Valeri Borsow - Der weiße Schrecken wird 60
Valeri Borsow brach 1972 bei den Olympischen Spielen in München wie ein Wirbelsturm in die Hierarchie der dunkelhäutigen Sprinter ein und gewann Gold über 100 und 200 Meter. Am Dienstag (20. Oktober) feiert der Ukrainer seinen 60. Geburtstag.
Auf die heutige Situation übertragen war es fast so, als würde plötzlich ein Weißer Jamaikas Phänomen Usain Bolt enteilen, so sehr schockte der 23 Jahre alte Ukrainer mit seinen 100- und 200-Meter-Olympiasiegen die schon damals von den schnellen Männern aus den USA und der Karibik beherrschte Sprinter-Welt.Als der schmächtige Valeri Borsow zwölf Jahre alt war und die sechste Klasse seiner Schule in Sambir bei Lwiw besuchte, hatte Boris Woitas das Talent des schnellkräftigen Jungen entdeckt. Unter dem Pseudonym Matwejew startete Valeri Borsow, der wegen seines stark wissenschaftlich geprägten Trainings "Retortensprinter" genannt wurde, dann Mitte der 60er Jahre eine unglaubliche Karriere.
Valeri Borsow erreichte unter Trainer Valentin Petrowski Perfektion auf dem Gebiet der progressiven Muskelentspannung, die der amerikanische Arzt und Physiologe Edmund Jakobsen entdeckt hatte. Biologieprofessor Valentin Petrowski übertrug Edmund Jacobsens Lehren erstmals gezielt auf das Training eines Leistungssportlers, bezog Übungen zur Muskelbildung und Ausdauerleistung sowie Ernährung in dieses streng wissenschaftlich geprägte Training ein. Valeri Borsow konnte am Ende jeden einzelnen Muskel im Bein ganz bewusst an- und entspannen.
Durchbruch 1969 in Athen
Bei den Europameisterschaften 1969 in Athen (Griechenland) gewann der damals 20-Jährige sein erstes Gold (100 m) und Staffel-Silber über 4x100 Meter. Zwei Jahre später siegte er bei der EM in Helsinki (Finnland) über 100 und 200 Meter, 1974 in Rom (Italien) ein drittes Mal über 100 Meter, bevor die Karriere 1978 nach Verletzungen mit Rang acht im 100-Meter-Finale der EM von Prag (Tschechische Republik) zu Ende ging.
Siebenmal wurde er über 60 Meter Hallen-Europameister (1970 bis 77). 1979 misslang nach Operationen an beiden Achillessehnen ein Comeback. Die Olympischen Spiele in München waren 1972 der absolute Höhepunkt für den damals 23-Jährigen, der neben dem Gold-Double noch Silber mit der 4x100-Meter-Staffel gewann.
Europarekord über 200 Meter
In 10,14 Sekunden triumphierte Valeri Borsow vor Bob Taylor (USA; 10,24 sec) und in Europarekordzeit von 20,00 Sekunden über 200 Meter vor Larry Black (USA; 20,19 sec). Der sportliche Ruhm war Sprungbrett zur Funktionärs-Karriere. 1991 wurde Valeri Borsow als Vorsitzender des staatlichen Sportkomitees der UdSSR Minister für Jugend und Sport, dann auch in der unabhängig gewordenen Ukraine (1993 bis 96).
Dort führte er 1997 für ein Jahr das Nationale Olympische Komitee und war seit 2000 Vorsitzender des Komitees für Jugendpolitik, Sport und Tourismus im Obersten Rat der Ukraine. Valeri Borsow, der 2003 als Sozialdemokrat ins Parlament seines Landes einzog, ist heute Präsident im ukrainischen Leichtathletik-Verband. Schlagzeilen machte auch seine Hochzeit mit der dreimaligen Turn-Olympiasiegerin Ludmilla Turistcheva (Ukraine), mit der er eine Tochter hat.
Material: Sport-Informations-Dienst