Ulf Timmermann - Der 23-Meter-Stoßer wird 50
Er stieß die Kugel als Erster in der Welt über 23 Meter. Sein Europarekord wird im kommenden Mai 25 Jahre alt - und Ulf Timmermann am 1. November 50.
Bei der Talentsichtung fiel Ulf Timmermann erst mal durchs Raster. "Er war nicht groß, hatte Babyspeck und konnte nicht viel. Am Ende habe ich ihn nur genommen, weil ich gerade keinen anderen hatte und seine Eltern mal gute Athleten waren", erzählt Werner Goldmann über den mühsamen Karrierestart des späteren Weltklasse-Athleten.Gut zehn Jahre später war Ulf Timmermann der erste 23-Meter-Kugelstoßer der Welt und bei Olympia 1988 in Seoul (Südkorea) der erste "Gold-Junge" in der Trainer-Laufbahn von Werner Goldmann. Am 1. November wird der heutige Unternehmensberater Ulf Timmermann 50 Jahre alt.
"Ich wurde damals nach Hause geschickt, denn ich schien nicht geeignet genug. Aber dann sprach für mich, dass mein Vater ein 1,96 Meter großer Diskuswerfer war und meine Mutter eine 1,80 Meter große Mehrkämpferin", sagt Ulf Timmermann im Rückblick auf das Auswahlverfahren zur Kinder- und Jugend-Sportschule (KJS) in der einstigen DDR. In der Tat wurde Ulf Timmermann ein Großer (1,95 m) und hinsichtlich der Leistung der größte Kugelstoßer seiner Ära.
Exzellenter Techniker
"Es gab wirklich Leute, die weitaus talentierter waren. Aber Ulf hatte andere außergewöhnliche Fähigkeiten. Schon nach einem Jahr Training zeigte sich, dass er sehr schnellkräftig, extrem ehrgeizig, fleißig und sehr belastbar war", sagt Werner Goldmann.
Mit Fortschreiten der Karriere wurde immer deutlicher: "Ulf konnte in Wettkämpfen über sich hinauswachsen - und er war ein exzellenter Techniker, im Angleiten der beste der Welt", versichert Werner Goldmann. Er bestätigt Parallelen zum aktuellen Weltmeister: "David Storl hat ähnliche Stärken, er orientiert sich an Ulfs Technik-Modell."
Erster 23-Meter-Stoßer
Einige Jahre lang stand Ulf Timmermann im Schatten von Weltrekordler Udo Beyer. Der bärenstarke Potsdamer konnte 1986 den ersten Weltrekord des Berliner Supertechnikers (22,62 m) noch einmal mit 22,64 Metern kontern.
1988 schrieb Ulf Timmermann dann Geschichte, als er die Kugel am 22. Mai auf der Mittelmeerinsel Kreta auf 23,06 Meter stieß. Eine Weite, die 1990 nur der Amerikaner Randy Barnes um sechs Zentimeter übertraf und die als Europarekord aller Voraussicht nach im kommenden Frühjahr 25 Jahre alt wird.
Auch wenn in Unterlagen der Militärmedizinischen Akademie Bad Saarow die Verwendung von leistungssteigernden Mitteln dokumentiert ist, will sich Ulf Timmermann nicht zum Thema Doping äußern.
Eigenes Unternehmen
Im Westen der Republik wurde teilweise abenteuerlicher gedopt: Ralf Reichenbach, der nach der Karriere (bundesdeutsche Rekordweite 21,51 m) offen über seinen Anabolika-Konsum redete, starb mit 47 Jahren an Herzversagen - kurz bevor er zusammen mit Ulf Timmermann in Berlin ein Lokal eröffnen wollte. Der Olympiasieger hat einen weiteren Ausflug in die Gastronomie inzwischen hinter sich und hat es als Steuerfachangestellter und Bilanzbuchhalter inzwischen zur eigenen Unternehmensberatung gebracht.
Auf eine große Geburtstagsfete hat er wenig Lust. "Ich kneife. Zusammen mit meiner Partnerin werde ich mich an diesem Tag zurückziehen", sagt Ulf Timmermann, der nach einer Scheidung 1995 "in eheähnlicher Gemeinschaft" mit Regine Kempter lebt. Die war im Jahr seines ersten Weltrekordes 1985 Junioren-Europameisterin im Speerwurf.
Quelle: Sport-Informations-Dienst (sid)