Usain Bolt - Mit 41 Schritten auf den Olymp
Der schnellste Mann der Welt fiel auf die Knie und küsste die Laufbahn des Londoner Olympiastadions. Dann erhob sich Usain Bolt (Jamaika), der Triumphator, und warf sich langsam, lässig und genüsslich in seine "Blitz"-Pose. Er hatte es allen gezeigt.
Mit der zweitbesten Zeit der Geschichte (9,63 sec) rannte der Jamaikaner erneut zur olympischen Goldmedaille über 100 Meter. 41 Schritte benötigte Usain "Gold" für den Sieg - exakt so viele wie beim Olympiasieg vor vier Jahren in Peking (China). Die Konkurrenz: chancenlos."Ich wusste, dass ich es schaffen kann. Wenn es drauf ankommt, bin ich da", sagte Usain Bolt, der schwach startete, um seinen vierten Olympiasieg kämpfen musste, am Ende aber ganz überlegen siegte.
"Es mag nicht die beste Reaktion der Welt gewesen sein", bekannte der 25 Jahre alte Weltrekordler (9,58), "ich bin ein bisschen im Startblock sitzengeblieben." Dann aber war er unwiderstehlich, als zweiter Läufer nach Carl Lewis (USA; 1984/1988) wiederholte er den Olympiasieg über die kurze Sprintdistanz.
Yohan Blake dankbar für Silber
Beim Aufeinandertreffen der schnellsten Männer der Welt blieb Usain Bolt eindrucksvoll der Souverän. Sein Landsmann Yohan Blake lief in 9,75 Sekunden persönliche Bestzeit und holte Silber, lag aber eben auch 0,12 Sekunden hinter Kumpel Usain Bolt zurück.
"Ich wollte Gold gewinnen, aber ich danke Gott für Silber", sagte Yohan Blake - und betonte mit einem Grinsen: "Ich bin immer noch der bessere Cricket-Spieler." Justin Gatlin aus den USA, Olympiasieger in Athen (Griechenland) 2004, rannte in 9,79 Sekunden zu Bronze.
10,04 Sekunden zu langsam fürs Finale
Der Hochgeschwindigkeits-Endlauf hatte sich schon im Halbfinale abgezeichnet: Keston Bledman (Trinidad und Tobago) rannte in 10,04 Sekunden die beste Halbfinalzeit der Geschichte, die nicht zum Einzug in den Endlauf reichte. Bei der WM 2011 hätte er damit Silber gewonnen.
Die Medaillenanwärter liefen schon vor dem großen Showdown atemberaubend schnell: Justin Gatlin war der Schnellste in 9,82 Sekunden. Yohan Blake folgte mit 9,85 Sekunden. Usain Bolt lief 9,87 Sekunden , ließ es aber schon 40 Meter vor dem Ziel locker angehen.
Krönung einer durchwachsenen Saison
Hinter Usain Bolt hatten nach einer durchwachsenen Saison viele Fragezeichen gestanden. Erstmals seit dem dreifachen Triumph von Peking hatte der Nimbus der Unbesiegbarkeit des "Außerirdischen" Kratzer erhalten. Wer das Fehlstart-Fiasko der WM 2011 als einen einmaligen Ausrutscher gewertet hatte, weil Usain Bolt anschließend die 200 Metergewann und gemeinsam mit Yohan Blake einen Weltrekord mit der Staffel aufgestellt hatte, sah sich 2012 getäuscht.
Usain Bolt hatte in den vergangenen Monaten immer wieder über Rückenbeschwerden geklagt, auch im Vorfeld von London ließ er sich deshalb bei Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt in München behandeln ließ. "Er ist der beste Arzt der Welt, ein Teil dieser Medaille geht auch nach Deutschland", sagte Usain Bolt nach dem Rennen. Ende Mai lief er beim Meeting im tschechischen Ostrau dann indiskutable 10,04 Sekunden. Damals kamen prompt erste Zweifel auf, ob der Weltrekordler physisch und psychisch fit für die Sommerspiele sein würde.
Spätestens mit seinen Siegen gegen Usain Bolt bei den jamaikanischen Olympia-Ausscheidungen spielte sich Yohan Blake immer weiter in den Vordergrund. Seinem WM-Titel ließ der einstige Lehrling konstant Weltklasse-Leistungen folgen. Mit 9,75 Sekunden führte er auch die Jahres-Weltbestenliste knapp vor dem Olympiasieger (9,76 sec) an. Trotzdem sprach Yohan Blake nie offensiv über den möglichen Olympiasieg, sondern versprach nur "ein großartiges und schnelles Rennen."
Quelle: Sport-Informations-Dienst (sid)