US-Leichtathletik zum Aufräumen verdammt
Die Aufdeckung des großangelegten Dopings mit dem synthetisch hergestellten Steroidhormon Tetrahydrogestrinone (THG) in den USA (wir berichteten) ist in der Sportwelt begrüßt worden und hat eine Diskussion um die Bekämpfung des Dopings sowie viele Spekulationen um die Namen der bislang in der A-Probe positiv getesteten Athleten ausgelöst. Darunter soll sich nach Informationen der Washington Post auch der mit 22,67 Metern weltjahresbeste Kugelstoßer Kevin Toth (Platz vier bei der WM) befinden. Eine Ausweitung des Skandals auf andere Länder ist derweil möglich. Noch vorhandene Dopingproben könnten im Nachhinein auf THG untersucht werden, berichten britische Zeitungen.
Kevin Toth soll einer der THG-Sünder sein. (Foto: Chai)
Dem Vernehmen nach sind bislang sechs Athleten in der A-Probe positiv getestet worden. Wird auch in ihren B-Proben THG nachgewiesen, stünden sie vor zweijährigen Sperren. Bis Dezember sollen die Tests vorgenommen worden sein. Im Rahmen der Untersuchungen auf THG seien im Urin von einigen Athleten auch Spuren des Stimulanziums Modafinil gefunden worden. Dies brachte US-Sprinterin Kelli White bei der Weltmeisterschaft in Paris einen positiven Test ein. Deshalb droht ihr die Aberkennung ihrer über 100 und 200 Meter gewonnenen Goldmedaillen. Zweiter positiver Modafinil-Test von Kelli White
White betonte unterdessen gestern gegenüber US-Medien, sie gehöre nicht zu den positiv auf THG getesteten Athleten, räumte aber ein, bei den US-Meisterschaften im Juni diesen Jahres bereits positiv auf Modafinil getestet worden zu sein. Darüber sei sie kürzlich informiert worden.
Das Hormon THG soll von Victor Conte, dem Besitzer der kalifornischen Firma BALCO, entwickelt worden sein. Er bestritt dies allerdings in einer Pressemitteilung an verschiedene Medien. Die Vorwürfe gegen ihn seien politisch motiviert und würden aus reiner Eifersucht erhoben. In anderen Emails bezeichnete er nach Angaben der Washington Post die Aussagen der Anti-Doping-Kämpfer, THG sei ein starkes Steroidhormon, als "unerhört".
Fortschritte im Anti-Dopingkampf
Die Hauptprodukte seiner Firma BALCO sind übrigens Nahrungsergänzungsmittel, darunter ein mysteriöses Zink-Magnesium-Präparat, von dem wahre Wunderdinge berichtet werden. Zu BALCO's Kunden gehörten auch die Leichtathleten Marion Jones, Tim Montgomery, Regina Jacobs und Kelli White.
Mit dem entdeckten Dopingfall sind mittlerweile der Leichtathletik-Verband der USA, USATF, und die nationale Anti-Doping-Agentur des Landes, USADA, beschäftigt. Auch FBI-Agenten sowie das amerikanische Justizministerium ermitteln. Der Leichtathletik-Weltverband IAAF und das Nationale Olympische Komitee der USA wurden informiert. IAAF-Generalsekretär Istvan Gyulai sagte gestern der dpa: "Man hat die Initiative ergriffen. Auch die Amerikaner machen Fortschritte."
Internationale Konvention gegen Doping
Der deutsche IAAF-Vize-Präsident Prof. Dr. Helmut Digel forderte gegenüber der Nachrichtenagentur härtere Strafen für Dopingsünder. "Die Athleten müssen härter bestraft werden. Da der Sport auch immer mehr ökonomischer Art ist, müssten gedopte Athleten für den Schaden, den sie angerichtet haben, haftbar gemacht werden." Gleichzeitig sprach er sich für ein Anti-Doping-Gesetz aus.
Derweil plädierte die UNESCO bei einer Konferenz in Paris für eine internationale Konvention gegen Doping im Sport. Eine solche Konvention sei ein "monumentaler Schritt" beim Kampf gegen Drogen im Sport, befand die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA).
USATF unter Druck
Unterdessen berieten USATF und das NOK der USA am Freitag über die jüngsten Dopingfälle in der amerikanischen Leichtathletik. Das NOK gab dem Verband einen Monat Zeit, die offenen Fälle von Kelli White und Jerome Young (vor den Olympischen Spielen 2000 positiv getestet, aber nie bestraft – offiziell ist der Name genau wie die Namen von einem Dutzend anderen Dopingsündern, die im Vorfeld von Sydney positiv getestet worden waren, noch nicht einmal bestätigt) zu lösen. Ansonsten – so das NOK – drohe die Aberkennung des Verbandsstatus.