und lösen sich schnell wieder vom Boden. Finden Sie beim Tempo die richtige Balance: Lassen Sie sich zwar bergab „treiben“, kontrollieren Sie gleichzeitig jedoch Ihre Geschwindigkeit.
- Beim Überqueren von Hindernissen steigern Sie kurz Ihr Tempo und gehen Sie dann im Laufschritt über das Hindernis. Springen Sie aber nur dann über Baumstämme, Äste, Steine oder Wassergräben, wenn es risikoarm ist. Sollten Sie unsicher sein, laufen Sie vorsichtig an das Hindernis heran und gehen oder steigen Sie vorsichtig darüber. Ihre Gesundheit wird es Ihnen danken.
- Konzentrieren Sie sich die ganze Zeit auf den Untergrund und beobachten Sie die wechselnden Bedingungen. Passen Sie das Tempo nicht nur an das Streckenprofil, sondern auch an die Bodenverhältnisse an. Glänzender Schlamm kann sehr rutschig sein und die Sohle verkleben. Ein felsiger oder steiniger Untergrund ist sehr anspruchsvoll. Reduzieren Sie bei schwierigen Bedingungen das Tempo, um weder auszurutschen noch umzuknicken.
- Für wirklich anspruchsvolles Geländelaufen sind spezielle Trailschuhe empfehlenswert. Ein Trailschuh ist stabiler gebaut, bietet ein griffiges Sohlenprofil und besitzt zumeist eine verstärkte Zehenbox, um die Zehen vor Stößen zu schützen. Stabile Nähte und wasserdichtes Obermaterial sind weitere Vorteile.