Vebjörn Rodal - ein Norweger wirbt für München
Er ist der einzige der elf EM-Botschafter, der seine aktive Laufbahn bereits beendet hat. 2000 nach den Olympischen Spielen hörte Vebjörn Rodal auf mit dem Leistungssport. "Der Hauptgrund war, dass ich mehr Zeit mit meiner Frau und meinen drei Kindern verbringen wollte", sagt der ehemalige norwegische 800-Meter-Läufer, der seine Karriere mit der Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in Atlanta 1996 krönte.
Vebjörn Rodal hält in Skandinavien gemeinsam mit Eurolympi Münchens EM-Fahnen hoch... (Foto: K+C)
Heute arbeitet Rodal für die norwegische Telefongesellschaft Telenor im Verkaufs- und Marketingbereich für Mobiltelefone. "Außerdem habe ich eine eigene Firma, die Motivationsseminare im Businessbereich veranstaltet", erzählt der 29-jährige aus Trondheim. Und weil ihm dies noch nicht reicht, steht Rodal dem norwegischen Spitzensport als Berater zur Verfügung. "Ich wurde gefragt, ob ich das Amt des Botschafters für die skandinavischen Länder übernehmen würde und werbe für München durch viele Pressekonferenzen und sorge dafür, dass die EM überall bei großen Events präsent ist", so Vebjörn Rodal, dessen Bestzeit über 800 Meter bei 1:42,58 Minuten lag. Diese Zeit lief er in Atlanta, im schnellsten Rennen der Geschichte der Olympischen Spiele.Leichtathletik sehr populär in Skandinavien
Leichtathletik ist neben den Wintersportarten der populärste Sport in Norwegen. An das Olympiastadion in München hat der 1,88 Meter große Ex-Athlet gute Erinnerungen. Hier gewann er beim Europacup 1997 den 800-Meter-Lauf und sicherte den Norwegern die volle Punktzahl.
Heute sieht der Olympiasieger das Laufen als eins von vielen Hobbies. "Ich laufe, ich fahre mit dem Mountainbike durch die Gegend, gehe in den Kraftraum und liebe jagen und fischen in den Wäldern rund um Trondheim". An seine Karriere denkt Vebjörn Rodal gerne zurück. "Natürlich war meine Goldmedaille in Atlanta das Größte, aber ich hatte zehn wunderbare Jahre im internationalen Leichtathletikzirkus".
1994 schaffte der Läufer den internationalen Durchbruch. Neben dem Olympiasieg holte sich der 29-Jährige 1994 EM Silber, 1995 WM-Bronze und holte sich den dritten Rang bei der Hallen-EM 1998. Bei der Freiluft-EM in Budapest im gleichen Jahr konnte der Mann aus Trondheim aus Verletzungsgründen nicht antreten.
Aufgewachsen ist Vebjörn Rodal in Berkak, einem kleinen Dorf, 90 Kilometer nördlich von Trondheim entfernt in der zentralnorwegischen Gebirgslandschaft. Mit 13 lief er 2:11 Minuten über 800 Meter, drei Jahre später blieb er in 1:55 Minuten bereits erstmals deutlich unter der Zwei-Minuten-Grenze. Damals bewunderte er Sebastian Coe und Steve Ovett. "Diese beiden Athleten waren meine absoluten Idole", sagt der EM-Botschafter heute noch. Trainiert wurde Rodal von dem Journalisten Kjell Arve Husby, der ihn in die Weltklasse führte.
Äußerst ungewöhnliche Trainingsmethoden
In der Läuferszene spricht man heute noch von den äußerst ungewöhnlichen Trainings-Methoden, die das Duo ausgetüftelt hatte. Teilweise trainierte er in einer stillgelegten Röhre eines Wasserkraftwerks. Dadurch hatte Rodal auch in den harten norwegischen Wintern gute Bedingungen. Im Gegensatz zu vielen Läuferkollegen, die es regelmäßig zur Saisonvorbereitung in den Süden zog, blieb der Olympiasieger meistens in Norwegen, absolvierte Berg- und Talläufe, fuhr mit dem Schlitten die Hügel herunter und rannte sie entgegengesetzt wieder hoch. Der 800-Meter-Spezialist war außerdem enorm sprintschnell für einen Mittelstreckenläufer: für ihn stehen 46,56 Sekunden über 400 Meter, 22,00 Sekunden über 200 Meter und 11,30 Sekunden über 100 Meter zu Buche.
Nur ein Traum erfüllte sich nicht: er wäre gerne der erste Mensch der Welt gewesen, der die 800 Meter unter 1:40 Minuten laufen wollte. Dies ist bis heute noch keinem Läufer gelungen. Und manchmal scheint es Vebjörn Rodal als habe sich seit Jahrzehnten kaum etwas verändert. "Das ist das Faszinierende an der Leichtathletik. Man läuft auch heute noch um den Sieg und jeder will der Schnellste sein. Das war vor zehn Jahren genauso wie vor 50 Jahren und das wird auch noch in 20 Jahren so sein."
Und natürlich in München bei der EM. Dort wird der Norweger die 800 Meter natürlich besonders beobachten. Und vielleicht insgeheim doch ein wenig bedauern, dass er vor zwei Jahren schon aufgehört hat.
Ursula Kaiser