Valerie Vili - Jung und schon alles gewonnen
1,96 Meter groß, 120 Kilogramm schwer. Wenn Valerie Vili (Neuseeland) den Kugelstoßring betritt, wird der Kreis mit einem Durchmesser von 213,5 Zentimeter plötzlich ganz klein. Dass die 24-Jährige nicht nur ein imposantes äußeres Erscheinungsbild hat, zeigt ihre Karrierebilanz. Valerie Vili ist eine von wenigen Athletinnen, die Gold bei der Jugend-WM, bei der Junioren-WM und bei der WM der Aktiven gewann. 2008 setzte sie mit dem Olympiasieg in Peking (China) dem ganzen die Krone auf.
Schon in der Schule stach Valerie Vili, geborene Adams, unter ihren Mitschülern hervor. Viele überragte sie um mehr als einen Kopf. Trotz ihrer körperlichen Überlegenheit war sie damals jedoch immer ein schüchternes, zurückhaltendes Mädchen. Im Alter von 14 Jahren wurde sie mehr oder weniger von ihrem Sportlehrer gezwungen, bei einem Kugelstoßwettkampf mitzumachen.Ohne großes Training verbesserte sie den 20 Jahre alten Schulrekord deutlich und wurde wenig später Kirsten Hellier, einer Kugelstoßtrainerin vorgestellt. Diese erkannte sofort das enorme Potenzial von Valerie Vili. Es sollte der Beginn einer Erfolgsgeschichte sein, die von zahlreichen nationalen und internationalen Titeln gekrönt wurde.
Nach nur einem Jahr Training unter Kirsten Hellier, vertrat Valerie Vili bei der Jugend-WM in Bydgoszcz (Polen) erstmals die Farben Neuseelands. Mit Platz zehn und einer Weite von 12,82 Meter im Gepäck reiste sie wieder zurück in ihre Heimat.
Tod der Mutter bringt Wendung
Im September 2000, kurz nach der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Sydney (Australien), erlag ihre Mutter einem langen Krebsleiden. Ein einschneidender Moment im Leben der damals 16-Jährigen. Fortan beschloss sie, in Gedenken an ihre Mutter zu stoßen. Sie trainierte mehr, nahm den Sport nun ernst und zog in das Haus von Kirsten Hellier und deren Ehemann.
Maßnahmen, die schon bald erste Früchte trugen. Bei der Jugend-WM 2001 in Debrecen (Ungarn) gewann sie mit 16,87 Metern ihren ersten internationalen Titel. 2002 folgte bei der Junioren-WM in Kingston (Jamaika) der nächste. Mit 17,73 Meter distanzierte sie die Konkurrenz um mehr als einen Meter und sicherte sich souverän die Gold-Medaille.
Als Belohnung durfte Valerie Vili kurze Zeit später auch noch bei den Commonwealth Games in Manchester (Großbritannien) an den Start gehen und gewann überraschend mit Silber (17,45 m) die nächste Medaille. Neun Zentimeter weiter und ihr wäre der ganz große Coup gelungen - und das bei ihrem ersten Wettkampf in der Aktivenklasse.
Enttäuschung bei den Olympischen Spielen in Athen
Nachdem Valerie Vili 2003 bei der WM in Paris (Frankreich) als Fünfte knapp das Podium verpasst hatte, wollte sie dies bei den Olympischen Spielen in Athen (Griechenland) ein Jahr später nachholen. Eine Verletzung bremste die Neuseeländerin jedoch aus. Nur eine Woche vor ihrem Start musste sie sich einer Operation unterziehen, ging zwar trotzdem an den Start, wurde aber nur enttäuschende Achte.
Nach ihrer Rückkehr aus Athen heiratet sie den Franzosen Bertrand Vili, der Diskuswerfer ist und am 27. März 2009 mit 63,66 Meter eine neue Bestleistung aufstellte. Nach der Hochzeit ging es sportlich nur noch bergauf für Valerie Vili.
Ozeanienrekord, WM-Titel, Olympiasieg
Bei der WM 2005 in Helsinki (Finnland) klappte es dann endlich auch mit der ersten Medaille bei den Aktiven. Platz drei bedeutete der endgültige Durchbruch. Im Januar 2006 schaffte sie das, wovon viele ihrer Disziplinkolleginnen ein Leben lang träumen. Bei den Neuseeländischen Meisterschaften stieß Valerie Vili die vier Kilogramm schwere Kugel erstmals über 20 Meter. 20,20 Meter bedeuteten zugleich neuen Ozeanienrekord.
2007 traf sie jedoch der nächste Schicksalsschlag. Wenige Monate vor der WM in Osaka (Japan) verstarb nach ihrer Mutter auch ihr Vater. Diesem widmete sie im August dann die Goldmedaille, die sie mit 20,54 Meter erkämpfen sollte.
Bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking (China) wurde Valerie Vili ihrer Favoritenrolle gerecht. Mit 20,56 Metern überbot sie ihre Bestleistung aus dem Vorjahr nochmals um zwei Zentimeter und setzte einer großartigen Karriere die Krone auf.
WM-Titel in Berlin geht nur über sie
Auch ihr Land ist stolz auf die Erfolge. Im Februar 2009 wurde sie als bislang einzige Frau zum zweiten Mal in Folge zu "Halberg Sportswoman oft he year" gewählt. "Das hat mich schon überrascht. Vor allem, wenn man bedenkt, dass wir ja bei den Olympischen Spielen viele tolle Erfolge hatten", sagte die 24-Jährige. Den totalen Triumph machte Kirsten Hellier perfekt, die am selben Abend zur "Neuseeländischen Trainerin des Jahres" gewählt wurde.
Ihre Wintersaison, die Valerie Vili traditionell in Ozeanien absolviert, hat sie bereits erfolgreich hinter sich gebracht und der Konkurrenz schon mal gezeigt, dass bei der WM in Berlin (15. bis 23. August) der Titel nur über sie gehen kann. Bei strömendem Regen erzielte sie am 20. Februar in Waitakere (Neuseeland) eine Weite von 20,25 Metern.
Derzeit feilt die 24-Jährige hart an ihrer Form. "Das Training läuft sehr gut. Es ist hart, aber macht Spaß", sagte Valerie Vili. "Ich sehe, dass ich weiter Fortschritte mache. Das macht mich zuversichtlich für die Aufgaben, die später im Jahr kommen." Damit sie sich vom Trainingsalltag ablenken kann, studiert Valerie Vili Architektur. Aktuell bastelt sie an Landschaftsmodellen. "Ich liebe es einfach, im Stress zu sein", sagte die Kugelstoß-Olympiasiegerin. So leicht lässt sich eine 1,96 Meter große Frau nicht aus der Ruhe bringen.