Usain Bolt vor Bewährungsprobe
In Landsmann Yohan Blake hat Sprintstar Usain Bolt (Jamaika) im Olympiasommer einen ernsthaften Herausforderer. Zu einem ersten direkten Aufeinandertreffen wird es wohl frühestens bei den Olympia-Ausscheidungen in Kingston (28. Juni bis 1. Juli) kommen. Wo Usain Bolt steht, wird sich aber schon am kommenden Samstag (5. Mai) an gleicher Stelle zeigen. Hinter dem Erfolg der beiden Top-Sprinter steckt ein Trainer: Glen Mills.
Usain Bolt ist fit für sein erstes Einzelrennen über 100 Meter in diesem Jahr. "Er ist in Form und ich erwarte ein gutes Rennen", erklärt sein Trainer Glen Mills. Die bisher angekündigten Einzelstarts hatte der Weltrekordler abgesagt, aber in einem Staffelrennen Mitte April überzeugt.Yohan Blake ist über 100 Meter zum gleichen Zeitpunkt schon 9,90 Sekunden gelaufen. Sein Coach geht davon aus, dass seine Bestzeit (9,82 sec) nicht mehr lange Bestand haben wird. Am kommenden Samstag (5. Mai) im heimischen Kingston ist der Saisoneinstieg über 200 Meter vorgesehen, ein Duell mit Usain Bolt wird es also nicht geben. Danach werden die beiden Weltmeister vorerst nicht einmal mehr beim gleichen Wettkampf zu sehen sein.
Usain Bolt in Europa, Yohan Blake in Amerika
Den dreifachen Olympiasieger Usain Bolt zieht es nach Europa. Es sind 100-Meter-Starts in Ostrava (Tschechische Republik; 25. Mai), Rom (Italien; 31. Mai) und Oslo (Norwegen; 7. Juni) geplant. Yohan Blake fliegt dagegen noch nicht über den Atlantik. Unter anderem ist ein Start in New York (USA; 9. Juni) zugesagt.
"Yohan hatte im vergangenen Jahr Probleme bei den Trials", begründet Glen Mills den diesjährigen Verzicht seines jüngeren Schützlings auf frühe Starts in Übersee. "Usain hat mehr Erfahrung mit Rennen in Europa und dem damit verbundenen Klimawechsel." Zu den Olympia-Ausscheidungen (28. Juni bis 1. Juli) wird Usain Bolt in seine karibische Heimat zurückkehren.
Glen Mills dämpft Weltrekord-Hoffnungen
Gibt es auch noch so gute Gründe, sich aus dem Weg zu gehen, bei den Trials wird das nicht mehr möglich sein. Beide wollen bei Olympia in London (Großbritannien; 3. bis 12. August) über 100 Meter, 200 Meter und in der Sprint-Staffel an den Start gehen und müssen sich dafür ihren Platz sichern.
Usain Bolt hat für die Spiele großes angekündigt und will sich nicht nur mit drei weiteren Siegen sondern auch neuen Einzelweltrekorden endgültig zur Legende machen. Eine 100-Meter-Zeit von 9,4 Sekunden traut Glen Mills seinem Top-Athleten zu – aber nur wenn alles passt. "Ich bin nicht sicher, ob es in London Bedingungen für einen Weltrekord geben wird", gibt der 61 Jahre alte Trainer zu bedenken, der schon im Alter von 16 Jahren begonnen hat, Athleten zu betreuen.
Individuelles Programm
In der Vorbereitung haben Usain Bolt und Yohan Blake die ein oder andere Einheit zusammen absolviert. Meistens unterscheidet sich aber, was auf dem Trainingsplan steht. "Sie sind zwei verschiedene Typen", sagt Glen Mills. "Usain kann zum Beispiel Strecken von 100 bis 400 Meter laufen, die Bandbreite von Yohan ist nicht so groß."
Als Weltmeister über 100 Meter und mit seinen 19,26 Sekunden über 200 Meter aus Brüssel (Belgien) ist Yohan Blake seinem drei Jahre älteren Trainingskollegen im letzten Sommer trotzdem gefährlich nahe gekommen. Wer von beiden in diesem Jahr stärker sein wird, mag ihr Trainer nicht voraussagen, er verweist aber auf die insgesamt bisher größeren Erfolge von Usain Bolt. "Yohan steht am Anfang seiner Karriere. Usain ist irgendwo in der Mitte." Sicher ist sich Glen Mills, dass beide Ausnahmetalente im Sprint sind.
Gleichzeitig wirft er die Frage auf, ob irgendwo anders auf der Welt ebenso schnelle Talente schlummern, unentdeckt. "Viele junge Leute wissen vielleicht gar nicht, dass sie schnelle Sprinter sein können." Das Erfolgsgeheimnis Jamaikas in dieser Disziplin sieht Glen Mills im großen Stellenwert der Leichtathletik in seinem Land. "Sprinten ist bei uns unheimlich populär. In jeder Ecke unseres Landes gibt es Wettkämpfe, um neue Talente zu finden."