Usain Bolt vom Trainingspartner entzaubert
Usain Bolt hat den Nimbus der Unbesiegbarkeit verloren. Wie über 100 Meter verlor der Dreifach-Olympiasieger auch über 200 Meter bei den Jamaika-Trials gegen seinen Trainingspartner Yohan Blake.
Usain Bolt atmete schwer. Der Schweiß stand ihm auf der Stirn und der Blick des Superstars ging ins Leere. Nachdem der 25 Jahre alte Dreifach-Olympiasieger erneut entzaubert worden war und seinen Nimbus der Unbesiegbarkeit verloren hatte, versuchte er vergeblich, gute Miene zum bösen Spiel zu machen. "Ich fühle mich ein bisschen schwach", sagte Usain Bolt, "aber ich habe noch ein paar Wochen, um mich in Form zu bringen.Zuvor hatte der 1,96 Meter lange Ausnahmesprinter innerhalb von drei Tagen seine zweite herbe Pleite hinnehmen müssen. Usain Bolt verlor bei den jamaikanischen Ausscheidungen für die Olympischen Spiele in London (Großbritannien; 27. Juli bis 12. August) nach 19,83 Sekunden auch über 200 Meter gegen seinen Trainingspartner Yohan Blake (19,80 sec), der das Alpha-Tier des Sprints bereits über die 100 Meter geschlagen hatte. Nach dem Zieleinlauf ging ein ungläubiges Raunen durchs Stadion.
Fast fünf Jahre unbesiegt
Niemand hatte mit einer weiteren Niederlage des Weltrekordhalters (19,19 sec) gerechnet, schließlich blieb Usain Bolt zuvor über die halbe Stadionrunde fast fünf Jahre unbesiegt. Gleichzeitig verbesserte Yohan Blake, der in Jamaika anerkennend "Biest" genannt wird, seine eigene Jahresweltbestleistung um elf Hundertstelsekunden. Warren Weir sicherte sich in 20,03 Sekunden das dritte Ticket für Olympia in London.
Während Yohan Blake nach seinen beiden Siegen vor Selbstvertrauen nur so strotzt, steht Usain Bolt vor einer für ihn völlig neuen Situation. Bisher beherrschte er als Dominator der Tartanbahn seine Konkurrenten nach Belieben, er spielte mit ihnen und wollte in London zur ultimativen Legende seines Sports aufsteigen. Doch der Hobby-DJ und Spaßmacher wirkt in diesem Jahr nicht richtig fit und so ernst wie lange nicht, auch wenn er das Gegenteil behauptet.
„Mache mir keine Sorgen“
"Ich muss mich definitiv verbessern, aber ich bin nicht weit weg", sagte Usain Bolt, "ich bin der Olympiasieger und muss der Welt beweisen, dass ich immer noch der Beste bin. Ich weiß, was ich tun muss und mache mir keine Sorgen."
Nach dem Rennen lag er noch auf der Bahn, hielt sich den Oberschenkel und ließ sich kurz behandeln. Ober er sich wirklich verletzt hatte, oder sich nur selber schützen wollte, ließ Usain Bolt offen. Über die Szene reden wollte er nicht.
Gratulation an den „besseren Mann“
Mit Yohan Blake hat er in diesem Jahr einen ernsthaften und unangenehmen Gegner aus den eigenen Reihen erhalten. Der 22-Jährige schnappte sich bereits 2011 den WM-Titel über 100 Meter, nachdem Usain Bolt wegen eines Fehlstarts disqualifiziert worden war.
Drei Wochen später stellte Yohan Blake dann erneut sein riesiges Potenzial unter Beweis, als er in Brüssel über 200 Meter 19,26 Sekunden rannte. Nur Usain Bolt ist bei seinem Weltrekord jemals schneller gelaufen.
In Kingston fiel Yohan Blake nach seinem Sieg auf die Knie und schickte ein Stoßgebet gen Himmel, bevor er sich von den Fans feiern ließ. "Usain hat mir gratuliert und gesagt: 'Du warst heute der bessere Mann'", sagte er. Das würde Usain Bolt in London gerne wieder von seinem Trainingspartner hören.
Quelle: Sport-Informations-Dienst (sid)