US-Sprintern droht Horror-Szenario
Sie sind stark, stolz und schnell - aber sie haben auch ein bisschen Angst. Wenn am kommenden Sonntag die schnellsten Männer des Planeten um Olympia-Gold rennen, könnten die Amerikaner um Tyson Gay und Justin Gatlin leer ausgehen. Ein Horror-Szenario, das es letztmals vor 16 Jahren in Atlanta (USA) gegeben hat.
"Es wird sehr hart. Ein paar Jungs sind schon heiß gelaufen und ganz starke Zeiten gerannt", sagte Tyson Gay, "aber ich werde kämpfen." Und der ehemalige Dopingsünder Justin Gatlin fügte hinzu: "Ich kann nicht sagen, dass ich die Jamaikaner alleine besiegen kann. Das müssen wir gemeinsam schaffen."Kampfansagen hören sich irgendwie anders an. Die US-Sprinter, traditionell eigentlich strotzend vor Selbstbewusstsein und nie um einen flotten Spruch verlegen, halten sich vor dem wichtigsten aller Rennen bei Olympia auffallend zurück. Sie wollen sich wohl nicht blamieren, zu übermächtig scheint die Konkurrenz aus Jamaika.
Die Top-Stars Usain Bolt und Yohan Blake werden aller Voraussicht nach Gold und Silber unter sich aufteilen, und dann ist da ja auch noch der ehemalige Weltrekordhalter Asafa Powell. Zudem greift Keston Bledman, der sich in diesem Jahr auf 9,86 Sekunden verbessert hat, für Trinidad und Tobago nach Bronze.
Letzter großer Titel 2007
Längst haben die USA ihre ehemalige Vormachtstellung über die 100 Meter verloren. Den bisher letzten großen Titel holte Tyson Gay bei der WM 2007, damals mit einer Zeit von 9,85 Sekunden. Für London erwartet der 29-Jährige ein deutlich schnelleres Rennen. "Ich glaube wirklich, dass eine Zeit von 9,70 Sekunden notwendig ist, um eine Medaille zu gewinnen", sagt Tyson Gay, "es wird irre werden." Seine Bestzeit liegt bei 9,69 Sekunden.
Aber er scheint selbst nicht daran zu glauben, dass er noch einmal in diese Sphären vorstoßen kann. Eine komplizierte Hüftverletzung zwang ihn ein Jahr lang zum Zuschauen. "Ich hatte große Zweifel, ob ich überhaupt zurückkehren würde", sagt er, "bis März konnte ich nicht mal joggen."
Erst im Juni stieg Tyson Gay in die Saison ein, lief zehn Sekunden und hat sich bei den US-Ausscheidungen auf 9,86 Sekunden verbessert. "Ich wollte es einfach nur ins Team schaffen", sagte die Nummer sechs der Welt, "jetzt muss ich gesund bleiben, das ist meine Hauptaufgabe." Dabei sein ist alles statt "Go for Gold".
Justin Gatlin will aufs Podium
Im Gegensatz zu Tyson Gay traute sich Justin Gatlin, der zwischen 2006 und 2010 wegen Testosteron-Dopings gesperrt war, ein bisschen aus der Deckung - und musste sich prompt Spott von Usain Bolt gefallen lassen.
"Ich habe noch etwas im Tank", sagte Athen-Olympiasieger Justin Gatlin, der seine Bestzeit in diesem Jahr auf 9,80 Sekunden drückte und hinter Yohan Blake und Usain Bolt auf Rang drei in der Welt liegt: "Ich bin nicht zurückgekommen, um Zweiter oder Dritter zu werden. Ich fühle, dass ich es in London auf das Podium schaffen und meine Träume erfüllen kann."
Usain Bolt tut Kampfansage ab
Von Usain Bolt wurde er für diese Mini-Kampfansage gleich einmal abgestraft. "Natürlich ist er nicht schlecht, aber zu sagen: Macht euch bereit, ich werde eine große Show liefern, ist schon witzig."
Der Dreifach-Olympiasieger und Weltrekordhalter (9,58 sec) scheint Justin Gatlin gar nicht richtig ernst zu nehmen und konnte sich einen weiteren Seitenhieb nicht verkneifen: "Für mich ist Tyson Gay einer der wildesten Konkurrenten." Aber der ist ja schon froh, dass er überhaupt dabei ist.
Quelle: Sport-Informations-Dienst (sid)