Ulrike Giesa – Es gibt immer was zu tun
Zufrieden? Ja, zufrieden ist sie schon mit der Bestleistung von 60,63 Meter, die sie am vergangenen Wochenende bei den Werfertagen in Halle erzielte. Aber trotzdem! "Es geht immer noch besser", weiß Ulrike Giesa und ihre Stimme klingt fest und selbstbewusst. Die Diskuswerferin weiß, was sie will und wohin sie will. Denn vom 14. bis 17. Juli will sie in Erfurt, bei der Europameisterschaft U23, mitwerfen – um Medaillen.
Ulrike Giesa ist in Form (Foto: Gantenberg)
Es ist die Freude am Werfen, die sie acht bis zehn Mal die Woche zum Training zieht. "Es ist so schön zu sehen, wie der Diskus bei einem guten Wurf aus dem Ring rausfliegt", versucht die 20-Jährige die Faszination Werfen in Worte zu fassen. Sie liebt ihre Sportart, ist begeistert von der Tatsache, dass an der Technik immer etwas verbessert werden kann. Diskuswerfen – es scheint nichts Besseres für die talentierte "Uli", wie sie von allen genannt wird, zu geben. Und das, obwohl sie bis vor fünf Jahren noch Siebenkämpferin war. "Die anderen Disziplinen waren gut für meine Motorik, für die allgemeine Athletik, aber sonderlich erfolgreich war ich da nie", verrät sie offen und ehrlich. "Aufgrund meiner Statur bin ich eigentlich die prädestinierte Diskuswerferin." Ein Statement, welches der DLV-Bundestrainer des Frauen-Diskuswurf, Gert Böttcher, sofort unterschreiben würde. "Uli bringt alles mit, was man als erfolgreiche Diskuswerferin so braucht", bescheinigt er.
Dem Druck gewachsen
Es ist nicht allein die körperliche Konstitution, die der Bundestrainer meint. Die Bayerin hat auch, wenn es darauf ankommt, ihre Nerven im Zaum. 2003, bei der U20-Europameisterschaft in Tampere, lasteten hohe Erwartungen auf der noch so jungen Athletin. Als Favoritin musste sie in den Ring, während alle Augen auf ihr ruhten. Doch Ulrike Giesa hielt dem Druck stand, rief souverän ihr Potential ab und wurde als "Golden Girl" der Meisterschaften gefeiert.
Aus diesem Grund hat sie auch kein Problem damit, dass mit Sabine Rumpf (LSG Goldener Grund) und Nadine Müller (Hallesche Leichtathletik-Freunde) die Konkurrenz im eigenen Land enorm stark ist. Ganz im Gegenteil. "Konkurrenz belebt das Geschäft und Druck gehört einfach dazu", entgegnet sie keck.
Bestleistung trotz langer Nacht
Grund zur Sorge hat sie momentan ohnehin nicht, läuft doch die Saison bisher absolut nach Plan. "Ich bin momentan in guter Form, kann meine Technik zu jeder Zeit abrufen", erläutert die zielstrebige Ulrike Giesa ihren Leistungstand. Wie Recht sie hat, bewies sie bei den Werfertagen in Halle.
Nachdem sie vergangenen Samstag bereits 60,32 Meter und damit eine neue Hausmarke geworfen hatte, wurde am Abend ausgiebig gefeiert. Die lange Nacht hielt die Sportsoldatin dennoch nicht davon ab, am Sonntag noch mal ein paar Zentimeter draufzulegen. "Die 60,63 Meter haben mich selbst total überrascht. Ich war müde und schlapp und habe dann einfach nur auf den Diskus draufgehämmert", verrät die rot-blonde Werferin des LAC Quelle Fürth/München/Würzburg.
Erst nach Erfurt, dann nach Helsinki?
Und auch, wenn es so klingen mag, Sport ist nicht alles im Leben der Ulrike Giesa. "Ich brauche neben dem Training auch Zeit für mich, Zeit zum Entspannen, zum Chillen und einfach mal ein bisschen Abwechslung", sagt die Siebte der Junioren-WM 2002. Am Klavier, in den Büchern und auch in der Disco findet sie all' dies, kommt auf andere Gedanken und wird sich bewusst, dass es auch ein Leben nach dem Sport gibt. Für dieses sorgt sie bereits jetzt vor und studiert daher nebenbei Sportmanagement.
Doch zunächst heißt es volle Kraft voraus im Hinblick auf die U23-EM. "Das oberste Ziel ist eine Medaille", gibt Ulrike Giesa die Marschrichtung vor. Allerdings, bei ihrem momentan hohen Niveau rückt auch die Norm für die Weltmeisterschaft in Helsinki in durchaus realistische Nähe. 62 Meter fordert der DLV. "Das wäre ein Traum, ein echtes Highlight", schwärmt die Nachwuchshoffnung.
Doch manchmal werden Träume ja wahr. Und warum sollte es bei ihrem Hang zum Perfektionismus, bei ihrer Willensstärke und ihrem starken Nervenkostüm nicht schon in Dessau, am heutigen Freitag, so weit gehen? Für den nötigen Druck, durch die Anwesenheit der großen deutschen Diskus-Dame, Franka Dietzsch (SC Neubrandenburg), und der Olympiasiegerin, Natalia Sadova (Russland), ist jedenfalls gesorgt.