Verena Sailer - “Das war schon irre”
100-Meter Europameisterin Verena Sailer (MTG Mannheim) bereitet sich derzeit mit der DLV-Nationalmannschaft auf Zypern für die kommende WM-Saison vor. Im Interview mit leichtathletik.de sprach sie unter anderem über die Bambi-Verleihung, Inspiration, die WM-Saison 2011 und Psychologie im Spitzensport.
Verena Sailer, wie hat sich Ihr Leben nach dem Gold-Triumph von Barcelona verändert?Verena Sailer:
Das war schon irre, was sich da abgespielt hat. Jetzt nehmen die vielen Medien-Anfragen etwas ab und ich kann mich wieder auf etwas Neues konzentrieren. Inzwischen kann ich in Ruhe trainieren und mich mit voller Energie auf neue Ziele konzentrieren. Außerdem habe ich mit Marc Kosicke einen Manager, der sich professionell um alle Dinge kümmert.
Welche Ziele haben Sie für die WM-Saison 2011?
Verena Sailer:
Was die Zeiten betrifft, setze ich mir keine Ziele, denn das hat mir noch nie geholfen. Natürlich möchte ich im kommenden Jahr bei den Weltmeisterschaften in Daegu das Finale erreichen, aber das wird sehr hart. National will ich meinen Meistertitel verteidigen und wenn alles klappt, werde ich auch bei den Hallen-Europameisterschaften in Paris im März dabei sein. Meinen ersten Wettkampf 2011 bestreite ich beim Länderkampf Ende Januar in Glasgow.
Bei den kommenden Weltmeisterschaften in Daegu könnte es sein, dass es erstmals von der Leichtathletik keine Live-Übertragung bei den öffentlich-rechtlichen TV-Sendern ARD und ZDF gibt. Was sagen Sie dazu?
Verena Sailer:
Ich kenne den genauen Verhandlungsstand nicht, aber wenn es so kommen sollte, wäre das eine Riesen-Enttäuschung. Nicht nur für mich, sondern für die gesamte Sportart Leichtathletik. Wir hatten sowohl bei den Weltmeisterschaften in Berlin als auch bei den Europameisterschaften in Barcelona Einschaltquoten zwischen sechs und zehn Millionen, haben eine leistungsstarke Mannschaft, die sich im Aufwind befindet mit tollen Typen - eigentlich alles, was ARD und ZDF immer gefordert haben. Dann kann es aus meiner Sicht nicht sein, dass eine Live-Übertragung der WM am Geld scheitert. Ich hoffe, dass hier das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.
Neben dem EM-Titel gab es in diesem Jahr auch den begehrten Bambi für Sie. Was bedeutet Ihnen dieser Preis?
Verena Sailer:
Ich kann diesen Preis schwer einordnen, aber das ist einfach der Hammer, denn manche warten ein Leben lang darauf, bei der Bambi-Preisverleihung dabei zu sein. Ich habe mich schon riesig gefreut, als ich im September die Einladung zur Nominierung bekommen habe, aber ich hätte nie gedacht, dass ich am Ende auf der Bühne stehe. Da war ich meganervös. Es war ein unvergesslicher Moment und der einzige, der mir bei all den Stars so richtig ins Auge gefallen ist, war Karl Lagerfeld. Der Mann ist eine echte Lichtfigur. Ich habe erst eine Stunde vor der Verleihung erfahren, dass ich den Preis bekomme. Das ist für mich immer noch unglaublich.
Derzeit bereiten sie sich zusammen mit der Nationalmannschaft auf Zypern für die WM-Saison 2011 vor. Zum Auftakt gab es einen längeren Vortrag von den beiden Motivations-Coaches David Kadel und Edgar Itt über Mentaltraining. Wie wichtig ist Psychologie im Spitzensport?
Verena Sailer:
Der Vortrag hat zwar zwei Stunden gedauert, aber war inhaltlich spitze. Es ging dabei weniger um Motivation, sondern vor allem um Inspiration. In vielen Punkten habe ich mich wieder erkannt, muss allerdings sagen, dass ich bisher mit keinem Psychologen direkt zusammenarbeite und dies auch in Zukunft nicht vorhabe. Ich habe vor dem Wettkampf meine eigenen Rituale. Mein Trainer Valerij Bauer und seine Frau sind meine besten Psychologen.
Wie gehen Sie mit dem immensen Druck im Spitzensport um?
Verena Sailer:
Ich mache mir keine großen Gedanken. Ich weiß nicht, woran es liegt, aber wenn es darauf ankommt, dann klappt es meistens. Da gibt es kein besonderes Geheimnis. Wenn beispielsweise meine Physiotherapeutin sagt: Du kannst laufen, dann weiß ich, alles ist gut.