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Vashti Cunningham – Der neue Stern am Hochsprung-Himmel

Vashti Cunningham ist der neue Stern am Hochsprung-Himmel. Und das mit einem perfekten Timing im Olympiajahr, in dem die Leichtathletik in ihrer Heimat USA wieder einen höheren Stellenwert genießen wird.
Christian Fuchs

Die Erfolge und der Hintergrund von Vashti Cunningham bieten den perfekten Stoff für eine große Story. Denn der Vater und Trainer der frisch gekürten Hochsprung-Hallenweltmeisterin ist nämlich kein Geringerer als American Football-Legende Randall Cunningham, der 16 Jahre lang als Quarterback in der NFL spielte.

Doch zunächst einmal bleibt der glänzende Eindruck der vergangenen Tage haften: Mit ihrem Titelgewinn bei der Hallen-WM in Portland (USA) krönte die erst 18-Jährige am Sonntag ihre beeindruckende Hallensaison und stieg zugleich zur jüngsten Hallen-Weltmeisterin der Geschichte auf.

Sie sammelte viele neue Erfahrungen, darunter das rhythmische Klatschen der Zuschauer, das sie bisher nicht so kannte. Auch ihr Vater war beeindruckt: „Das Publikum wusste genau, wann es klatschen musste. Es war wie bei den Seattle Seahawks – der zwölfte Mann.“

U20-Hallen-Weltrekord bei den US-Trials

Der höchste Sprung ihrer doch noch so jungen Karriere war ihr allerdings bereits eine Woche zuvor gelungen. Bei den US-Hallen-Meisterschaften an selber Stelle hatte sie mit 1,99 Metern einen neuen U20-Hallen-Weltrekord aufgestellt. Keine andere Athletin ist in diesem Winter höher gesprungen.

„Ich wusste, dass ich das drauf habe“, sagte sie. Der Wettkampf habe ihr viel Selbstvertrauen gegeben und die Gewissheit, dass sie mit der Konkurrenz mithalten kann.

Diese Gewissheit nahm sie schließlich auch mit in die Hallen-WM. Dort ging es nicht ganz so hoch hinaus. Vashti Cunningham nutzte aber die Gunst der Stunde. Mit 1,96 Metern, die sie im ersten Versuch meisterte, schnappte sie der erfahreneren Konkurrenz um die Spanierin Ruth Beitia die Goldmedaille weg.

Lockerheit als Erfolgsgeheimnis

Ein Erfolgsgeheimnis scheint ihre Lockerheit zu sein. „Ich bin nicht nervös“, hatte sie vor der Hallen-WM gesagt, „ich springe einfach. Wenn ich schlecht bin, bin ich schlecht. Wenn ich gut bin, bin ich gut.“ Und sie war gut, sehr gut sogar.

Hinter dieser gelösten Einstellung könnte auch ihr Vater stecken. Trainiert wird sie nämlich von Randall Cunningham, der sich als Quarterback der Philadelphia Eagles in der National Football League (NFL) einen Namen machte und 1990 sogar als wertvollster Spieler der Liga ausgezeichnet wurde.

Dass auch seine Tochter sportliches Talent mitbringt, bemerkte er bereits, als sie neun Jahre alt war und beim Flag Football - eine Football-Variante ohne Körperkontakt - die Jungs in den Schatten stellte. Damals war sie nicht aufzuhalten, machte einen Touchdown nach dem nächsten.

Gute Gene von den Eltern

Den Weg aber wies er ihr zur Leichtathletik, wo sie sich im Langsprint und Weitsprung ausprobierte, dann aber beim Hochsprung hängenblieb. Und dort verblüffte sie in den vergangenen Wochen selbst ihren Dad, zumindest ein bisschen: „Ich bin von ihrer Entwicklung überrascht. Andererseits wusste ich, dass sie gute Gene hat.“

Ihre Mutter Felicity war eine Balletttänzerin am Dance Theater of Harlem und als solche bringt sie ein Sprungtalent mit, das sie offenbar ihrer Tochter vererbt hat.

Nach den 1,99 Metern bei den US-Hallen-Meisterschaften und dem Titelgewinn bei der Hallen-WM liegt die Messlatte jetzt hoch. Randall Cunningham hat bereits die magischen 2,00 Meter zum Ziel erklärt und zwar noch in diesem Jahr: „Ich denke, sie schafft das.“

Olympia lockt bereits im Sommer

Damit würde sie auch das Tor zu den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro (Brasilien) aufstoßen. Auf dem Weg dorthin kann sie weiter auf ihren Vater bauen. Dass er vom NFL-Quarterback zum Leichtathletik-Coach seiner Tochter und anderer junger Athletinnen wurde, mag auf den ersten Blick verwundern.

Doch Randall Cunningham war früher selbst Hochspringer, bis er sich für die weitaus lukrativere Football-Karriere entschied. Vor allem aber verbringt er viel Zeit damit, sich mit detaillierten Analysen von anderen Hochsprung-Assen die kleinsten Kleinigkeiten abzuschauen. Er ist als Coach Tüftler und Perfektionist gleichermaßen. Das kommt seinen Schützlingen zugute.

Dass seine Tochter zu früh in ihrer Karriere in Top-Form ist, befürchtet er nicht. Ganz im Gegenteil: „Ich glaube nicht, dass die Mädels schon im High School-Alter ihren Leistungshöhepunkt erreichen sollten. Ich möchte sie sogar davor beschützen. Vielmehr kommt es neben den Fähigkeiten sehr auf das Selbstvertrauen und die Geduld an.“

Randall Cunningham glaubt an das ganz Große

Mit diesen drei Zutaten will Randall Cunningham aus seiner Vashti die beste Hochspringerin der Welt machen: „Ihre Grenze ist der Himmel. Eines Tages wird sie die Chance haben, Olympia-Gold zu gewinnen und den Weltrekord zu brechen.“

Die Herausforderung nimmt die Tochter an. Die Profikarriere lockt in der Leichtathletik als Option neben den Colleges, schließlich darf sie auf eine Karriere über viele Jahre hoffen. Gegenüber NBC kündigte sie schon an, dass sie nun Sport-Profi werden will.

Bereits für dieses Jahr hat sie ein klares Ziel: „Ich hoffe, dass ich zum Olympiateam gehören werde und dann werde ich so hart wie möglich arbeiten, um auf dem Podium zu stehen.“

Noch ein ganz normales Teenagerleben

In die Karten könnte Vashti Cunningham dabei spielen, dass sie keine Trainingsweltmeisterin ist, sondern eine, die im Wettkampf ihre Leistung abruft. Dass sie das kann, hat sie jetzt auch bei der Hallen-WM bewiesen.

Zunächst einmal geht aber das normale Leben weiter. Abseits des Sports ist Vashti Cunningham noch ein normaler US-Teenager. An der Bishop Gorman High School in Las Vegas muss sie erst einmal ihren Abschluss machen. Deshalb war sie am Montag auch schon wieder in der Schule.

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